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Vorarlberg: Kranke Kinder suchen selten Hilfe

Die Zahl der psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen nimmt in Vorarlberg zu.
Die Zahl der psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen nimmt in Vorarlberg zu. ©APA-FOTO: HARALD SCHNEIDER
Probleme in der Schule haben wohl die meisten Kinder einmal. Immer häufiger stecken dahinter aber ernste, psychische Erkrankungen.

Von Anja Förtsch/WANN & WO

In Vorarlbergs Schulen läuten die Glocken – aber nicht etwa die Pausen-, sondern die Alarmglocken: „Ein ausgewiesenes Viertel der Kinder und Jugendlichen leidet in irgendeiner Form an einer psychischen Beeinträchtigung“, sagt Maria Veraar, Abteilungsleiterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Rankweil, im Gespräch mit WANN & WO.

Sie stützt sich dabei auf eine Studie zur Häufigkeit von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, die „Mental Health in Austrian Teenagers“-Studie. Dabei reicht die Bandbreite von Angststörungen über Depressionen und Essstörungen bis hin zu Alkohol- und Drogenmissbrauch.

Problematisch sei aber nicht nur, wie häufig psychische Probleme unter Kindern und Jugendlichen sind, sondern wie selten sie erkannt und behandelt werden, sagte Veraar. So hätten nicht einmal die Hälfte der Betroffenen Kontakt zu psychologischen oder psychotherapeutischen Fachleuten.

Düstere Prognose

„Es gibt Hinweise, dass die Anzahl der erkrankten Jugendlichen ansteigt und sich das Ersterkrankungsalter nach unten verschiebt“, schildert Veraar. Dabei spielen immer öfter Gründe im persönlichen Umfeld der Kinder, eine Rolle.

Alleinerziehende Eltern – und damit auch ihre Kinder – seien häufiger von Armut betroffen, so Veraar. Andererseits sollten Eltern aber auch nicht um jeden Preis zusammenbleiben: Häufige Streits unter Eltern gelten als Risikofaktor für psychische Störungen. Im Schulumfeld ist Mobbing das größte Problem, erklärt Veraar.

Zahlen

25 Prozent aller Kinder und Jugendlichen haben psychische Erkrankungen.

16 Prozent davon leiden an einer Angst-, Anpassungs- oder Belastungsstörung.

6 Prozent der Kinder und Jugendlichen weisen bereits depressive Störungen auf.

5 Prozent leiden an sogenannten hyperkinetischen Störungen wie ADHS.

3 Prozent haben eine Essstörung, etwa Magersucht, Bulimie oder Binge Eating.

6 Prozent der 11- bis 17-Jährigen trinken regelmäßig Alkohol, 3,5 Prozent nehmen andere Drogen.

3 Tipps für Betroffene und Angehörige

1. Hinschauen und zuhören
Das Wichtigste für Eltern ist ein guter Kontakt zu ihren Kindern, erklärt Maria Veraar von der Kinder- und Jugendpsychiatrie Rankweil, „um Veränderungen wie Rückzug, Traurigkeit, Gewichtsabnahme, soziale Isolation, Leistungsabfall, Veränderungen im Spielverhalten, Regelverstöße und vieles mehr frühzeitig zu erkennen.“

2. Hilfe von Profis holen
Angehörige und Betroffene stehen keineswegs alleine da: Unterstützung bietet etwa die Beratungsstelle des Instituts für Sozialdienste (ifs). Außerdem kann auch bei Kinderärzten, Beratungslehrern und Schulsozialarbeitern Hilfe gesucht werden. Bei Entwicklungsverzögerungen oder Verhaltensauffälligkeiten stehen die aks Kinderdienste bereit.

3. Keine Angst vor Therapie
Je nach Schwere der Störung kann auch eine Therapie notwendig sein. Die Kosten übernimmt in der Regel die Krankenkasse. Auch eine Unterbringung in der Klinik ist kein Grund zur Sorge: Über die Heilstättenschule Rankweil werden die Kinder weiter unterrichtet.

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Erste Anlaufstelle für Schülerinnen und Schüler

Lisa Sturn, ifs Schulsozialarbeit: „Wir betreuen 25 Schulen in Vorarlberg und merken eindeutig, dass sich psychische Probleme häufen. Grund ist unter anderem der steigende Stress und Druck an den Schulen. Gleichzeitig fehlt es oft an Kommunikationsfähigkeit und Strategien, damit umzugehen. Selbstverletzendes Verhalten und Depressionen bis hin zu Suizidgedanken sind dann oft der einzige Ausweg.“ Das ifs veranstaltet morgen von 8.30 Uhr bis 16.30 Uhr eine Fachtagung zum Thema im Reichshofsaal Lustenau. Foto: ifs

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