Die fünf Landtagsparteien (ÖVP, FPÖ, Grüne, SPÖ, NEOS) wollen nach der Wahl alle regieren, der ÖVP werden Verluste vorhergesagt, der FPÖ deutliche Zugewinne. Bei den Kleinparteien gilt die Aufmerksamkeit insbesondere dem Wahlbündnis "Xi-HaK-Gilt", aber auch "Anders" findet Beachtung.
Die Ausgangslage, Ziele und Chancen der Parteien und Listen:
Die Volkspartei geht zum dritten Mal mit Landeshauptmann Markus Wallner (57) als Spitzenkandidat in eine Landtagswahl. Bei seiner Premiere vor zehn Jahren hat die Ländle-ÖVP mit 41,79 Prozent Stimmenanteil das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren, vor fünf Jahren ging es mit 43,53 Prozent Zustimmung wieder etwas bergauf. 2014 schmiedete Wallner mit Johannes Rauch (Grüne) ein Regierungsbündnis, das 2019 Fortsetzung fand. Eine Koalition Schwarz-Grün war für Vorarlberg etwas Neues, von 1974 bis 2009 hatte die ÖVP mit der FPÖ regiert, obwohl sie die meiste Zeit auf Basis von absoluten Mehrheiten auf einen Partner hätte verzichten können. Nicht veröffentlichten Umfragen zufolge wäre in diesem Jahr bereits ein Stimmenanteil von um die 35 Prozent ein Erfolg für die ÖVP. Das würde die Volkspartei nach der Wahl ein weiteres Mal in die komfortable Lage versetzen, sich ihren Regierungspartner aussuchen zu können. Die besten Karten für eine Regierungszusammenarbeit haben dabei die FPÖ und die Grünen.
Grüne: Klimawandel als Trumpf, aber Verkehrsfragen als Streitpunkt
Die Grünen profitierten 2019 vom Thema Klimawandel und der "Fridays for Future"-Bewegung. Am Ende resultierte für die Ökopartei ein neuer Bestwert von 18,89 Prozent. Erklärtes Ziel von Parteichef Daniel Zadra (39) ist die Fortsetzung der schwarz-grünen Regierungszusammenarbeit bei gleichzeitiger Verhinderung von Schwarz-Blau. Auf Basis der 2014 (17,14 Prozent) und 2019 erzielten Wahlergebnisse verfügen die Grünen seit zehn Jahren über zwei Regierungsmitglieder. Für Johannes Rauch rückte 2022 Zadra nach, Katharina Wiesflecker ist seit 2014 Soziallandesrätin. Zwar glauben Umfragen Verluste der Grünen auszumachen, doch setzt die Partei alles daran, einen ähnlichen Erfolg wie vor fünf oder vor zehn Jahren zu erzielen. Streitpunkte in der Koalition betreffen insbesondere Verkehrsfragen.
FPÖ: Hoffnung auf Regierungszusammenarbeit trotz Skandalen
Die Freiheitlichen erreichen bei Vorarlberger Landtagswahlen seit 25 Jahren Stimmenanteile von über 23 Prozent - sofern es nicht gerade einen FPÖ-Skandal auf Bundesebene gibt. Von der "Ibiza-Affäre" gebeutelt, reichte es für die FPÖ vor fünf Jahren lediglich zu 13,93 Prozent Stimmenanteil und Platz drei hinter den Grünen. Von der Regierungsbank hatte man sich schon 2009 nach einem Juden-Sager des damaligen Parteichefs Dieter Egger verabschieden müssen. Dahin drängen die Freiheitlichen mit ihrem Spitzenkandidaten Christof Bitschi (33) aber vehement zurück. Umfragen zufolge könnte die FPÖ im Oktober jenseits der 25 Prozent-Marke zu liegen kommen und damit ein starkes Argument für eine Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP haben. Auch inhaltlich versteht man sich.
