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VS Bregenz-Rieden: 74 Prozent der Schüler sprechen im Alltag nicht Deutsch

Wann & Wo hat die Situation an den Vorarlberger Volksschulen beleuchtet.
Wann & Wo hat die Situation an den Vorarlberger Volksschulen beleuchtet. ©APA, VOL.AT/Paulitsch
Das besagt die noch ­gültige Schulstatistik des Landes Vorarlberg für das Schuljahr 2017/18. Aktuellen Zahlen der Statistik Austria zum Schuljahr 2018/19 zufolge, ­nutzen zudem 32 Prozent aller Volksschulkinder im Ländle Deutsch nicht als Umgangssprache.

Von: Harald Küng (WANN & WO)

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In Wiener Volksschulen liegt der Anteil der Kinder, die nicht Deutsch sprechen, laut Statistik Austria, bei 59 Prozent. Das Ländle liegt mit Abstand mit 32 Prozent auf dem zweiten Platz. Wien und Vorarlberg liegen damit über dem bundesweiten Durchschnitt (31 Prozent). Doch welche Auswirkungen ergeben sich dadurch auf das Unterrichtsniveau im Ländle?

„Sprachkenntnisse für ­Lernergebnisse wesentlich“

Die Antwort der Vorarlberger Bildungsdirektion: „Keine.“ Denn das Niveau des Unterrichts werde wesentlich durch die Vorbereitung der Lernumgebung, die Strukturierung des Unterrichts, die Auswahl der Lernaufgaben sowie die Aktivierung der Vorkenntnisse der Schüler und Schülerinnen durch die Lehrperson bestimmt, teilt Elisabeth Mettauer-Stubler von der Stabsstelle für Kommunikation und Schulpartnerschaft der Bildungsdirektion mit. Allerdings, so Mettauer-Stubler weiter: „Für die Lernergebnisse von SchülerInnen spielen Sprachkenntnisse sowie der Bildungshintergrund der Eltern (auch im Sinne der Unterstützungsmöglichkeiten) eine wesentliche Rolle.“ Auch eine durch Schulwahl oder segregierende Wirkungen der Siedlungsstruktur beeinflusste Zusammensetzung von Schülern in einer Klasse, oder das Fehlen von „Leistungsträger­Innen“ könne unter Umständen Auswirkungen auf die Erwartungshaltung von Lernergebnissen durch Lehrpersonen haben.

„Bildungsniveau bei ­Migrantenkindern steigt“

Das Bildungsniveau bei Kindern mit Migrationshintergrund steige zudem „langsam“ an. „Insbesondere, wenn SchülerInnen beim Schuleintritt über wenig oder unzureichende Sprachkenntnisse verfügen, ist unter optimalen Voraussetzungen der Umgebung dennoch mit einer Verzögerung der Entwicklung der schulischen Fertigkeiten von ein bis zwei Jahren auszugehen“, betont Mettauer-Stubler, fügt aber hinzu: „Oftmals sind für diese Kinder die Umgebungen jedoch nicht optimal. Wenn sie in ihrer Freizeit und außerhalb des Unterrichts nicht auf Deutsch angewiesen sind, ist das nachträgliche Erarbeiten von Sprachkenntnissen sehr schwierig.“ Kindern würde sich die Notwendigkeit des Spracherwerbs nicht unmittelbar erschließen, zudem würden ihnen die Anreize dazu fehlen. Im sogenannten „Sprachbad“ des Alltags könnten sie relativ rasch die Umgangs- sowie Bildungssprache lernen. „Allerdings“, so Mettauer-Stubler, „ist in Schulen und Klassen mit hohem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund dieses ,Sprachbad‘ nicht gegeben.“

„Herzenssprache“

Mit 15 Prozent stellen türkische Kinder den größten Anteil an Volksschülern, die im Alltag nicht Deutsch sprechen. „Aber“, so Dr. Eva Grabherr, Geschäftsführerin von „okay.zusammen leben“, „die Deutschkompetenz der Türkeistämmigen als Gruppe gesehen hat sich nachweisbar deutlich verbessert. Das gilt es anzuerkennen, ansonsten tun wir der Gruppe unrecht und auch der Integrationskraft unserer Gesellschaft. Haben wir das anerkannt, können wir uns dem zuwenden, was noch verbessert und beschleunigt werden muss.“ Die Integrationsstelle empfiehlt Familien mit einer anderen Familiensprache, im Alltag auch Deutsch zu verwenden, sofern diese Kompetenz vorhanden ist. Ist das nicht der Fall, gilt es, das Kind in der Familiensprache zu fördern und früh den Kontakt zu Deutsch auf andere Weise herstellen. Die Hauptfamiliensprache aber sollte eine Sprache (oder Dialekt) sein, in der sich die Familienmitglieder wohl fühlen. „In der Fachwelt spricht man oft von der ,Herzenssprache‘, wichtig ist dabei die Vertrautheit in der Anwendung. Noch wichtiger ist zudem die Qualität und Quantität des Austausches: Wird gemeinsam gespielt und gelesen? Findet ein Austausch über das in der Schule Erlebte und Gelernte statt?“ Und schließlich sei die Familiensprache für Familien mit Herkunft aus anderen Ländern auch zentral für die Pflege der Familienbeziehungen: „Es ist ein berechtigtes Anliegen, dass Enkelkinder noch ihre Großeltern verstehen möchten und umgekehrt.“

