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"Vorarlberger brauchen Cannabis – aber ich darf sie nicht aufnehmen"

Strobel/VOL.AT
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Sie will helfen, darf es aber nicht. Sabine Gallinat kämpft für den legalen Cannabis-Anbau in Bayern – und träumt von einer Öffnung ihres Vereins für Vorarlbergerinnen und Vorarlberger. Doch die Gesetzeslage trennt, was ihrer Meinung nach zusammengehört. VOL.AT hat sich mit der Aktivistin unterhalten.

„Ich würde gerne, aber ich darf keine Vorarlbergerinnen und Vorarlberger aufnehmen“, sagt Gallinat – dieser Satz tut ihr weh. Dabei hat sie viele Freunde drüben, auf der anderen Seite des Sees. „Die Grenze ist da, aber eigentlich ist sie das auch wieder nicht. In jeder Branche arbeiten wir mit Österreich zusammen – warum nicht auch beim Thema Cannabis?“

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Eine Aktivistin die selbst noch nie gekifft hat

Gallinat, gelernte Hutmacherin, hat auf der Lindauer Insel jahrelang legale Hanfprodukte verkauft – Taschen, Tees, Salben. Außerdem ist sie Vorsitzende des Cannabis Social Clubs in Lindau. Jetzt ist sie umgezogen, weil sich direkt hinter ihrem Laden ein Kindergarten befand.

Sabine Gallinat und Siegbert Fertig vor dem alten Laden auf der Insel in Lindau. ©Paulitsch/VN

Das neue Grundstück erfüllt alle gesetzlichen Bedingungen – eigentlich. „Die Stadt Lindau ist auf unserer Seite. Aber Bayern nicht.“ Der Freistaat legt sich quer – politisch motiviert, wie Gallinat glaubt. Die Zulassung für ihren Club liegt seit Monaten beim Landesamt in Erlangen. Passiert ist bisher nichts. Andere Vereine in Deutschland bauen längst legal an. In Bayern? Kein einziger. „Das ist reine Schikane“, sagt sie.

"Kifferparadies?" Nicht mit Söder!

Markus Söders häufig zitierter Satz „Bayern soll kein Kifferparadies werden“ stößt bei Sabine Gallinat auf Unverständnis. „Kifferparadies? Was für ein Wort. Unsere Mitglieder sind keine Party-Junkies. Das sind kranke Menschen. Eltern. Alte Leute. Menschen, die funktionieren müssen.“ Ginge es nach dem bayerischen Ministerpräsidenten, wäre das Gesetz längst gekippt worden. Doch aufgeben? Kommt nicht in Frage. „Wenn sie das Gesetz kippen, klage ich“, sagt Gallinat. „Ich hab zu viel Herzblut, zu viel Geld und zu viele Hoffnungen reingesteckt. Und ich weiß, dass ich recht habe.“

Sabine Gallinat vor dem Lindauer Wahrzeichen. ©Strobel/VOL.AT

Sie selbst habe noch nie gekifft. „Aber das ist nicht wichtig. Ich stehe hinter der Sache, weil ich weiß, wie sehr Cannabis helfen kann.“ Ihr Mann starb vor elf Jahren an Krebs. Damals bekam er THC. Für ihn, sagt Gallinat, habe sie angefangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Heute ist daraus eine Bewegung geworden. Und auch wenn sie die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger noch nicht in ihren Verein aufnehmen darf – die Hoffnung bleibt. „Ich baue weiter auf den Steinen, die man mir in den Weg legt“, sagt sie. „Und vielleicht schaffen wir es ja doch noch, dass die Grenze irgendwann keine Rolle mehr spielt.“

(VOL.AT)

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