"Weiße Karte" für Startrompeter

Ein Abend mit Herbert Walser-Breuss und Freunden auf der Kulturbühne AmBach.
Götzis. Dass eine “Rote Karte” nichts Gutes bedeutet, ist hinlänglich bekannt. Doch was bedeutet eine “Weiße Karte”? Nun, Hartmut Hofer, der innovative Programmchef der Kulturbühne AmBach, überraschte das Publikum kürzlich mit einer neuen Idee. Er erfand “Carte Blanche – eine neue Konzertreihe AmBach”; d. h. so Hofer, “Vorarlberger Musiker bekommen die Einladung und Gelegenheit, ihre lang gehegten und am Herzen liegenden Ideen mit Freunden zu verwirklichen.” Der erste heimische Musiker, der die Freiheiten der “Weißen Karte” konsumieren konnte, war Herbert Walser-Breuss, der international bekannte, “klassische” Startrompeter.
Er trat auf der Kulturbühne vor ausverkauftem Haus mit seinen Freunden Alfred Vogel, Lucas Dietrich, Benny Omerzell, Thor-Harald Johnsen (Norwegen) und Winnie Brückner aus Berlin auf. Angekündigt war Barockmusik, Kammerjazz und Pop und last not least Easy Listening, jene gehaltvolle Ambient-oder Hintergrundmusik, die fürs Relaxen geschaffen ist Die etwas altmodischen Bühnenrequisiten samt heimeligem Lampenschein, der direkte Kontakt zum Publikum (Maestro Herbert parlierte zwar nicht so gut, wie er spielt) und der Anteil lockerer Improvisation schufen die Atmosphäre eines familiären Treffens mit abendlicher Musik.
Ostinato
Den farbigen Mix aus Barock (z. B.Händel, Monteverdi, Kapsberger) mit der Moderne bis Kenny Wheeler oder Chick Corea etc .interpretierten neben Herbert Walser-Breuss, dem genialen Meister auf der Trompete, aber auch Horn und Tuba, der Norweger Thor-Harald Johnsen (verschiedene barocke Saiteninstrumente, so auch die Theorbe), die Vorarlberger
Lucas Dietrich (Bass) und Alfred Vogel (Schlagzeug), der prominente Tastenkünstler Benny Omerzell am Klavier und Keyboard. Diese Herren gruppierten sich um eine jugendlich-unbekümmerte “Göre” und Jazz-Sängerin aus Berlin, Winnie Brückner, welche mit sehr modulationsfähiger, einschmeichelnder Stimme (auch im instrumentalen Duett) einen zauberhaften Kontrapunkt zum “Hausmusikorchester” bildete: Sie sang auch zusammen mit der Vorarlberger Volksmusik-Expertin Evelyn Fink (als Gast) zwei berührende Volkslieder. Evelyn Fink wird im Herbst die zweite in der “Carte Blanche”- Reihe sein.
Laut Walser sollte der Abend neben dem hohen improvisatorischen Jazz-Anteil aber stets unter dem Prinzip “Ostinato, Wiederholung” stehen (von der ersten Passacaglia als typischer Ostinato-Variation an), was nicht immer spürbar war. Der Bläser zeigte stets seine oft bewunderte Brillanz und Virtuosität, auf ein paar “schräge” Ausritte bezw. überraschende Stil-Nebenstraßen (die “Weiße Karte” wäre ja prädestiniert dafür) warteten die Fans aber vergeblich. Jedenfalls ein sehr geglückter Auftakt der neuen Reihe, die sinnigerweise mit Charlie Chaplins “Smile” endete.