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Vor 50 Jahren: Gipfeltreffen von Kennedy und Chruschtschow in Wien

Nikita Chruschtschow, Jacqueline Kennedy, Bundespräsident Adolf Schärf, Nina Chruschtschowa und John F. Kennedy auf Schloss Schönbrunn.
Nikita Chruschtschow, Jacqueline Kennedy, Bundespräsident Adolf Schärf, Nina Chruschtschowa und John F. Kennedy auf Schloss Schönbrunn. ©APA
Im Frühsommer 1961 trafen der sowjetische Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow und US-Präsident John F. Kennedy in Wien aufeinander: Es gab harte Konfrontationen und kaum Ergebnisse.

Im Frühsommer 1961 war Wien für zwei Tage der Nabel der Welt: Am 3. und 4. Juni des Jahres stand nicht nur Österreich und seine Hauptstadt, sondern die gesamte Weltöffentlichkeit im Bann eines Gipfeltreffens zwischen dem sowjetischen Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow und US-Präsident John F. Kennedy.

Die politische Ausgangslage war denkbar ungünstig, der “Kalte Krieg” befand sich auf einem seiner Höhepunkte. Das nach außen hin freundliche Treffen war von beinharten Konfrontationen geprägt und endete ohne Annäherung, vor allem weil Kennedy Chruschtschows Forderung nach Abzug der Westmächte aus West-Berlin kategorisch ablehnte – auch angesichts expliziter Kriegsdrohungen.

Keine Entspannung unter Chruschtschow und Kennedy

Vor dem Treffen war weder ein Konsens über die atomare Abrüstung in Sicht, noch schienen auf der Genfer Laos-Konferenz Fortschritte möglich – genauso wenig wie im Disput über die Führungsstrukturen der Vereinten Nationen, unter deren Ägide die Ost-West-Entspannung unter Chruschtschow und Kennedy zustande kommen sollte. Dazu kam, dass der Konflikt um Kuba die Beziehungen der beiden Supermächte schwer belastete: Kurz vor dem Gipfel hatten im April 1.500 Exilkubaner unter Anleitung und tatkräftiger Unterstützung von CIA und US-Armee versucht, das kommunistische Castro-Regime zu stürzen. Die Invasion in der Schweinebucht scheiterte kläglich und schwächte die amerikanische Position deutlich.

Die Sowjets dagegen strotzten nicht zuletzt wegen ihrer Raumfahrt-Erfolge vor Selbstvertrauen: Ebenfalls kurz vor dem Gipfel hatte Juri Gagarin im April als erster Mensch im Weltraum die Erde umrundet. Vor allem aber drohte der Konflikt um das geteilte Nachkriegsdeutschland zu eskalieren. Durch einen von Moskau angedrohten separaten Friedensvertrag mit der DDR hätten die westlichen Alliierten das Recht auf den Zugang nach Westberlin verloren, der Westen befürchtete eine neuerliche Berlin-Blockade.

Kennedy wollte Stärke demonstrieren

Unter diesen Vorzeichen ging man vor allem auf amerikanischer Seite mit geringen Ansprüchen in das Treffen. Nicht mehr als eine erste “Fühlungnahme” zwischen den beiden Staatschefs sollte der Gipfel in Wien werden, die dem erst seit Jahresbeginn im Amt befindlichen und schon angeschlagenen Kennedy die Gelegenheit zum “Kennenlernen” seines Gegenspielers geben sollte – sowie auch die Chance, wieder Stärke zu demonstrieren. Chruschtschow dagegen wollte die Schwäche seines Gegenübers nützen und die Westmächte aus Berlin vertreiben.

Dementsprechend hart fielen die Gespräche und mager die Ergebnisse des Gipfels aus. Die beiden grundverschiedenen Charaktere prallten aufeinander, Chruschtschow, von der durch eine massive Fluchtwelle ihrer Bürger unter Druck gesetzten Führung in Ostberlin zu einer Stabilisierung der DDR gedrängt, nahm Kennedy mit aggressiver Rhetorik und unverhohlenen Drohungen in die Zange. Der wiederum blieb, obschon beeindruckt bis schockiert, standhaft und machte – seinerseits unter entsprechendem Druck der Partner Deutschland und Frankreich – in der Berlin-Frage keinerlei Zugeständnisse. Worauf die Gespräche mit einem vielzitierten Wortwechsel endeten: während Chruschtschow erklärte “Wir wollen keinen Krieg, wenn Sie ihn uns aber aufnötigen, wird es ihn geben”, antwortete Kennedy: “Wie es scheint, wird es einen kalten Winter geben in diesem Jahr.”

Chruschtschow machte Kennedy “die Hölle heiß”

Gegenüber dritten fielen die gegenseitigen Bewertungen der beiden wenig diplomatisch aus: Während Chruschtschow Kennedy wahlweise als “Hurensohn” und “Weichling” bezeichnet haben soll, meinte Kennedy nach dem Treffen zu einem “New York Times”-Journalisten sinngemäß “er hat mir die Hölle heiß gemacht” (“He just beat the hell out of me”).

Das nur 125 Worte umfassende dürre Abschlusskommunique des Treffens dokumentierte schließlich eine Einigung nur hinsichtlich der “Unterstützung eines neutralen und unabhängigen Laos”, ansonsten beschränkten sich Kennedy und Chruschtschow auf das Bekenntnis, “weiterhin Kontakte zu unterhalten, hinsichtlich aller Fragen, die von Interesse für die beiden Länder, aber auch für die ganze Welt sind.” Wenige Wochen später begann die Führung der DDR mit dem Sanktus Moskaus den Bau der Berliner Mauer.

Österreich und Wien als Profiteure

Letztlich brachte der Gipfel nur einen Profiteur: Österreich und Wien konnten sich als Austragungsstätten internationaler Gipfel und Konferenzen profilieren. Folgerichtig freute sich Außenminister Bruno Kreisky in einem Resümee über das gewonnene internationale Ansehen: “Österreich hat es verstanden, bisher in beiden Hauptstädten der Weltmächte ein höchstes Maß an Vertrauen zu erwerben. Das Gipfeltreffen bedeutet somit ein eine Aufwertung des Begriffs der österreichischen Neutralität.”

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