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Was hinter Europas Autokrise steckt – und warum China dabei entscheidend ist

Ein Mitarbeiter arbeitet am Montageband für das Elektroauto ID.3 im Volkswagen-Werk "Gläserne Manufaktur" in Dresden. Der Konzern meldete im dritten Quartal 2025 einen Verlust von über einer Milliarde Euro.
Ein Mitarbeiter arbeitet am Montageband für das Elektroauto ID.3 im Volkswagen-Werk "Gläserne Manufaktur" in Dresden. Der Konzern meldete im dritten Quartal 2025 einen Verlust von über einer Milliarde Euro. ©APA/AFP
Deutsche Autohersteller verlieren in China kontinuierlich Marktanteile. Gleichzeitig deutet sich an, dass China erstmals mehr Fahrzeuge in die EU exportieren könnte als umgekehrt. Wirtschaftsforscher skizzieren, wie Europas Autoindustrie darauf reagieren könnte.

In Österreich sind Fahrzeuge chinesischer Marken wie BYD und MG längst im Straßenbild angekommen. Neue Anbieter wie Omoda und Jaeco, Tochterfirmen des Staatskonzerns Chery, starten gerade erst durch. Auch Nio bereitet seinen Markteintritt vor.

Chinas Aufstieg als Exportnation

Was für Konsumenten eine wachsende Auswahl bedeutet, stellt Europas Autoindustrie vor strukturelle Herausforderungen. China hat sich binnen weniger Jahre vom reinen Binnenmarkt zum weltweit führenden Pkw-Exporteur entwickelt. 2024 wurden rund sieben Millionen Fahrzeuge aus China ausgeführt – mehr als aus Deutschland oder Japan.

In der ostchinesischen Hafenstadt Yantai warten Fahrzeuge chinesischer Hersteller auf die Verschiffung. ©APA/AFP

Der Anteil chinesischer Elektrofahrzeuge an den Neuzulassungen in Europa liegt bereits bei etwa 20  Prozent. Laut Berechnungen des Ökonomen Robin Brooks (Brookings-Institut) könnte 2025 erstmals der Wert chinesischer Autoexporte in die EU den Wert der europäischen Ausfuhren nach China übersteigen. Damit würde sich die Handelsbilanz in einem strategisch zentralen Sektor dauerhaft zu Ungunsten Europas verschieben.

Verluste auf dem chinesischen Markt

Gleichzeitig verlieren deutsche Hersteller in China selbst zunehmend Marktanteile. Der Anteil deutscher Autobauer sank laut der Rhodium Group innerhalb von drei Jahren von 24 auf 17 Prozent. Unternehmen wie Volkswagen, BMW und Mercedes versuchen, mit lokaler Produktion gegenzusteuern – bislang jedoch ohne Erfolg.

Für Volkswagen hatte China lange zentrale Bedeutung: Zwischen 2015 und 2019 erzielte der Konzern dort rund 57 Prozent seines globalen Gewinns. Inzwischen machen Preisdruck, technologische Rückstände und neue chinesische Wettbewerber diese Position zunichte. Auch in Drittstaaten geraten europäische Hersteller zunehmend unter Druck.

Ökonomen fordern neue Förderpolitik

Die Bertelsmann-Stiftung, das Jacques-Delors-Zentrum und das Centre for European Reform schlagen in einem gemeinsamen Papier industriepolitische Maßnahmen vor. Statt zusätzlicher Importzölle plädieren sie für eine EU-weit koordinierte Förderpraxis für E-Autos.

Konkret fordern sie sogenannte „Buy European“-Klauseln: Fördergelder sollen nur dann vergeben werden, wenn das Fahrzeug in Europa emissionsarm produziert und transportiert wurde. Frankreich setzt dieses Prinzip bereits um. Der dortige Umweltbonus gilt nur für Fahrzeuge, deren gesamte Produktionskette klimaverträglich gestaltet ist – viele in China gebaute Modelle fallen damit aus der Förderung.

Einheitliche Regeln für 70 Prozent des EU-Markts

Laut den Autoren sollten auch Deutschland, Italien und Spanien dieses Modell übernehmen. Damit wäre ein großer Teil des EU-Automarktes erfasst. Die nationale Umsetzung bestehender Förderprogramme erfolge bislang uneinheitlich – mit negativen Folgen für die europäische Industrie. Auch kleinere Staaten könnten einem solchen System folgen.

Darüber hinaus schlagen die Ökonomen vor, mit Ländern wie Japan oder Südkorea Vereinbarungen zu treffen, um deren Fahrzeuge ebenfalls als förderfähig einzustufen. Ziel sei es, politische Spannungen zu vermeiden und gleichzeitig gezielt inländische Produktionsstandorte zu stärken.

Alternative zu Strafzöllen

Die vorgeschlagene Maßnahme gilt als industriepolitische Antwort auf die wachsende Dominanz chinesischer Hersteller. Sie soll helfen, die Nachfrage nach europäischen Fahrzeugen zu stabilisieren – ohne das internationale Handelssystem weiter zu belasten. Strafzölle lehnen die Autoren als ungeeignet ab.

(VOL.AT)

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