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Veruntreuungsprozess in St. Pölten: Zwei Schuldsprüche und ein Freispruch

Ein ehemaliger Notar wurde in St. Pölten verurteilt
Ein ehemaliger Notar wurde in St. Pölten verurteilt ©APA (Sujet)
Wegen den Vorwürfen des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung ist ein emeritierter Wiener Notar (55) am Montag von einem Schöffensenat in St. Pölten zu drei Jahren Freiheitsstrafe, davon zwei Jahre bedingt, verurteilt worden.
Prozess in St. Pölten
Beginn des Verfahrens

Zehn Monate bedingte Haft wegen Beteiligung am Amtsmissbrauch fasste ein Mitangeklagter aus, der zweite wurde freigesprochen. Die drei Angeklagten nahmen ihre Urteile an. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Die Urteile sind daher nicht rechtskräftig.

Amtsmissbrauch bei Protokoll-Verfassung

Der ehemalige Notar hatte sich zum zweiten Punkt schuldig bekannt und angegeben, von 2003 bis 2007 in 14 Verlassenschaftsverfahren Gelder für eigene Zwecke veruntreut zu haben. Der Amtsmissbrauch bestand in der wahrheitswidrigen Verfassung von Protokollen.

“Mildernde” Umstände für Notar

Als mildernd führte Richter Slawomir Wiaderek in seiner Begründung die reumütigen Geständnisse des Notars und seines ehemaligen Notariatskandidaten (38) an. Letzterer hatte sich heute doch teilweise schuldig bekannt, in einem Verlassenschaftsverfahren einer 2005 verstorbenen 97-jährigen Pensionistin einen Teil der Protokolle wahrheitswidrig verfasst zu haben.

Zu Verfahrensbeginn am vergangenen Montag hatten die Beschuldigten noch die Beteiligung am Amtsmissbrauch von sich gewiesen. Das Strafausmaß bezeichnete der Richter als “angemessen” und als “generalpräventiv” zu sehen. Hinsichtlich des Freispruchs merkte er an, dass dieser “im Zweifel” für den Angeklagten erfolgte.

Motiv, Job behalten zu wollen

Als Motiv hatte der ehemalige Notariatskandidat angeführt, seinen Job behalten haben zu wollen und daher auf Anweisung des Notars unrichtige Angaben in den Protokollen verfasst zu haben. Inwieweit der zweite Mitangeklagte, der damalige Verlassenschaftskurator, davon gewusst hatte, blieb größtenteils unklar.

Der Notar hatte sich Prozessbeginn vor einer Woche hinsichtlich der Veruntreuung von Geldern für eigene Zwecke in 14 Verlassenschaftsverfahren von 2003 bis 2007 schuldig bekannt. Dies wertete Staatsanwältin Michaela Obenaus auch in ihrem Schlussvortrag als mildernd, kritisierte aber zugleich, dass der Notar schon früher hätte kooperieren können. Sie forderte daher in allen Anklagepunkten Schuldsprüche und eine “strenge Strafe”.

315.000 Euro Gesamtschaden

Laut Anklage belief sich der durch die veruntreuten Gelder entstandene Gesamtschaden auf rund 315.000 Euro, wovon mittlerweile durch Wiedergutmachung nur noch etwa 141.000 übrig sind. Auslöser der Causa war, dass im ersten Halbjahr 2007 bei der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland mehrere Beschwerden wegen Ungereimtheiten im betreffenden Notariat eingegangen waren.

Daraufhin wurde der Notar unmittelbar zu einer Stellungnahme aufgefordert und vorgeladen. Nachdem die Beantwortungen laut Kammer schleppend waren, führte diese im Oktober 2007 eine außerordentliche Revision durch, die zu ersten Beanstandungen führte.

Notar wurde suspendiert

In der Folge wurde ein Buchsachverständiger beauftragt. Nach dessen erstem Zwischenbericht im April 2008 übergab die Notariatskammer den Fall an das OLG Wien (Oberlandesgericht) als Disziplinargericht. Der Notar wurde suspendiert, zeitgleich wurde eine Sachverhaltsdarstellung mit allen Unterlagen an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.

(apa/red)

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