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Visa-Prozess: Haft für Ex-Vizekonsul

Weitaus rascher als ursprünglich geplant und mit einer strengen Strafe ist der dritte Wiener Visa-Prozess zu Ende gegangen. Ex-Vizekonsul der österreichischen Botschaft in Belgrad wurde zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden.

Der ehemalige Vizekonsul an der österreichischen Botschaft
in Belgrad ist am Mittwochnachmittag im Wiener Straflandesgericht
wegen Amtsmissbrauchs in 920 Fällen und Schlepperei zu dreieinhalb
Jahren unbedingter Haft verurteilt worden.

Der 39-jährige Mann, der derzeit von der Notstandshilfe lebt,
machte während der Urteilsverkündung einen erschütterten Eindruck.
Verteidiger Christian Werner erbat Bedenkzeit, das Urteil ist somit
nicht rechtskräftig.

“Das Verwerflichste ist der 920-fache Amtsmissbrauch”, stellte
Richterin Helene Gnida fest. Im Hinblick auf die Vielzahl der
begangenen Gesetzesbrüche (“Hochgerechnet haben Sie drei Jahre jeden
Tag einen Amtsmissbrauch begangen!”) und einer Strafdrohung von bis
zu zehn Jahren habe es der verhängten Freiheitsstrafe bedurft, um dem
Ex-Vizekonsul das Unrecht seiner Handlungen vor Augen zu führen.

Die “Zustände an der österreichischen Botschaft in Belgrad”
berücksichtigte der Schöffensenat ausdrücklich als Milderungsgrund.
“Dem Außenministerium war bekannt, dass Sie mit der Arbeit
überfordert waren”, bemerkte die Vorsitzende zum ehemaligen
Außenamts-Mitarbeiter. Dennoch habe man nicht reagiert. “Die
Bedingungen waren dann so, dass Sie nicht mehr konnten und sich
irgendwann gesagt haben, ich hau den Hut drauf, ich mach es so und so
und schaff mir meinen eigenen Machtbereich”, sagte Gnida.

Der 39-Jährige war als Leiter der Visa-Stelle im Generalkonsulat
an der österreichischen Botschaft in Belgrad beschäftigt. Über 900
falsche Schengen-Visa soll er nach dem nunmehrigen Urteil im Zeitraum
2003 bis 2006 ausgestellt haben, wobei finanzielle Motive bei ihm
keine Rolle spielten: Dass Geld von Visa-Werbern zu ihm geflossen
wäre, ließ sich nicht nachweisen.

Den Vizekonsul, der sich vom Handelsschulabsolventen zum
hochrangigen Botschaftsmitarbeiter emporgearbeitet hatte, dürfte eher
die Leidenschaft für das “runde Leder” geritten haben. Als der Mann
mit serbischen Wurzeln nach Belgrad versetzt wurde, baten ihn
Funktionäre des Erstliga-Vereins FK Smederevo in den Vorstand. Dort
angelangt, lernte der Außenamts-Mitarbeiter bald den Generalsekretär
des weitaus renommierteren Clubs Partizan Belgrad kennen.

In weiterer Folge gelangten mit Hilfe des Vizekonsuls zahlreiche
Spieler dieser und anderer serbischer Fußballvereine auf
unbürokratischem Weg in den Schengen-Raum, um – wie der 39-Jährige
behauptete – an Trainingslagern oder Turnieren teilzunehmen.

Doch nicht nur Kicker überwanden mit illegalen Visa, für die an
teilweise bisher gar nicht ausgeforschte Mittelsmänner
“Schmiergelder” zu bezahlen waren, die Staatsgrenzen: Deren
Familienangehörige, Manager, entfernte Bekannte kamen eben so in den
Genuss des gesetzwidrigen Visa-Handels wie eine attraktive Partizan
Belgrad-Anhängerin, die in Wien Kunst studieren wollte, oder ein
Sicherheitsbediensteter, dem nach einem Tapetenwechsel war. Weitere
“Profiteure”: Kaffeehausbetreiber, Pensionisten, Boutiquen-Besitzer
und Architekten, die allesamt keinen Bezug zum Fußball hatten.

Ermöglicht wurde dies mit falschen Firmeneinladungen und ebenso
falschen Verpflichtungserklärungen, die mit dem Visa-Antrag
einzureichen waren. Unter anderem produzierte ein Obmann eines
unterklassigen Wiener Fußball-Vereins derartige
“Gefälligkeitseinladungen”. Über diesen, der auch als Spielvermittler
tätig gewesen sein soll, verhängte das Gericht wegen Schlepperei und
Fälschung von Beweismitteln rechtskräftig sieben Monate bedingte
Haft.

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