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Viele Fahrzeughändler stehen vor massiver existenzieller Bedrohung

Auch das Autohaus Rudi Lins ist von den Maßnahmen direkt betroffen.
Auch das Autohaus Rudi Lins ist von den Maßnahmen direkt betroffen. ©Autohaus Rudi Lins
Fachgruppenobmann Rudi Lins schlägt Alarm: Zusammentreffen von Branchen-Faktoren mit Corona-Maßnahmen dürfte bei Vorarlberger Autohändlern überdurchschnittlich oft den wirtschaftlichen Ruin bedeuten.

Nüziders (Wirtschaftspresseagentur.com) - Nicht nur in Österreich ist der Pkw-Fahrzeughandel in den vergangenen Jahren aufgrund diverser, zumeist branchenspezifischer Faktoren zunehmend unter Druck gekommen. Jetzt meldet sich angesichts der dazukommenden einschneidenden Corona-Maßnahmen der Vorarlberger Fachgruppenobmann Rudi Lins vom gleichnamigen Autohaus im wpa-Gespräch mit einer deutlichen Ansage zu Wort: "In unserer Branche kommen gleich mehrere Dinge zusammen, die für viele Unternehmen eine massive Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz und für einige fast mit Sicherheit auch den Ruin bedeuten werden."

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Umsatzrentabilität von einem Prozent

Lins spricht damit Faktoren an, die schon seit längerer Zeit über die Branche hinaus bekannt sind: Da sind einerseits die hohe Investitionen für die Vorbereitung der Fachbetriebe auf die zunehmende Nachfrage nach Elektroautos. Dazu kommen immer höhere und teurere Hersteller-Standards hinsichtlich Schauräumen, Außenauftritt, teuren Spezialwerkzeugen und Mitarbeiterschulungen. Zudem gebe es andererseits eine "extrem niedrige Umsatzrentabilität", so Lins: "Sie liegt bei Händlern in Österreich im Durchschnitt bei einem Prozent." Abgesehen davon, dass bestellte und gelieferte Neuwagen derzeit nicht an Kunden übergeben werden dürfen, würden auch Gebrauchtwagen Monat für Monat an Wert verlieren. "Man muss leider von einem überproportionalen Preisrutsch ausgehen."

Monatelange Folgewirkungen beim Investitionsverhalten

Pkw-Händler würden grundsätzlich mit teuren Gütern handeln, die man in der Regel nicht einfach so auf die Schnelle kauft. "Aufgrund der zu erwartenden Auswirkungen der Maßnahmen auf die Gesamtwirtschaft und den Arbeitsmarkt werden viele Konsumenten verunsichert sein, wenn sie sogar nicht schon von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit betroffen sind", so Lins. In so einer Situation würden verständlicherweise viele Interessenten eine Anschaffung von Fahrzeugen bis auf Weiteres wenn möglich verschieben, egal ob im Neu- oder Gebrauchtwagensegment. "Nur weil zu einem bestimmten Tag in der Zukunft die Pkw-Händler wieder öffnen dürfen, heißt das noch lange nicht, dass die Menschen ihr erster Gang zum Autohändler führt. Man muss hier mit monatelangen Nachwirkungen rechnen."

Fahrzeughandel und Übergaben auch kontaktlos möglich

Aus diesem Grund wünscht sich Lins im Namen seiner Branchenkollegen, dass es den Fahrzeughändlern so rasch wie möglich rechtlich erlaubt sein muss, auch im Handelsbereich wieder tätig zu werden. Jede Woche der Verzögerung bringe noch mehr Verunsicherung bei den Kunden und noch mehr wirtschaftliche Schieflage bei den Unternehmen, so Lins.

Das Argument dafür: "Wir haben auch die Werkstätten niemals schließen müssen und können dort völlig kontaktlos Dinge mit den Kunden besprechen und die Reparaturen durchführen." Es sei deshalb auch ohne größere Probleme möglich, eine Fahrzeugübergabe (Neu- oder Gebrauchtwagen) unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen kontaktlos zu gestalten. Derzeit würden tausende bestellte und gelieferte Fahrzeuge bei Österreichs Händlern auf den Parkplätzen stehen, weil es das Auslieferungs- und Kontaktverbot gibt.

Auch für eine Probefahrt würde man keinen direkten Kontakt zwischen Händler und Kunden benötigen. Und schließlich seien auch die Schauräume der meisten Händler mehrere hundert Quadratmeter groß, sodass man problemlos die Abstands- und Hygienevorschriften von Besuchern und Mitarbeitern umsetzen könne. Gleiches gelte auf den Außenparkplätzen. 

Mehr Vertrauen in die Menschen

Wie schon andere Unternehmer betont auch Rudi Lins die Notwendigkeit, dass die Politik den Unternehmen und der Bevölkerung mehr Vertrauen schenken und mehr Eigenverantwortung zugestehen müsse. "Man kann nicht alles im kleinsten Detail von oben herab regeln."

In Vorarlberg gibt es derzeit rund 300 Fahrzeughändler, davon sind 160 Markenhändler. Sie beschäftigen insgesamt etwa 2.000 Mitarbeiter und bilden 200 Lehrlinge aus. Im Geschäftsjahr 2019 wurden von den Vorarlberger Händlern in etwa 15.000 Fahrzeuge verkauft. In Österreich erzielen die Kfz-Händler mit rund 48.000 Mitarbeitern einen Umsatz von etwa 30 Milliarden Euro. 

(Wirtschaftspresseagentur)

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