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Vier Tage Arbeit, voller Lohn - Seltenes Experiment oder die Zukunft?

Was halten Sie von der Idee einer Vier-Tage-Woche?
Was halten Sie von der Idee einer Vier-Tage-Woche? ©Canva
Einen Tag weniger arbeiten und trotzdem gleich viel verdienen: Die britische Studie zur Vier-Tage-Woche sorgt weiter für Aufsehen.
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Vier Tage Arbeiten, drei Tage Wochenende - zum gleichen Lohn wie sonst bei einer Fünf-Tage-Woche: Was für viele Beschäftigte nach Wunschdenken klingen mag, ist in Großbritannien - zunächst für ein halbes Jahr - für einige tausend Arbeitnehmer Realität geworden.

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Vier von fünf Firmen bleiben dabei

Nach Ende des Pilotprojektes zieht der Großteil der beteiligten Firmen ein überaus positives Fazit: Mehr als vier von fünf wollen an dem Konzept festhalten. 56 von 61 Arbeitgeber teilten nach Ende der Testphase mit, die Vier-Tage-Woche beibehalten zu wollen - 18 bestätigten das Konzept sogar bereits als dauerhaft eingeführt. Diese Ergebnisse gehen aus einer Analyse von Forschern aus Boston sowie Cambridge hervor, die das Projekt wissenschaftlich begleitet und Tiefeninterviews mit Beteiligten geführt haben.

Produktivität gesteigert

"Vor Beginn des Projektes haben viele gezweifelt, ob wir eine Steigerung der Produktivität sehen würden, die die Verkürzung der Arbeitszeit ausgleicht - aber genau das haben wir festgestellt", hält der Forscher Brendan Burchell von der Universität Cambridge fest. Durchschnittlich stieg der Umsatz der beteiligten Unternehmen der Analyse zufolge während der Testphase in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres um 1,4 Prozent.

Weniger Krankheitstage

Die Krankheitstage gingen demnach während des Testzeitraums um rund zwei Drittel (65 Prozent) zurück und die Zahl der Angestellten, die in dieser Zeit das Unternehmen verließen, fiel um mehr als die Hälfte (57 Prozent). Rund vier von zehn Beschäftigten gaben an, sich weniger gestresst zu fühlen als vor Beginn des Projektes.

An dem britischen Projekt nahmen sowohl Unternehmen aus dem Finanzsektor, der IT- und Baubranche sowie der Gastronomie oder dem Gesundheitswesen, aber auch ein Fish-und-Chips-Laden teil. Insgesamt beschäftigen die beteiligten Firmen rund 2900 Angestellte. Einige Betriebe führten flächendeckend ein dreitägiges Wochenende ein, während andere den freien Tag der Angestellten über die Woche staffelten oder an Ziele koppelten.

Mehr Zeit für Erholung am Wochenende

Wie aus den Befragungen hervorgeht, nutzten die meisten Beschäftigten den zusätzlichen freien Tag vor allem für die Erledigung alltäglicher Aufgaben wie Einkäufe oder Haushaltsarbeit. Dies ermöglichte vielen wiederum, das eigentliche Wochenende stärker zur Erholung zu nutzen, mehr Zeit mit Familie oder Freunden zu verbringen und sich stärker ihren Hobbys oder einem Engagement zu widmen.

SPÖ will Projekt in Österreich starten

In Österreich schlägt die SPÖ vor, so wie England ein großangelegtes Projekt zur Vier-Tage-Woche zu starten. Die Ergebnisse der Studie hätten weniger Krankenstände, weniger Stress, weniger Kündigungen und gleichzeitig höhere Umsätze der beteiligten Unternehmen und eine höhere Produktivität gezeigt. Ein Vorteil zeige sich auch im Bereich Klimaschutz: Die Arbeitswege beim Pendeln seien um 20 Prozent weniger geworden.

Gute Lösung für Frauen in Teilzeit?

In Vorarlberg bringt auch Ökonomin Marie Hasdenteufel vom gewerkschaftsnahen Momentum-Institut die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich ins Spiel: Mehr als die Hälfte der Vorarlberger Frauen arbeitet laut Zahlen von Statistik Austria in Teilzeit. Hasdenteufel zufolge bleibt bei einer Vier-Tage Woche neben der Arbeit mehr Zeit für Betreuungstätigkeiten. “Abseits von der Teilzeit-Debatte zeigten sich auch weitere Vorteile: Es gab weniger Fehltage beim Personal, weniger Burn-outs, die Produktivität der Unternehmen ist gestiegen", erklärt sie im VN-Gespräch.

Nicht in allen Branchen umsetzbar

Vereinzelt äußerten Beschäftigte in Großbritannien jedoch auch Zweifel an dem Modell: So hatten einige die Sorge, dass sich ihre Belastung an den Arbeitstagen zu stark steigern könne. Problematisch könnte die Vier-Tage-Woche auch in systemrelevanten Branchen wie etwa der Pflege oder dem Gesundheitswesen sein, wo es schlicht nicht möglich ist, die Produktivität zu steigern. Das Risiko könnte sein, dass die Attraktivität dieser Berufe abnimmt, wenn das Konzept dort nicht funktioniert.

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(VOL.AT, dpa)

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