Vorarlberg forscht auf internationalem Niveau

„Das Symposium hat zum Ziel, die herausragenden Leistungen von Vorarlberger Forscherinnen und Forschern zu würdigen, die Lücke zwischen Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinischer Wissenschaft zu schließen. Es ermöglicht die Diskussion der Ergebnisse und soll das Interesse der Öffentlichkeit wecken. Zudem wird Bewusstsein geschaffen, wie eng wissenschaftliche Tätigkeit mit der hohen Qualität der Patientenversorgung in Verbindung steht“, erklärt OA Doz. Dr. Michael Osti MBA, Präsident der Gesellschaft der Ärzte in Vorarlberg, seine hohe Motivation, die hinter der Veranstaltung steht.
Von Eiweißen über postoperative Schmerzbehandlung zu Embryonen
Was sagt ein spezielles Eiweiß im menschlichen Urin über die Nierenleistung aus? Kann ein spezielles Hydrogel in der Behandlung von chronischen Wunden den typischerweise verwendeten Spezialverbänden in der Wundheilungsleistung nahekommen? Wie beeinflusst die Gefriertechnik von Embryonen die Geburtenzahlen? Wie ausschlaggebend ist die postoperative Schmerzbehandlung nach Implantation einer Knietotalendoprothese für ein klinisches und funktionelles postoperatives Ergebnis? Diese und mehr Fragen stellten sich Vorarlbergs Forscher. Am Symposium präsentierten sie ihre Ergebnisse, die bereits in internationalen Fachzeitschriften publiziert wurden, der Öffentlichkeit. Spannende Themen aus den Bereichen Anästhesie, plastische und rekonstruktive Chirurgie, Dermatologie, Kinder- und Jugendheilkunde, Innere Medizin III – Nephrologie und Dialyse, Orthopädie, VIVIT, IVF Zentrum sowie des Arbeitskreises für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) wurden beleuchtet.
Ausdruck von Wertschätzung
Außerdem wurde im Zuge der Veranstaltung der „Wissenschaftspreis der Ärztekammer 2016“ durch MR Dr. Michael Jonas, Präsident der Vorarlberger Ärztekammer, überreicht: Ausgezeichnet wurde die Forschungsarbeit von Dr. Alexander Vonbank, Oberarzt in der Abteilung Innere Medizin I am LKH Feldkirch, für seine Arbeit „Lipoprotein (a), the Metabolic Syndrome and Vascular Risk in Angiographied Coronary Patients“. Dr. Vonbank nahm die Bedeutung des metabolischen Syndroms (MetS = Konstellation besonderer Risikoparameter wie Übergewicht, erhöhter Blutzuckerwert, etc.) im Zusammenhang mit dem Risiko an einem Herzleiden zu erkranken genau unter die Lupe. Durch diese Auszeichnung sollen renommierte wissenschaftliche Arbeiten und praktische Leistungen der Ärzte aus den Vorarlbergern Krankenhäusern und aus dem niedergelassenen Bereich eine Würdigung erfahren.
Vorarlberger Forschungslandschaft im Fokus
Ins Leben gerufen wurde diese Veranstaltung 2013 von Prim. Univ.-Doz. Dr. Karl Lhotta, Leiter der Nephrologie und Dialyse am LKH Feldkirch. Mittlerweile ist das Symposium zu einem etablierten Bestandteil im Vorarlberger Wissenschafts- und Fortbildungskalender geworden. Einerseits steht medizinische Wissenschaft für einen Abend lang im Mittelpunkt, andererseits wird ein Hauptaugenmerk auch auf den interdisziplinären Austausch gelegt, der das ärztliche Gemeinschaftswesen fördert. Der Rahmen ermöglicht einen produktiven Wissenschaftsdialog und bietet eine Chance, ein tragfähiges Netzwerk zu bilden.