  • 32 % der Vorarlberger Volksschüler hatten im Schuljahr 2018/19 eine nicht- deutsche Umgangssprache.
  • 15 % der Volksschüler im Ländle sprechen im Alltag türkisch. 5% Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, 12% andere.
  • 41 % betrug der Anteil der Kinder mit nicht- deutscher Erstsprache 2017/18 im Bezirk Dornbirn. Spitzenwert.

Übersicht der Vorarlberger Volksschulen

Anteil Volksschüler/Innen mit nicht deutscher Umgangssprache in Prozent (Schulstatistik 2017/18 - Quelle Land Vorarlberg, April 2019)

Verwaltungsbezirk Bludenz:
Bartholomäberg –
Barth.-Gantschier 34%
Blons 19%
Bludenz-Mitte 66%
Bludenz-Obdorf 37%
Bludenz-St.Peter 62%
Bludenz-Außerbraz 13%
Bludenz-Bings 30%
Bludenz Private VS Sonnengarten 3%
Bludesch 54%
Brand 15%
Bürs 49%
Bürserberg –
Dalaas 17%
Dalaas-Wald 7%
Fontanella-Kirchberg 7%
Gaschurn 9%
Gaschurn-Partenen1 –
Innerbraz 30%
Klösterle 15%
Lech 31%
Lorüns 42%
Ludesch 30%
Ludesch - Montessori Schule 9%
Nenzing 36%
Nenzing-Beschling –
Nenzing-Gurtis 17%
Nenzing-Halden 11%
Nüziders 23%
Raggal 7%
St. Anton i. M. 4%
St. Gallenkirch 9%
St. Gallenk.-Gortipohl 13%
St. Gallenk.-Galgenul 19%
St. Gerold 11%
Schruns 29%
Silbertal –
Sonntag 11%
Thüringen 22%
Thüringerberg –
Tschagguns 13%
Tschagguns-Latschau –
Vandans 16%

Verwaltungsbezirk Bregenz :
Alberschwende 15%
Alberschw.-Dresslen 4%
Alberschw.-Fischbach 4%
Alberschw.-Müselbach –
Andelsbuch 9%
Andelsbuch-Bersbuch 47%
Au 6%
Bezau 32%
Bildstein –
Bizau 8%
Bregenz-Stadt 34%
Bregenz-Augasse 65%
Bregenz-Rieden 74%
Bregenz-Schendlingen 68%
Bregenz-Fluh 20%
Bregenz-Sacré Coeur 9%
Bregenz-Weidach 31%
Bregenz-Marienberg 7%
Bregenz-Mehrerau 18
Buch –
Damüls –
Doren 26%
Egg 4%
Egg-Großdorf 2%
Eichenberg 9%
Fußach 29%
Gaißau 12%
Hard-Markt 42%
Hard-Mittelweiherburg 43%
Hittisau 18%
Höchst-Kirchdorf 35%
Höchst-Unterdorf 28%
Höchst-Schulstube (Privat) 8%
Hörbranz 24%
Hohenweiler 10%
Kennelbach 41%
Krumbach 13%
Langen b. Br. 9%
Langenegg 12%
Lauterach 44%
Lauterach-Unterfeld 34%
Lingenau 9%
Lochau 36%
Mellau 21%
Mittelberg 15%
Mittelberg-Hirschegg 16%
Mittelberg-Riezlern 3%
Möggers 16%
Reuthe 26%
Riefensberg 11%
Schnepfau 14%
Schoppernau –
Schröcken –
Schwarzach 25%
Schwarzenberg 8%
Sibratsgfäll 31%
Sulzberg 19%
Sulzberg-Thal –
Wolfurt-Bütze 29%
Wolfurt-Mähdle 35%

Verwaltungsbezirk Dornbirn:
Dornbirn I-Edlach 40%
Dornbirn I-Markt 56%
Dornbirn I-Rohrbach 27%
Dornbirn II-Leopoldstr. 48%
Dornbirn II-Mittelfeld 21%
Dornbirn II-Schoren 44%
Dornbirn III-Oberdorf 50%
Dornbirn IV-Haselst. 32%
Dornbirn-Gütle 4%
Dornbirn-Heilgereuthe 4%
Dornbirn-Kehlegg –
Dornbirn-Watzenegg 2%
Dornbirn-Winsau 20%
Dornbirn II-Wallenmahd 38%
Hohenems-Markt 45%
Hohenems-Herrenried 52%
Hohenems-Reute 3%
Hohenems-LernArt –
Lustenau-Hasenfeld 48%
Lustenau-Kirchdorf 34%
Lustenau-Rheindorf 61%
Lustenau-Rotkreuz 47

