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Volksschauspielerin Sochor erhält den Nestroy für ihr Lebenswerk

©© APA/Fohringer
Sochor: "Man darf das goldene Wiener Herz nicht idealisieren" - "Die Wiener Seele ist ein Kunstobjekt, das nur auf der Theaterbühne leben kann".Hohe Auszeichnung für die Schauspielerin.

Hilde Sochor ist ein Kind der Stadt. Dass sie rund um die Verleihung des Nestroy, den sie am kommenden Samstag für ihr Lebenswerk erhält, mit einem Programm durch die Bezirke tourt, in dem sie unter dem Titel “Ich bin ein Kind der Stadt” die verschiedenen, oft widersprüchlichen Seiten Wiens und seiner Bewohner beleuchtet, passt also selbst ganz gut zu Leben und Werk. Im Interview mit der APA gestern, Montag, wehrte sich die 83-jährige Volksschauspielerin allerdings strikt gegen die kitschige Idealisierung dieses, ihres Wiens.

“Da spricht man immer von dem goldenen Wiener Herzen und wir wissen ja alle, wie das ausschaut. Man darf es nicht zu schlecht machen, aber man darf es auch nicht zu einem Klischee idealisieren”, meinte Sochor entschieden. Deshalb habe sie sich auch bemüht in ihrem Programm die Großstadt Wien herauszuarbeiten – mit all ihren Schattenseiten. Im Vergleich zu einem ähnlichen Abend, den sie vor acht Jahren im Theater Akzent gestaltete, habe sie “viel Nostalgisches und Biedermeierliches weggelassen”, um stattdessen einen umfassenderen Einblick in die Stadt zu geben.

“Wien hat ja auch sehr hässliche Gegenden”, sagte Sochor und meinte damit nicht nur graue Straßen, Schmutz und Lärm. “‘Wäre Wien ohne Wiener’…das ist natürlich auf die Spitze getrieben, aber ihre schwierigen Seiten haben sie schon.” Und sie sind längst nicht so homogen, wie sie auf der Bühne manchmal scheinen. “Die Wiener Seele ist ein Kunstobjekt, das nur auf der Theaterbühne leben kann”, erklärt mit Sochor eine, die mit diesem Kunstobjekt viel gearbeitet hat. Das Vergnügliche etwa der Operette sei “etwas Schönes, Berechtigtes, Vergangenes”, das vieles ins Positive verzerrt habe. “Die Wäschermädeln und der Wäschermädelball sind ein schönes Bild, aber wie die sich haben plagen müssen den ganzen Tag, das kommt nicht zur Sprache.”

Eine Wiener Tradition, die Sochor allerdings sehr am Herzen liegt, ist die des “Volkstheaters”, also des Theaters für das Volk. Auch wenn die promovierte Theaterwissenschafterin diesen Begriff nicht zu eng gefasst haben will. “Shakespeare ist Volkstheater, er hat für das Volk geschrieben und Brecht, der wahrscheinlich der größte deutsche Dramatiker des 20. Jahrhunderts war, genauso.” Mit seinen Wurzeln in der italienischen Commedia dell’arte sei dieses Theater für das Volk in Wien vor allem durch die Figur des Hanswurst tief verankert. “In Deutschland hat man ihn verbrannt, um das Theater zu reinigen, in Österreich hat man ihn weiterentwickelt – immer wieder, bis zum Papageno, kommt er überall durch.” Für Sochor ist das ein Bewahren des Volkstümlichen im besten Sinne. “Und in einem sehr literarischen Sinne – ich spreche hier nicht von Musikantenstadl.”

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