Zuletzt hätte man glauben können, der Wiener Bürgermeister habe sich verspekuliert: Es war Jänner gewesen, auf Bundesebene schien es auf einen Kanzler Herbert Kickl (FPÖ) hinauszulaufen. Da verkündete er die Vorverlegung der Gemeinderatswahl vom Herbst auf den 27. April 2025. Das Kalkül war klar: In der Bundeshauptstadt, in der es im Unterschied zu Österreich insgesamt keine Mehrheit rechts, sondern links der Mitte gibt, würde es zu einer Bewegung gegen Kickl kommen, von der die SPÖ nur profitieren könne.
Gekommen ist es ganz anders – und Ludwig hat trotzdem gewonnen. Natürlich: An das Ergebnis vom letzten Mal ist er (laut erster Hochrechnung) nicht herangekommen mit der SPÖ, seiner Partei. Verglichen mit den Verlusten, die Regierende auf Bundes- und Landesebene in den vergangenen zwei, drei Jahren sonst so erzielt haben, fällt das Minus jedoch bescheiden aus.
Es ist einzig vergleichbar mit dem, mit dem die burgenländische SPÖ unter Führung von Hans Peter Doskozil im Jänner davongekommen ist, als sie bei „ihrer“ Landtagswahl von knapp 50 auf rund 46 Prozent zurückfiel.
Bis dahin hatte man geglaubt, dass Regierende in Zeiten wie diesen nur groß verlieren können. Doskozil war der erste, der den Gegenbeweis lieferte: Viel zu holen ist zwar nicht für sie, sie können sich aber einigermaßen halten, wenn ihre Arbeit von einem erheblichen Teil der Wählerinnen und Wähler goutiert wird. Doskozil ist jetzt nicht der Einzige, der sich das auf die Fahnen heften kann, Ludwig hat es ihm gleichgetan. Und das ist unheimlich wichtig für ihn: Doskozil ist sein Erzfeind.
Was ist das Erfolgsgeheimnis? Laut ORF-Wahltagsbefragung ist in Wien eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger zufrieden mit der Stadtregierung. Davon hat Ludwig profitiert. Vor allem aber hat er von der Schwäche seiner Mitbewerber profitiert. Genauer: Natürlich hat die FPÖ stark zugelegt. Sie ist nach dem historischen Absturz infolge der Ibiza-Affäre vor fünf Jahren jedoch um gut ein Drittel unter dem Stimmenanteil geblieben, auf den sie 2015 gekommen war.
Das zeigt: Herbert Kickl ist kein Erfolgsgarant für die Partei. Außerdem hat es sich Dominik Nepp, ihr Spitzenkandidat, nicht einmal leisten können, sich als Bürgermeister-Kandidat zu präsentieren. Es hätte ihm niemand abgenommen, es wäre zu lächerlich gewesen. Insofern hatte Ludwig keinen Gegner.
Voll in der Krise ist hingegen die ÖVP, die in Wien nach wie vor türkis ist. Ihr Stimmenanteil hat sich halbiert. Sie ist nicht nur weit hinter die FPÖ, sondern auch weit hinter die Grünen zurückgefallen. Das muss ihr wehtun, lehnt sie deren Politik doch rundherum ab.
Einziger Trost für die Volkspartei: Vielleicht tut sich eine Chance auf für sie, als Juniorpartner der SPÖ in die Stadtregierung zu kommen. Das nämlich macht Ludwig ebenfalls zum Wahlsieger: Er, der eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ablehnt, hat drei Alternativen. So wie’s ausschaut, kann er weiterhin mit Neos oder stattdessen auch Grünen oder eben der Volkspartei regieren. Je nachdem, wer’s am billigsten gibt.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik