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Viennale erlebte Österreich-Premiere von "Auf der Adamant"

Österreich-Premiere von "Auf der Adamant" fand bei Viennale statt.
Österreich-Premiere von "Auf der Adamant" fand bei Viennale statt. ©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Der Dienstag hatte für die Viennale die Österreich-Premiere des Dokumentarfilms "Auf der Adamant" im Gepäck.
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Auf der "Adamant", einer schwimmenden Pariser Tagesklinik auf der Seine, werden Menschen mit psychischen Problemen betreut. Nicolas Philibert nimmt sein Publikum mit in dieses ungewöhnliche Hausboot und zeigt ihre Menschlichkeit. Sein Dokumentarfilm, ein wohl verdienter Gewinner der heurigen Berlinale, feierte am Dienstag seine Österreichpremiere bei der Viennale und kommt am 21. Dezember ins Kino.

Am rechten Ufer der Seine, am Quai de la Rapée, nur einen kurzen Spaziergang vom Louvre entfernt, treiben die Patienten der Adamant morgens an Bord: François, Alexis, Catherine, Mireille und Frédéric sind nur einige davon. Die Sonne scheint in das geschäftige, gemütliche Klinikschiff für diese Menschen, die mit ihrer psychischen Gesundheit kämpfen. Nicolas Philibert hat sie im Sommer und Herbst 2021 über mehrere Monate hinweg begleitet, und was er dort vorfand, war kein Schiff voller Narren, sondern ein sicherer Hafen für besondere Menschen.

"Sie sind hier alle Stars, ohne es zu merken"

Psychiatrische Behandlung wird angeboten, ist aber bei weitem nicht das Herz dieser Pariser Einrichtung. Das Hausboot ist auch eine Bühne. "Sie sind hier alle Stars, ohne es zu merken", sagt ein Mann, der immer wieder unkontrolliert lachen muss. "Sie sind Filmschauspieler", und das stimmt. "Auf der Adamant" beginnt mit einer Szene, in der François leidenschaftlich ein Cover von "La Bombe Humaine" singt, einem Hit der französischen Band Téléphone. "Die menschliche Bombe, du hältst sie in deiner Hand, der Zünder ist direkt neben dem Herzen" heißt es. Es ist ein Hit aus dem Kalten Krieg, aber es sagt auch etwas über den Mann aus, der es mit Inbrunst singt: Er ist jemand, der ständig den Druck der Außenwelt spürt und kurz vor der Explosion steht. "Ohne Medikamente raste ich aus", sagt er später. "Ich würde denken, ich sei Jesus, umgeben von fliegenden Feen, und am Ende würde ich mich wahrscheinlich in die Seine werfen."

Frédéric, ein entspannter, stilvoller Bohemien, dessen psychische Probleme nicht sofort offensichtlich sind, ist überzeugt davon, dass er die Inspiration für Wim Wenders 1984er Film "Paris, Texas" war ("Dieser Halunke" hat das nicht erwähnt, sagt er liebevoll.) und dass er die Reinkarnation von Vincent van Gogh ist. Besonders beliebt ist der Film-Club, in dem Klassiker von Fellini und Truffaut laufen. Sie schauen sich die Filme aber nicht nur an, sondern führen danach auch spätabendliche Diskussionen. Die Atmosphäre ist so respektvoll und entspannt auf diesem Schiff, dass es fast unmöglich ist, das medizinische Personal von den Patienten zu unterscheiden.

Filmisch gesehen ist der neue Dokumentarfilm von Nicolas Philibert nicht so schillernd und bunt wie seine Persönlichkeiten. Das macht nichts. Getreu seinem Stil arbeitet der 72-jährige Franzose, vielleicht am besten für seinen Dokumentarfilm "Sein und Haben" (2002) bekannt, wieder in seinem sanften Stil der stillen Beobachtung, bei dem Gespräche viel über die Menschen verraten, die mit ihm sprechen, und über die Orte, an denen diese Begegnungen stattfinden. Philibert greift fast nie in die Ereignisse ein. Er ist da, um zuzuhören.

"Niemand ist perfekt"

Sein Foucault'sches "Narrenschiff" ist ein liebevoller Blick auf das Außenseitertum. "Die Reise des Irren ist eine rigorose Trennung, eingeschlossen im Boot, aus dem es kein Entrinnen gibt", schrieb der französische Philosoph. "Der Passagier par excellence." Die Passagiere der Adamant sind alles andere als Narren. Sie sind Träumer, Künstler und auch zum Teil Eltern. Wenn es einen Satz gibt, der hängen bleibt, dann ist es: "Niemand ist perfekt." Jeder ist ein Mensch.

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(APA/Red)

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