Weill und Beethoven
Diese Werke markierten am Montagabend die Eckpunkte des zweiten Orchesterkonzerts der Wiener Symphoniker bei den Bregenzer Festspielen. Der deutsche Dirigent Ulf Schirmer zeigte zwei künstlerische Gesichter: Einmal ruhig und souverän bei Weill, und dann geradezu nervös bei Beethoven. Im ausverkauften Festspielhaus gab es zuletzt freundlichen Beifall für Orchester und Schirmer, der im Sommer 2005 die Hausoper Maskerade von Carl Nielsen dirigiert.
Wie im ersten Konzert der Symphoniker unter Yakov Kreizberg (26.7.) wurde entsprechend dem von Intendant David Pountney proklamierten Weill-Schwerpunkt im diesjährigen Festspielprogramm ein Hauptwerk des deutsch-amerikanischen Komponisten bewährter Klassik gegenübergestellt. Die zehn Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs von Kurt Weill für den Rundfunk komponierte Kleine Kantate nach Bert Brecht Texten geriet in der Bregenzer Interpretation zur beeindruckenden Mahnung gegen Krieg und Gewalt.
Das Berliner Requiem als Folge von Chorälen, Totenballaden, Marterl-, Gedenk- und Grabinschriften erfordert kleine Besetzung. Ulf Schirmer leitete das symphonische Blasorchester mit dominierendem Saxophon souverän vom Tasteninstrument aus. Rollen deckend und auch in A Capella-Passagen ungemein präsent wirkten die drei Opern geschulten Gesangssolisten aus Deutschland: Tenor Burkhard Fritz (34), Bariton Kai Stiefermann (32) und Bass Markus Marquardt (34). Der Dankchoral entwickele sich wie ein dunkles Gegenstück zum Sonnengesang des Franz von Assisi.
In der einleitenden Coriolan Ouvertüre von Beethoven und dessen großer Symphonie Nr. 5 wirkte das Dirigat von Ulf Schirmer mehr als unruhig. Die Symphoniker schienen sich zeitweise eher auf die Notenpulte als auf die hektische Zeichengebung des Maestros zu konzentrieren. Das Ergebnis war eine verschwommene und trotz aller Paukenschläge dumpf-pastose Schicksalsymphonie.
Positives am Rande: Der vor einigen Tagen von einem jungen Wirrkopf aus dem Festspielhaus entwendete Kontrabass von Christian Roschek war wieder im Einsatz. Das rare Instrument mit dem Löwenkopf wurde nach dem Sakrileg des Diebstahls mit Beethoven-Musik quasi wieder eingeweiht.
Am 9. August spielen die Symphoniker erstmals auf und nicht unter der Seebühne: Das von Wayne Marshall dirigierte Open Air-Konzert im Bühnenbild der West Side Story ist zur Gänze Leonard Bernstein gewidmet. Und das Symphonieorchester Vorarlberg unter Christoph Eberle bestreitet am 15. August eine Matinee im Festspielhaus – auf dem Programm Antonin Dvorak und die Uraufführung des Konzertes für E-Gitarre (Solist Wolfgang Muthspiel) und Orchester von Tristan Schulze (40).