Statements zu den wissenschaftlichen Arbeiten:
Dr. Alexander Vonbank, PhD, MBA, Innere Medizin I, LKH Feldkirch:
„Gerade bei chronischen Erkrankungen mit der teilweise bestehenden Notwendigkeit lebenslang Medikamente einzunehmen, lässt sich feststellen, dass die Adhärenz, also die Therapietreue, nach kurzer Zeit deutlich sinkt. Blutfettsenker, sogenannte Statine, spielen in der Therapie der Herzkranzgefäßerkrankung eine wichtige Rolle. Wir haben dabei zur Statineinnahme einen Fahrplan zur Verbesserung der Adhärenz erarbeitet. Gute Beratung, Aufklärung und unterstützende Tools zur Medikamenteneinnahme spielen dabei eine große Rolle.“
Vonbank A, Agewall S, Kjeldsen KP et al. VIVIT, LKH Feldkirch. Comprehensive efforts to increase adherence to statin therapy. Eur Heart J 2017
Dr. Hannelore Sprenger-Mähr, Innere Medizin III, LKH Feldkirch:
„Die Risikofaktoren für das Auftreten eines akuten dialysepflichtigen Nierenversagens außerhalb der Intensivstation sind sehr unterschiedlich. In einer retrospektiven Analyse aller an unserer Abteilung in den letzten 5 Jahren behandelten Patienten mit einem akuten dialysepflichtigen Nierenversagen zeigte sich, dass das Nierenversagen überwiegend durch eine renale Minderdurchblutung verursacht wurde. Es trat gehäuft ambulant auf und betraf vorwiegend ältere, multimorbide Patienten, die mit Medikamenten zur Entwässerung und zur Blutdrucksenkung behandelt wurden und zusätzlich ein akutes Erkrankungsereignis mit Volumenmangel erlitten hatten. Ein rechtzeitiges vorübergehendes Pausieren dieser Medikamente könnte bei gefährdeten Patienten ein akutes dialysepflichtiges Nierenversagen verhindern.“
Sprenger-Mähr H, Zitt E, Lhotta K. Innere Medizin III, LKH Feldkirch. Acute kidney injury treated with dialysis outside the intensive care unit: a retrospective observational single-center study. PLoS One 2016
Dr. Stefan Winsauer, Plastische Chirurgie, LKH Feldkirch :
„Die Defektdeckung von Hautweichteildefekten und die Wiederherstellung der Form und Funktion ist in der Plastischen Chirurgie von zentraler Bedeutung. Mit unserer Arbeit konnten wir zeigen, dass die Anwendung einer solchen Lappenplastik bezüglich Form, Funktion und Stabilität zu bemerkenswerten Ergebnissen mit geringer Hebedefektmorbidität führt. Sie stellt ein weiteres Armamentarium in der Handchirurgie dar, um eine optimale, den Patienten angepasste, Versorgung gewährleisten zu können.“
Winsauer S, Gardetto A, Kompatscher P. Plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie, LKH Feldkirch. Pedicled hypothenar perforator flap: indications and clinical application. J Plast Reconstr Aesthet Surg, 2016
DDr. Andreas Leiherer, VIVIT, LKH Feldkirch:
„Uromodulin wird in der Niere produziert und ist das häufigste Eiweiß im menschlichen Urin, es findet sich aber auch im Blutkreislauf. Unsere aktuellen Forschungsresultate konnten zum ersten Mal zeigen, dass ein niedriger Uromodulin-Spiegel im Blut nicht nur ein Indikator für die Nierenleistung ist, sondern auch ein zuverlässiger und unabhängiger Biomarker für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse (beispielsweise Herzinfarkt oder Schlaganfall) sowie die Gesamt-Sterblichkeit.“
Leiherer A, Muendlein A, Saely Ch et al. VIVIT, LKH Feldkirch. Serum uromodulin is a predictive biomarker for cardiovascular events and overall mortality in coronary patients. Int J Cardiol 2016
Univ. Prof. Dr. Robert Strohal, Dermatologie, LKH Feldkirch:
„In der Behandlung chronischer Wunden werden typischerweise wundphasen-adaptierte Spezialverbände eingesetzt. Umso mehr war es spannend abzuklären, inwieweit ein spezielles Hydrogel diesen Verbänden in der Wundheilungsleistung nahekommt. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass dieses Hydrogel nicht nur in der Wundheilungsleistung den Verbänden signifikant überlegen war, sondern auch relevante anti-infektiöse Eigenschaften hatte und zudem noch in der Lage war die Wundheilung störende Beläge an den Wunden zu entfernen.“
Hämmerle G, Strohal R. Dermatologie, LKH Bregenz und Feldkirch. Efficacy and cost-effectiveness of octenidine wound gel in the treatment oc chronic venous leg ulcers in comparison to modern wound dressings. Int Wound J 2016
Dr. Barbara Wirleitner, IVF Zentrum Bregenz:
