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Warum die beste Hypo-Lösung an Wien scheitern wird

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Das Fiasko der Hypo Alpe-Adria geht die Wiener und die anderen Bundesländer weit mehr an, als sie nach außen zugeben. Denn damit steht auch der gesamte österreichische Föderalismus und die Kreditwürdigkeit der anderen Bundesländer im Visier. Und insbesondere die Stellung Wiens.

Dr. Andreas Unterberger - VIENNA.AT Kommentator

Das zeigt sich gleich auf acht verschiedenen Ebenen.

    • Zum ersten ist das Wiener Rathaus innerhalb der SPÖ ebenso wie das niederösterreichische Landhaus innerhalb der ÖVP die entscheidende Macht. Es wird daher mit Sicherheit weder in Sachen Hypo noch beim Föderalismus irgendwelche Entscheidungen der Bundesregierung gegen ein Wiener oder niederösterreichisches Veto geben. Wer das nicht durchschaut, der kennt die österreichische Realverfassung nicht.

 

    • Zum zweiten wäre zwar zweifellos eine Insolvenz des Total-Pleitefalls Hypo (und damit fast automatisch Kärntens) die für die österreichischen Steuerzahler in Summe weitaus billigste Lösung. Aber sie wäre für die Wiener Landesverwaltung (und alle anderen Bundesländer-Regierungen) die weitaus teuerste. Denn damit würden Wien und die Länder plötzlich von der Finanzwelt nicht mehr als unsinkbare Schiffe angesehen, denen man ohne Bedenken zu günstigsten Konditionen Kredit geben kann. Die ebenfalls automatische Folge: Während eine Hypo-Pleite für den Bund und die österreichischen Steuerzahler das Beste wäre, müssten die einzelnen Bundesländer danach künftig viel mehr als derzeit für neue Kredite zahlen. Oder sie hätten gar erstmals Schwierigkeiten, überhaupt noch welche bekommen.

 

    • Damit sind wir auf der dritten Ebene: Gerade Wien steht wirtschaftlich sehr schlecht da. Haben sich doch binnen weniger Jahre die Schulden der Stadt verdreifacht (was eine weit schnellere Steigerung als im Bund darstellt). Hat Wien doch jetzt schon die weitaus höchste Arbeitslosigkeit im gesamten Bundesgebiet. Betreibt doch gerade Wien eine besonders gewerbe- und industriefeindliche Politik (mit hohen Gebühren und Abgaben, mit einer schikanösen Genehmigungspolitik). Daher werden Betriebsansiedlungen in der Stadt immer seltener (trotz ihrer großen Attraktivität in Sachen Tourismus und Lebensqualität durch die Bauten der ehemaligen Kaiserstadt, durch die Erfolge der Gründerzeit und durch die vor allem vom Bund finanzierten Kulturinstitutionen). Daher werden die internationalen Geldgeber Wien nach einem Hypo-Konkurs als eines der allerersten Bundesländer kritisch unter die Lupe nehmen.
    • Viertens ist Wien jenes Bundesland, das bisher besonders schlecht das Wort „Sparen” buchstabieren gelernt hat. Unvergesslich ist etwa die Behauptung des Bürgermeisters Häupl, dass es „niemanden etwas angeht”, was Wien mit seinem Geld macht. So als ob es sein persönliches wäre. Der Anlass war damals die für Bundesbeamte schmerzliche Pensionsreform, die in Wien eiskalt ignoriert wurde. Dabei sind die Rathaus-Beamten die weitaus bestbezahlten Österreichs.

 

    • Fünftens würde eine Insolvenz Kärntens die – erstmalige – Erstellung einer Insolvenzordnung für die Bundesländer bedeuten. Denn selbst wenn es keinen Gesetzeskonsens gäbe, wäre Kärnten jedenfalls ein Präzedenz- und Präjudiz-Fall. Darüber hinaus wäre aber auch eine finanzielle Aufsicht des Bundes über die Länderfinanzen absolut sinnvoll. Es haben ja auch die Bundesländer gegenüber den Finanzen der Gemeinden in bestimmten Situationen ein massives Durchgriffsrecht. Es nimmt auch die EU die Mitgliedstaaten immer enger an die finanzielle Kandare. Da wäre eine ähnliche Lösung im Verhältnis Bund-Länder nur logisch.

