Weiter keine Einigung in Transit-Streit zwischen Österreich und Italien

"Wir müssen hier gemeinsam weiterkommen und das geht nur, wenn sich alle Seiten, auch Italien, bewegen", forderte Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) laut Mitteilung weiter.
Gewessler sieht Notmaßnahmen in Transit-Streit EU-rechtlich gedeckt
"Sich an der EU abputzen und selbst nichts beitragen wollen - so kann es nicht weitergehen." Österreich werde jedenfalls bei weiteren Gesprächen mit Italien, Deutschland und der EU-Kommission versuchen, eine gute Lösung zu erarbeiten. Gewessler betonte zudem, dass die Notmaßnahmen EU-rechtlich gedeckt seien.
Salvini fordert in Transit-Streit Ende der Fahrverbote am Brenner
"Schluss mit den inakzeptablen Fahrverboten am Brenner, sonst wird Italien weiterhin ein Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission fordern", fordert Matteo Salvini von der Lega nach einem Treffen mit Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Dienstag in einer Presseerklärung.
Der italienische Verkehrsminister wies darauf hin, dass sich die Luftqualität trotz der Zunahme des Verkehrs stetig verbessert habe. Dies sei unter anderem den höheren Umweltstandards der Lkw zu verdanken. Italien sei zum Dialog bereit, "aber die Voraussetzung ist die Aufhebung der einseitigen Verbote, die gegen die EU-Verträge verstoßen", betonte Salvini nach dem Gespräch, das eine halbe Stunde lang dauerte und vom Minister als "sehr offen" bezeichnet worden war. "Wir warten auf ein endgültiges und klares Wort der EU-Kommission", sagte Salvini. Er warf der Kommission vor, dass diese "bei den Verstößen am Brenner jahrelang nicht interveniert hat", so Salvini abschließend.
Tirols Landeshauptmann will Italiens Verkehrsminister in Transit-Streit an Taten messen
Tirols LH Anton Mattle (ÖVP) zeigte sich gegenüber der APA "wenig überrascht" ob des "nicht erfolgreichen Gesprächs". Gleichzeitig sei er auch "nicht beeindruckt von den Tönen aus Italien." "Ich bin in stetigen Kontakt mit Leonore Gewessler, denn bei der Transitpolitik darf zwischen Tirol und dem Bund kein Blatt Papier passen. Deshalb bin ich der Ministerin, aber auch Bundeskanzler Karl Nehammer, für die Unterstützung und die klaren Worte sehr dankbar", erklärte Mattle. Es würden ganz klare europäische Lösungsansätze "wie die Verlagerung auf die Schiene, eine Korridormaut oder das Slot-System" am Tisch liegen. "Deshalb messe ich den italienischen Verkehrsminister nicht mehr an seinen angriffigen Worten, sondern an seinen politischen Taten", so Mattle.
Italienische Klage gegen EU-Kommission abgewiesen
Indes wurde am Dienstag eine juristische Entscheidung in Sachen Transit bekannt: Eine Klage der italienischen Güterkraftverkehrsverbände vor dem Europäischen Gericht in Luxemburg gegen die EU-Kommission in Bezug auf die Tiroler Lkw-Fahrbeschränkungen scheiterte. Laut einem Bericht der "Tiroler Tageszeitung" (Dienstags-Ausgabe) wurde die Klage wegen "offensichtlicher Unzulässigkeit" abgewiesen. Die Frächter hatten der Kommission "Untätigkeit" vorgeworfen, weil sie die Tiroler Maßnahmen für rechtswidrig halten.
Wie der Tiroler Europarechtsexperte Walter Obwexer erklärte, ging das Gericht aber "erst gar nicht in die Argumentation" ein. Zwei Gründe waren für die Abweisung ausschlaggebend: Erstens hätte die Klage nicht von einem Verband, sondern nur von einem konkreten Frächter eingebracht werden müssen, nachdem nachgewiesen werden müsse, dass ein Rechtsakt erlassen wurde, der den Kläger direkt betrifft. Zweitens könne die Kommission gar nicht "von Einzelnen auf Untätigkeit verklagt werden, weil sie nicht dazu verpflichtet ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten", sagte Obwexer. Und dies nicht einmal dann, wenn ein Land gegen geltendes EU-Recht verstoße. Und Österreich würde nachgewiesenermaßen nicht gegen EU-Recht verstoßen, argumentierte er.
Tirols Verkehrslandesrat mit Entscheidung von Europäischem Gericht in Transit-Streit zufrieden
Naturgemäß zufrieden mit der Entscheidung zeigte sich Tirols Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ). "Diese Entscheidung bestärkt mich in meinem eingeschlagenen Weg. Ich werde mit den konstruktiven Partnern entlang des Brennerkorridors - in Bayern wie auch in Südtirol - weiterhin intensiv an grenzüberschreitenden Lösungen arbeiten, die unsere vom Transitverkehr belastete Bevölkerung schützen", erklärte Zumtobel gegenüber der APA. Von der EU erwarte er sich jedenfalls "eine klare Haltung im Sinne des Green Deals, wenn sie ihr selbst gestecktes Ziel, die verkehrsbedingten Emissionen bis 2050 um 90 Prozent zu reduzieren, ernst nimmt."
Den Frächtern bleibt noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof. Der Innsbrucker EU-Rechtler ging aber davon aus, dass dieser "umsonst sein" würde.
Italien fordert in Transit-Streit Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich
Salvini hatte in den vergangenen Monaten Österreich immer wieder von der EU-Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gefordert. Österreich verhindere mit seinen Anti-Transitmaßnahmen den freien Personen- und Warenverkehr, argumentierte er. Auch Bayern übt stetigen Druck auf Tirol aus, vor allem wegen der zeitweisen Lkw-Blockabfertigungen an der Grenze, die zu regelmäßigen Staus auf deutscher Seite führen. Am Montag hatte Gewessler reagiert und sich äußerst verärgert gezeigt, dass Italien an Lösungen zur Verbesserung der Transitproblematik in Tirol nicht ernsthaft mitarbeite. Salvini bzw. sein Ministerium dementierten dies.
Streit zwischen Österreich und Italien wegen Bau des Brennterbasistunnels
Auch an einer anderen Verkehrs-Front gab es unterdessen am Dienstag harte Töne aus Italien. Salvinis Vize-Verkehrsminister Edoardo Rixi warf Österreich Verzögerungen bei den Arbeiten für den Bau des Brennerbasistunnels vor. "Italien bohrt am Brenner, Österreich nicht. Wir sind genau im Zeitplan für den Bau des Brennerbasistunnels, auf österreichischer Seite sind sie spät dran", sagte Rixi in seiner Rede anlässlich der Vorstellung des ersten Berichts des Verbands Fermerci über den Schienengüterverkehr in Italien.
(APA/Red)