„In unserer Arbeit befassten wir uns mit dem Tiefgefrieren (Kryokonservieren) von Embryonen in der in-vitro Fertilisierung. Unsere Ergebnisse zeigten, dass bei Verwendung einer optimierten, aseptischen Tiefgefrier-Technik mit kryokonservierten Blastozysten ähnlich hohe Geburtenraten erzielt werden, wie mit nicht tiefgefrorenen Blastozysten und dies selbst bei reduzierter Blastozystenqualität, oder verlangsamter Entwicklungsgeschwindigkeit. Durch diese Arbeit werden an unserem Zentrum nun mehr Blastozysten tiefgefroren und damit die Chancen für die Patienten, mit einer Hormon-Stimulation schwanger zu werden, erhöht.“
Wirleitner B, Schuff M, Stecher A et al. IVF Zentrum, Bregenz. Pregnancy and birth outcomes following fresh or vitrified embryo transfer according to blastocyst morphology and expansion stage, and culturing strategy for delayed development. Hum Reprod 2016
Dr. Johannes Cip, Orthopädie, LKH Feldkirch:
„Eine adäquate postoperative Schmerzbehandlung nach Implantation einer Knietotalendoprothese ist entscheidend für ein erfolgreiches frühes klinisches und funktionelles postoperatives Ergebnis. Um die postoperative Schmerzbehandlung noch weiter zu optimieren, wurde in einer fächerübergreifenden Zusammenarbeit der Orthopädischen und Anästhesiologischen Abteilung des Landeskrankenhauses Feldkirch in einer retrospektiven Studie untersucht, ob eine permanente Verabreichung von Lokalanästhetika ins Kniegelenk mit einer Schmerzpumpe einen Vorteil gegenüber dem standardmäßig verwendeten peripheren Ischiadicus-Schmerzkatheter nach einer Knietotalendoprothesenimplantation bringt. Dabei zeigte sich, dass die Schmerzintensität vor allem in der Kniekehle in jener Gruppe mit dem standardmäßig verwendeten peripheren Ischiadicus-Schmerzkatheter signifikant geringer und damit auch der Schmerzmittelverbrauch signifikant weniger war.“
Cip J, Erb-Linzmeier H, Stadlbauer B et al. Orthopädie und Anästhesie, LKH Feldkirch. Continuous intra-articular local anesthetic drug instillation versus discontinuous sciatic nerve block after total knee arthroplasty. J Clin Anaesth 2016
Dr. Thomas Jäger, VIVIT, LKH Feldkirch:
„Myeloproliferative Erkrankungen gehen auch in sehr frühen, asymptomatischen Krankheitsphasen mit Gerinnungsveränderungen einher. Wir untersuchten in der bislang größten Studie Patienten mit Gefäßverengungen, aber ohne andere Krankheitszeichen, auf das Vorliegen von CALR-Mutationen als Zeichen einer stummen myeloproliferativen Erankung.“
Jaeger T, Muendlein A, Hodaie J et al. VIVIT, LKH Feldkirch. Prevalence of calreticulin exon 9 indel mutations in vascular risk patients. Thromb Res 2016
Priv. Doz. Dr. Emanuel Zitt, Innere Medizin III, LKH Feldkirch:
„Das Ansprechen auf eine Impfung mit entsprechender Antikörperbildung ist ein komplexer immunologischer Prozess, der bei chronischen Erkrankungen wie einer dialysepflichtigen Nierenerkrankung durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird und gleichzeitig Ausdruck der immunologischen Gesundheit ist. Wir haben in einer großen Kohorte von 426 inzidenten Dialysepatienten aus Feldkirch und Graz erstmals nachweisen können, dass eine positive Impfantwort auf die reguläre Hepatitis-B-Impfung abhängig von der Antikörperhöhe mit einer verminderten Gesamtsterblichkeit assoziiert ist. Dieses einfache Werkzeug der klinischen Routine erlaubt eine zusätzliche Prognoseeinschätzung unserer Dialysepatienten, unabhängig von bekannten Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Diabetes mellitus oder Entzündungsmarkern.“
Zitt E, Hafner-Giessauf H, Wimmer B et al. Innere Medizin III, LKH Feldkirch. Response to active hepatitis B vaccination and mortality in incident dialysis patients. Vaccine 2016
Univ.-Prof. Dr. Christoph Säly, FESC, Innere Medizin und VIVIT, LKH Feldkirch:
„Unsere Arbeit zeigt erstmalig, dass das Fettgewebshormon Omentin Herz-Kreislaufereignisse voraussagen kann. Anders als man früher glaubte, ist das Fettgewebe kein bloßes Speicherorgan; es ist hormonell hochaktiv. Übermäßige Polster, vor allem von Bauchfett, beeinflussen die Hormonproduktion im Fettgewebe sehr ungünstig. Das ist ein Hauptgrund, warum bauchbetontes Übergewicht ungesund für das Herz ist.“
Saely Ch, Leiherer A, Muendlein A et al. VIVIT, LKH Feldkirch. High plasma omentin predicts cardiovascular events independently from the presence and extent of angiographically determined atherosclerosis. Atherosclerosis 2016
Quelle: Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsges.m.b.H./Marosi-Kuster