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Vorarlberg: "Nur seine Jacke blieb Qamar noch"

Qamar Abbas und Familie Melzer aus Hard verbindet eine enge Freundschaft. Seit seiner Abschiebung nach Karatschi steht Laura Melzer (links) mit dem 26-Jährigen via Whatsapp in Kontakt.
Qamar Abbas und Familie Melzer aus Hard verbindet eine enge Freundschaft. Seit seiner Abschiebung nach Karatschi steht Laura Melzer (links) mit dem 26-Jährigen via Whatsapp in Kontakt. ©Privat
Am 28. Oktober wurde Qamar Abbas aus Vorarlberg nach Pakistan abgeschoben, sein Schicksal bewegte das Land. Die Harderin Laura Melzer hält über Whatsapp den Kontakt zu ihm aufrecht.
Thema "Asyl in Vorarlberg"
Qamar in Pakistan freigekauft
Qamar in Pakistan festgenommen
Qamar wird abgeschoben

Von Harald Küng (Wann & Wo)

Die Abschiebung des 26-jährigen Lustenauer Lehrlings bewegte das ganze Land. Bis zuletzt wurde durch seinen Anwalt Stefan Harg alles versucht, die geplante Abschiebung zu verhindern. Letztlich aber blieben alle Bemühungen erfolglos: Am 28. Oktober wurde Qamar Abbas vom Flughafen Wien-Schwechat nach Karatschi in Pakistan geflogen, wo er nach der Landung umgehend von der Polizei ins Gefängnis gebracht wurde. Grund: mögliche Fluchtgefahr und damit einhergehend Staatsverrat. 14 Tage lang verbrachte der 26-Jährige in einer 30-Mann-Zelle, unter katastrophalen Zuständen.

Laura Melzer
Laura Melzer ©Privat

„Krankheit, Platzmangel und Gewalt bestimmten den Alltag“, schildert die Harderin Laura Melzer, eine enge Vertraute Qamars, die beinahe täglich mit ihm via Whatsapp in Kontakt steht. Mit in seiner Zelle befanden sich zahlreiche weitere Männer, die ebenfalls aus Europa abgeschoben worden waren. Qamar selbst wurde alles abgenommen, was er bei sich hatte – bzw., was die österreichische Polizei ihm noch ließ: Das Telefon, 50 Euro Bargeld, den Koffer mit seiner Kleidung. „Außer jener, die er am Leib trug. Ich finde es ein rührendes Statement, dass die Jacke seiner Lehrstelle, die ich ihm in die Schubhaft nach Salzburg mitgebracht hatte, das Einzige ist, das ihm aus Vorarlberg noch geblieben ist.“

“Politisch verfolgt”

Mehrfach soll ein Bruder von Qamar versucht haben, ihn freizukaufen, die höchst korrupte Polizei des Landes soll aber immer noch mehr Geld für die Freilassung eingefordert haben. „Schließlich musste das Dreifache der üblichen Auslösesumme bezahlt werden, damit Qamar das Gefängnis verlassen konnte“, berichtet Laura Melzer weiter. Auch Amnesty International wurde verständigt. „Ob die Organisation an seiner Freilassung beteiligt war, weiß ich nicht. Fest steht aber, dass ein Kontakt von Oliver Lerch – Qamars Lehrchef in Lustenau – maßgeblich dazu beigetragen hat. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle auch herzlich bedanken.“ Nach seiner Entlassung kam Qamar erst bei einem Cousin unter, seine alte Heimat muss er erst wieder neu kennenlernen. „Qamar versucht derzeit, die Lage im Land abzuschätzen. Er war ja sechs Jahre lang nicht mehr in Pakistan. Er bemüht sich, alte Beziehungen wieder herzustellen, um sich über Wasser halten zu können. Zudem lebt er in ständiger Angst: Qamar wird politisch verfolgt. Die Gruppe, die hinter ihm her ist, darf von seiner Rückkehr nach Pakistan nichts erfahren.“ Bleibt zu hoffen, dass der 26-Jährige soweit in Sicherheit ist.

Demos für Menschlichkeit

Nach den jüngsten Abschiebungsvorfällen in Vorarlberg gehen immer mehr Menschen auf die Straße
Nach den jüngsten Abschiebungsvorfällen in Vorarlberg gehen immer mehr Menschen auf die Straße ©Sams

Während Qamar in Pakistan um sien Leben bangt, gehen die Menschen im Ländle weiterhin für mehr Menschlichkeit auf die Straße: So demonstrierten auch am vergangenen Wochenende rund 1500 Personen in Rankweil und Hohenems friedlich gegen den Kurs der Bundesregierung in der Asylpolitik. Noch bis Weihnachten will die Initiative „Uns reicht’s. Bewegung für demokratische und menschliche Politik“ weitere Kundgebungen gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik organisieren.

5072 Unterschriften für Familie Poghosyan aus Sulzberg

Gemeinde Sulzberg
Gemeinde Sulzberg ©Gemeinde Sulzberg

5072 Menschen in Österreich haben die Petition für ein humanitäres Bleiberecht für die armenisch-iranische Familie Poghosyan, die seit fünf Jahren in Sulzberg lebt, unterschrieben. Pro-Asyl Sulzberg übergibt morgen die Petition an LH Wallner und fordert ihn auf, auf Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Kickl einzuwirken, sodass die Forderung der Menschen umgesetzt wird. Gleichzeitig wird die Gemeindevertretung Sulzberg einen Beschluss mit Forderungen zum Asylrecht überreichen.

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