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Vodafone greift nach Indien

Der Mobilfunkkonzern Vodafone schneidet sich mit einer Milliardenübernahme in Indien eine große Scheibe des am schnellsten wachsenden Mobilfunkmarkts der Welt ab.

Der britische Telekomriese sicherte sich am Sonntag für umgerechnet rund 10 Mrd. Euro die Kontrolle über den viertgrößten Mobilfunkbetreiber des Landes, Hutchison Essar. Für Vodafone ist es die drittgrößte Übernahme der Firmengeschichte. Der vom gebürtigen Inder Arun Sarin geführte Konzern will damit das langsame Wachstum in Europa ausgleichen.

Vodafone gehe jedoch wegen des vergleichsweise hohen Kaufpreises auch ein ziemliches Risiko ein, warnen Branchenexperten. Durch die Übernahme rechnet das Unternehmen mit einem geringeren Gewinn. Im ersten Jahr danach werde der Gewinn pro Aktie um rund sieben Prozent geschmälert. Die Belastung wird bis ins fünfte Jahr nach der Akquisition reichen. Der Konzern will den Deal durch Barbestände und die Aufnahme neuer Schulden stemmen. Die Verbindlichkeiten würden sich Ende März auf rund 23 Mrd. britische Pfund (34,5 Mrd. Euro) belaufen, hieß es.

Börsianer hielten die Expansion dennoch für einen geglückten Schachzug: Vodafone-Aktien legten am Montag in London um 2,5 Prozent zu. Der Konzern will die Transaktion, der noch die Kartellbehörden zustimmen müssen, im zweiten Quartal abschließen.

Vodafone winkt in den kommenden Jahren ein kräftiges Wachstum in Indien: In keinem anderen Land der Welt wächst der Mobilfunkmarkt so schnell – im November hatte der Subkontinent insgesamt bereits über 100 Millionen Mobilfunkkunden, binnen vier Jahren hat sich die Zahl der indischen Handy-Nutzer damit verzehnfacht. Dennoch haben bisher haben nur zwölf Prozent der eine Milliarde Inder ein Handy. In zwei Jahren dürften es schon doppelt so viele sein, in vier Jahren drei Mal so viele. Jeden Monat kommen sieben Millionen neue Kunden dazu.

Dank der Übernahme will Vodafone ab 2012 rund ein Drittel seines Geldes in Schwellenländern verdienen – bisher sind es weniger als ein Fünftel. Der Konzern setzte sich in dem monatelangen Bieterkampf gegen drei weitere Bieter durch: den Minderheitseigner Essar, der bereits ein Drittel an dem Mobilfunker hält, sowie zwei weitere indische Firmen: den Branchenzweiten Reliance Communications und den Mischkonzern Hinduja. Gemessen an dem jetzt von Vodafone gezahlten Kaufpreis für den 67-prozentigen Anteil ist Hutchison Essar inklusive Schulden rund 14,5 Mrd. Euro wert.

Verkäufer des Mehrheitsanteils ist der Hongkonger Mischkonzern Hutchison Whampoa des Milliardärs Li Ka Shing, der damit erneut einen Milliardengewinn einstreicht. Der reichste Mann Asiens ist berühmt für sein gutes Timing: Er verkaufte bereits die Handy-Firma Orange während des Telekom-Booms 1999 an Mannesmann und machte dabei 15 Mrd. Dollar Gewinn. Hutchison ist als Mobilfunkbetreiber unter der Marke „Drei“ auch in mehreren europäischen Ländern, darunter auch Österreich, aktiv. Vom Deal mit Vodafone sind diese Aktivitäten jedoch nicht erfasst worden.

Die restlichen 33 Prozent an Hutchison Essar hält der indische Konzern Essar; Vodafone will auch diesem Unternehmen ein angemessenes Angebot machen. Der Komplettübernahme von Hutchison Essar stehen allerdings noch Gesetzesauflagen entgegen, wonach ein ausländisches Unternehmen nicht mehr als 74 Prozent einer indischen Telekomfirma besitzen darf.

Hutchison Essar hat derzeit 23,3 Millionen Kunden bzw. einen Marktanteil von 16 Prozent in Indien und ist damit die Nummer vier nach Bharti Airtel, Reliance und dem Staatsunternehmen Bharat Sanchar Nigam. Vodafone will schon seit längerem seine Position in Indien ausbauen. Der Konzern hält bereits zehn Prozent am Branchenprimus Bharti Airtel, der jedoch wenig Interesse an einem Verkauf weiterer Anteile zeigte. Vodafone kündigte jetzt einen teilweisen Rückzug von Bharti Airtel an. Der Mischkonzern Bharti erhalte eine Kaufoption für 5,6 Prozent an Bharti Airtel; als Kaufpreis wurden 1,6 Mrd. Dollar (1,2 Mrd. Euro) vereinbart. Eine indirekte Beteiligung von 4,4 Prozent will Vodafone behalten.

Durch das verstärkte Engagement der Briten in Indien werde der Wettbewerb in der Branche sehr aggressiv, erwartete die Branchenanalystin Priya Bhattacharya von der Vereinigung der indischen Industrie- und Handelskammern. Der Markteinstieg eines großen internationalen Unternehmens werde dem Telekommunikationsmarkt durch neue Ideen und Strategien eine neue Dimension verleihen. Bei den Tarifen, der Qualität und den Dienstleistungen würden davon die Kunden profitieren.

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