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„Viele werden Hürde nicht schaffen!“

Conrad Sohm
Conrad Sohm ©Privat
Die verheerenden Folgen der Corona-Maßnahmen aus Sicht der Vorarlberger Nachtlokal-Besitzer.

von Alyssa Hanßke/Wann & Wo

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Dass die Wirtschaft stark unter den Corona-Maßnahmen leidet, ist kein Geheimnis. WANN & WO sprach mit Besitzern heimischer Nacht-lokale über die verzwickte Situation.

Atmosphäre geht flöten

„Nach Einführung der Registrierkassenpflicht und des Nichtraucher-gesetzes, ist Corona die nächste und sicherlich größte Herausforderung für die gesamte Nachtgastronomie. Eine solche Situation findet sich in keinem Unternehmer-Logbuch. Ein Shutdown in diesem Ausmaß war nicht kalkulierbar. Viele werden diese Hürde nicht mehr schaffen“, sorgt sich das Team des Steine-bach Clubbings. So nachvollziehbar die getroffenen Maßnahmen zum Schutz der Besucher auch wären, so seien die Hilfestellungen für die Gastronomie-Branche bei weitem nicht ausreichend. Trotz der Lockerungen und verbesserten Hygiene-Vorkehrungen stelle auch die Abstandsregelung ein enormes Problem für die Zukunft des Events da: „Für eine solche Veranstaltung absolut nicht umsetzbar. Clubbing-Feeling? Unmöglich.“ Diese Befürchtung teilt auch Reinhard Rauch, Inhaber der Rauch Gastronomie: Diese gewisse Atmosphäre sei wichtiger Bestandteil, wenn nicht sogar der Grund für den Besuch des Etablissements. „Nun sind aber so viele Fragen offen: Wie soll es nach der Öffnung weitergehen? Tanzen nur mit Masken? Keine Barflirts? Müssen bauliche Veränderungen getroffen werden? Wie wird es bezüglich der Öffnungszeiten und der zugelassenen Besucherzahl aussehen?“ Eine „Szene“, die mitunter jahrelang aufgebaut werden musste, müsse nun ganz neue Wege gehen. Die vorherrschende permanente Unsicherheit, nage an den Nerven der Betreiber: „Ein großes drückendes Fragezeichen hängt über den Clubs. Bleibt nur zu hoffen, dass dieses nicht zu schwer wird und diese erdrückt.“ Dieses Schicksal teilt auch Thomas Krobath, Betreiber der „Vabrik“ in Röthis. Seit dem 10. März fallen die Umsätze zur Gänze aus. Dennoch gilt es, diverse Rechnungen zu bezahlen, etwa Versicherungen, Wartungs- und Internetverträge. Der Geschäftsführer musste zu drastischen Mitteln greifen: Alle Angestellten, inklusive ihm selbst, wurden bis auf Weiteres gekündigt. „Es ist absolut logisch, dass Veranstaltungsorte, an denen sich Besucher sehr nahe kommen, als letztes geöffnet werden. Was mich aber ärgert, ist, dass unsere Branche beim ersten Fahrplan komplett ignoriert wurde. Ich fordere nicht, im Juli wieder öffnen zu können, aber wichtig wäre zumindest irgendeine Perspektive!“, macht er seiner Wut gegenüber WANN & WO Luft. Doch Not macht ja bekanntlich erfinderisch. Mit „Vautokino“ möchte Krobath das allererste befahrbare Autokino nach Vorarlberg holen. Anfang April begann er mit der Ausarbeitung des Konzepts: „Wenn wir von den Behörden grünes Licht bekommen sollten, können wir voraussichtlich im Juni loslegen. Die Lösung für den Ausfall des Clubs ist das Autokino nicht. Wenn jedoch ein paar Kosten gedeckt werden können, dann ist das ja schon mal was.“

The Show Must Go On!

Die Veranstalter sind sich einig: Schlussendlich bleibt ihnen nichts anderes übrig als abzuwarten. So auch Martin Simma, Geschäftsführer des Rankweiler El Capitáns: „Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass auf diese strengen Reglementierungen eine Rückkehr der Freiheit folgen wird. Natürlich jedoch mit einem höheren Maß an Selbstverantwortung. Ich glaube aber durchaus, dass die Vorarlberger gewillt sind, sich mit Verantwortungsbewusstsein für die zurückkehrenden Freiheiten zu revanchieren.“ Auch von Seiten der Veranstalter wird es seiner Meinung nach zu strengeren Vorsichtsmaßnahmen kommen: Etwa zu Temperaturmessungen oder der Dokumentation aller Besuche, um, im Falle einer Infektion, alle möglichen Betroffenen ausfindig machen zu können. „Ich glaube aber vor allem auch daran, dass die Corona-Zeit ein Umdenken und Bewusstsein in den Menschen zur Folge hat. Eigenverantwortung ist der Schlüssel zur Freiheit.“ Auch Hannes Hagen, Clubchef des Conrad Sohms in Dornbirn, versucht sich eine positive Haltung zu bewahren: Alle Mitarbeiter, bei denen die Kurzarbeit anwendbar ist, mussten nicht entlassen werden. Die übrigen nur mit einer fixen Anstellungszusage, sobald es wieder weiter geht. „Wir vermissen, wie auch unsere Gäste, die vielen Konzert- und Clubnächte sehr. 50 Kulturveranstaltungen sind derzeit im Planungs- beziehungsweise Verschiebungsstatus. Die Künstler brennen darauf, wieder aufzutreten. Es ist aber definitiv eine Zeit, in der das gesamte Team noch mehr zusammenhält.“  Eine etwas andere Situation bietet sich derzeit ‚Mr. John‘s-Besitzer  Ilker „Ike“ Sönmez. Die Szene-Gastronomie gehört jenen Lokalitäten an, die ihre Türen wieder öffnen dürfen. So stehen Sönmez und sein Team ab der kommenden Woche jeden Freitag und Samstag bis 23 Uhr den Gästen zur Verfügung: „So beschissen die Situation auch ist, versuchen wir das Beste daraus zu machen. Es ist immerhin ein guter Anfang. Wenn wir den Betrieb aufmachen dürfen, tun wir das auch. Das schulden wir sowohl den Mitarbeitern als auch unseren Gästen.“ Bei der Öffnung gelte es zwar einige Vorgaben einzuhalten, dabei handele es sich jedoch um kleinere Dinge, die locker umzusetzen seien. Den Besuchern Sicherheit zu bieten, hat für „Mr. John“ höchste Priorität: „Bis dann wieder wirklich Normalität herrscht, wird es aber meiner Meinung nach noch eine ganze Weile dauern.“

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