Verwaltungsbezirk Feldkirch:
Altach 25%
VS/NMS Altach (Montessori) –
Düns 13%
Feldkirch-Stadt 73%
Feldkirch-Altenstadt 36%
Feldkirch-Gisingen 27%
Feldkirch-Oberau 41%
Feldkirch-Nofels 20%
Feldkirch-Tisis 36%
Feldkirch-Tosters 45%
Feldkirch-Übungs-VS 22%
Frastanz 43%
Frastanz-Fellengatter 25%
Fraxern –
Göfis-Kirchdorf 14%
Göfis-Agasella 7%
Götzis-Markt 45%
Götzis-Berg 15%
Götzis-Private Familienschule 7%
Götzis-Blattur 34%
Klaus 21%
Koblach 17%
Laterns-Thal –
Mäder 24%
Meiningen 18%
Rankweil-Markt 30%
Rankweil-Brederis 60%
Entdeckerschule Rankweil 10%
Rankweil-Montfort 28%
Röns 36%
Röthis 16%
Satteins 19%
Schlins 25%
Schnifis 21%
Sulz 22%
Übersaxen –
Viktorsberg –
Weiler 19%
Zwischenw.-Batschuns 5%
Zwischenw.-Muntlix 16%
Zwischenw.-Dafins 10%

166 Volksschulen gesamt 12 Volksschulen mit 50 Prozent und mehr Migrantenanteil (Schuljahr 2017/18) Quelle: Amt der Vorarlberger Landes­regierung – Landesstelle für Statistik

Kurz gefragt: LR Barbara Schöbi-Fink

Wie sehen Sie Vorarlberg bei der Sprachförderung aufgestellt? In Vorarlberg sind wir auf einem guten Weg. Wir haben bereits vor einigen Jahren einen klaren Schwerpunkt auf das Thema gelegt und bieten Schulen unter anderem Vorträge, Fortbildungen sowie praxisorientierte Projekten zur Unterstützung an. Beispiele sind hier das Sprache-Lesen-Team, welches Angebote für Lehrpersonen im Bereich sprachsensibler bzw. sprachbewusster Unterricht bereitstellt und die Qualifizierung von Lehrpersonen im Unterricht mit Kindern mit anderer Erstsprache unterstützt. Das Sprach-Symposium vergangenen Herbst ist zudem auf großes Interesse gestoßen. Beim Projekt „5 Bausteine umfassender sprachlicher Bildung“ wurde untersucht, was die Elemente einer umfassenden und gelingenden sprachlichen Bildung sind. Daraus 1 sind Mappen für Schulen entstanden, die Basiswissen und guten Praxisbeispielen beinhalten. Jede Volksschule mit Kinder anderer Erstsprache verfügt zudem über Diagnoseverfahren, Förderpläne, Förderkonzepte etc.

Laut Schulstatistik 2018/19 (Statistik Austria), sprechen im Ländle 15 Prozent der Volksschüler mit türkischem Hintergrund auch zuhause Türkisch. Wie wichtig ist es Ihrer Ansicht nach für Kinder, Deutsch auch daheim zu sprechen? Sprache ist der Schlüssel zur Bildung. Die frühe Sprachentwicklung und -förderung ist für alle Lernbereiche wichtig. Wer grundlegende sprachliche Fähigkeiten nicht ausreichend beherrscht, trägt ein erhöhtes Risiko für allgemeine Lernschwierigkeiten. Kindergärten und Schulen bieten für Kinder mit anderer Erstsprache gute Förderangebote an. Auch ganztägige Schulformen sind ein wichtiger Ansatz. Diese Bemühungen und Angebote müssen aber auch durch die Eltern unterstützt werden. Über Initiativen wie Sprachfördernetzwerken, „Elternschule“ oder „Vorarlberg lässt kein Kind zurück“ können Eltern sensibilisiert werden.

„Machtkampf im Ministerium“: Rundumschlag gegen Bildungspolitik

Susanne Wiesinger, bis vor Kurzem Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte im Bildungsministerium, hat in ihrem neuen Buch „Machtkampf im Ministerium. Wie Parteipolitik unsere Schulen zerstört“ zum Rundumschlag gegen die Bildungspolitik ausgeholt. Zudem berichtet sie von Schulen, an denen Sexualkunde oder Unterricht über den Holocaust aufgrund von sexual- und judenfeindlicher Haltung muslimischer Schüler nicht möglich sei und auch Sprachschwierigkeiten Story ein großes Problem darstellen. Aufgrund der Publikation wurde Wiesinger vom Bildungsministerium freigestellt.

(WANN & WO)

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