SPÖ: Neue Impulse und Hoffnung auf Stimmenzuwachs
Die traditionell schwache SPÖ Vorarlberg muss seit 2014 mit Prozentwerten unterhalb der Zehn-Prozent-Schwelle leben, auch wenn 2019 mit 9,46 Prozent (plus 0,69) eine Verbesserung erreicht wurde. Nach dem Parteiaustritt des ehemaligen Klubobmanns Thomas Hopfner sitzt die Partei aktuell mit lediglich drei Abgeordneten im 36-köpfigen Landesparlament. Neue Impulse und Hoffnung auf Stimmenzuwachs gibt der im Oktober 2023 vollzogene Wechsel an der Parteispitze zu Mario Leiter (59). Obwohl ein prozentuell übergroßer Sprung auch mit Leiter nicht zu erwarten ist, bietet sich die SPÖ der ÖVP dennoch als Regierungspartner an. Ein solches Bündnis scheint - sollte es sich rechnerisch überhaupt ausgehen - nicht zuletzt wegen der diesbezüglich fehlenden Tradition in Vorarlberg allerdings unwahrscheinlich.
NEOS wollen Potenzial ausschöpfen
Für die Vorarlberger NEOS geht es darum, das Potenzial auszuschöpfen, das sie bei Nationalrats- (über 13 Prozent) und Europawahlen (über 15 Prozent) abrufen können. Zwar schafften es die NEOS 2014 auf Anhieb in den Landtag, gefolgt von einer Verbesserung auf 8,51 Prozent (plus 1,62) Stimmenanteil vor fünf Jahren. Dennoch blieb man jeweils hinter den eigenen Erwartungen zurück. Zumindest wurde vor fünf Jahren mit drei Mandaten der Klubstatus geschafft. Die trotz ihres vergleichsweise jungen Alters politisch sehr erfahrene Claudia Gamon (35) peilt eine Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP an. In den Bereich des Möglichen könnte eine solche Regierungszusammenarbeit aber wohl nur bei einem sehr starken Abschneiden der NEOS bei gleichzeitig schwächelnden Grünen und Freiheitlichen rücken.
Chancen für Kleinparteien seit jeher schlecht
Für Kleinparteien bzw. Listen stehen die Chancen auf ein Landtagsmandat seit jeher schlecht. Um im Landtag vertreten zu sein, muss in Vorarlberg entweder ein Grundmandat in einem der vier Bezirke oder ein Stimmenanteil von landesweit mehr als fünf Prozent erzielt werden. Neben ÖVP, SPÖ und FPÖ ist das bisher nur den Grünen (1984) und den NEOS (2014) gelungen. Zumindest eine Chance auf den Landtagseinzug dürfte aber das Wahlbündnis "Xi-HaK-Gilt" haben, haben doch "Xi" und die "Heimat aller Kulturen" (HaK) vor fünf Jahren bei getrenntem Antreten 1,5 Prozent bzw. 1,9 Prozent Stimmenanteil erzielt. Gelingt den Kleinparteien die Mobilisierung ihrer Klientel, scheint der Sprung über die Fünf-Prozent-Marke machbar.
Seit jeher gilt Bernhard Amann (70) als "bunter Vogel" in der Vorarlberger Politik. Seit Jahrzehnten in der Hohenemser Stadtpolitik verankert, tritt er im Oktober zum vierten Mal als Spitzenkandidat bei der Vorarlberger Landtagswahl an - dieses Mal als Listenerster von "Das andere Vorarlberg" (ANDRS). Auch wenn Amann 1999, 2004 und 2009 gescheitert ist, wird ihm auch dieses Mal eine gewisse Aufmerksamkeit sicher sein. Die Liste "WIR-Plattform für Familien und Kinderschutz" rund um Christoph Alton (70) ist in der Stadtvertretung von Feldkirch vertreten, geht aber als krasser Außenseiter in die Landtagswahl. Dasselbe gilt wohl für die KPÖ mit ihrem Spitzenkandidaten Sascha Kulasevic (45).
(APA)