 

    • Sechstens wäre auch eine totale Neuordnung der Finanzverfassung notwendig, wenn endlich das Verhältnis Bund-Länder komplett geklärt würde. Im Präjudizfall Kärnten müsste der Bund ja zweifellos sofort den Weiterbetrieb der Kärntner Spitäler, des Straßendienstes und vieler anderer Landes-Dienste übernehmen und finanzieren. Das würde er – sofern die Bundesregierung noch halbwegs bei Sinnen ist – aber wohl nur im Gegenzug für eine Neuordnung der Finanzverfassung tun. Diese Finanzverfassung hat ja bisher darin bestanden, dass alle fünf Jahre neun Bundesländer den einsamen und machtpolitisch immer chancenlosen (roten, blauen, schwarzen) Finanzminister über den Tisch gezogen haben. Eine sinnvolle Neuordnung würde vor allem eine gänzliche oder teilweise Übertragung der Steuerverantwortung auf die einzelnen Bundesländer bedeuten, wie sie jetzt erfreulicherweise der bisher widerstrebende Niederösterreicher Pröll gefordert hat. Diese Ländersteuern könnten zwar durchaus weiterhin über die Finanzämter des Bundes eingezogen werden; die Bundesländer würden aber selbständig bestimmte Steuersätze festlegen. Sie müssten dann selber gegenüber ihren ob hoher Steuersätze sensiblen Wählern jede Ausgabe viel intensiver rechtfertigen. Daher ist man gerade in Wien über diesen Vorstoß aus Niederösterreich wenig begeistert.

 

    • Siebentens sollte sich auch das Wiener Rathaus rasch bewusst werden, dass manche derzeit kursierenden Ideen in Hinblick auf die Kärntner Landeshaftungen skurrile Wunschvorstellungen sind. Der Kärntner Landeshauptmann träumt davon, dass die Garantien des Landes Kärnten für die Anleihen der Kärntner Hypo im nachhinein als ungültig erkannt werden. Das ist juristisch unsinnig. Das würde überdies bedeuten, dass Kärnten alle Haftungsprämien zurückzahlen müsste, die es bis heute von der Kärntner Hypo für eben diese Haftungen kassiert hat. Sonst wäre Kärnten ja wie eine Versicherung, die im Schadensfall plötzlich nicht für den Schaden selbst haften möchte, aber dennoch die vorher kassierten Prämien behalten will. Also wäre Kärnten auch dann konkursreif, wenn die Wunschvorstellung seines Landeshauptmanns Erfolg hätte. Sie ist bestenfalls für den Villacher Fasching geeignet.

 

    • Ebenfalls auf Distanz sollte man achtens und letztens zur allerjüngsten Hypo-Variante gehen. Schlaumeier wollen die Hypo-Krise folgendermaßen lösen: Hypo und Kärnten sollen zwar in Insolvenz gehen, aber der Weiterbetrieb des Landes Kärnten wäre sofort durch ein Bundesdarlehen zu sichern. Dieser Vorschlag zeugt von völliger Ahnungslosigkeit. Denn bei einer Insolvenz haben die Gläubiger Anspruch darauf, dass sämtlicher Besitz des Gemeinschuldners verwertet wird, selbst das Eigentum am Landhaus. Natürlich sind auch die finanziellen Ansprüche der Landtagsabgeordneten und Tausender Landesbediensteter nicht besser als andere Ansprüche an die Konkursmasse zu behandeln. Und wenn es ein Darlehen für das insolvente Kärnten gäbe, stünde auch darauf sofort den Gläubigern der Zugriff zu.

 

Mit anderen Worten: Eine Insolvenz ist zwar zweifellos die in der Summe für die Steuerzahler weitaus günstigste Variante. Sie ist aber für Kärnten (und Bayern) unweigerlich sehr schmerzvoll. Das kann kein Tricksen ändern. Und sie hätte auch sehr unerfreuliche Präjudiz-Wirkungen für die anderen Bundesländer. Daher wird sie wohl wegen des Veto Wiens, Niederösterreichs sowie etlicher anderer Bundesländer niemals zustande kommen. Und die Herren Faymann und Spindelegger sind nicht Manns genug, gegen diesen Widerstand die beste Lösung durchzudrücken.

Der Autor war 14 Jahre Chefredakteur von „Presse” bzw. „Wiener Zeitung”. Er schreibt unter www.andreas-unterberger.at sein „nicht ganz unpolitisches Tagebuch”, das heute Österreichs meistgelesener Internet-Blog ist.

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