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Verkehrs-Wildwest beim Güterbahnhof: Hunderte Verstöße täglich – und keine Polizei in Sicht

Die Lkw-Staus beim Güterbahnhof sind ein Dauerbrenner.
Die Lkw-Staus beim Güterbahnhof sind ein Dauerbrenner. ©Philipp Steurer, Roland Paulitsch, Canva
Immer wieder kommt es zu chaotischen Verkehrssituationen: Lkw blockieren Straßen und Kreuzungen und sorgen für Unsicherheit bei Autofahrern. Während Polizei und Land auf Maßnahmen verweisen, bleibt die Lage für viele Pendler angespannt und sorgt beinahe täglich für Ärger.

Rund um den Wolfurter Güterbahnhof herrscht bekanntermaßen regelmäßig Verkehrschaos: Lkw blockieren besonders dienstags und mittwochs die Strecke zurück bis zum Kreisverkehr Dornbirn Nord. Auch bei grüner Ampel an den Kreuzungen kommt man nicht voran – außer man überfährt Sperrlinien. Und genau das tun Autofahrer regelmäßig: Sie überfahren Linien, weichen auf Sperrflächen oder in den Gegenverkehr aus. Viele bleiben im Stau stecken oder verlassen teilweise sogar ihre Fahrzeuge, um die Lage zu überblicken.

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Bekanntes Ärgernis und ungelöste Situation

Das Problem: All diese Ausweichmanöver, über Sperrlinien, Sperrflächen oder in die Gegenspur, sind laut Straßenverkehrsordnung verboten. Dennoch passieren sie hier fast tagtäglich – hunderte Male. Und sie bleiben in der Regel folgenlos. Wie betroffene Verkehrsteilnehmer berichten, ist auf dem Abschnitt zwischen Kreisverkehr Dornbirn Nord und dem Güterbahnhof kaum Polizeipräsenz sichtbar – außer bei gezielten Schwerverkehrskontrollen. In 30er-Zonen der Umgebung hingegen wird regelmäßig geblitzt.

Die Wahl für Autofahrer steht hier zwischen Stillstand – langen Wartezeiten zu Stoßzeiten – oder Regelverstoß. Wer Sperrflächen überfährt, riskiert laut Bußgeldkatalog Geldstrafen bis zu 80 Euro. Besonders an Spitzentagen stehen bis zu 550 Lkw vor der Zollabfertigung im Stau – oft weit vor der eigentlichen Abbiegespur. Das führt zu unübersichtlichen Situationen und gefährlichen Manövern im laufenden Verkehr.

Die Ampel ist grün, doch voran kommt man aufgrund der Sperrlinie nicht. ©Philipp Steurer

Verwaltungsübertretung bleibt Verwaltungsübertretung

Auf Anfrage von VOL.AT stellt die Landespolizeidirektion klar: "Die Verwaltungsübertretung eines anderen Verkehrsteilnehmers befugt mich nicht, selbst auch eine Verwaltungsübertretung zu setzen", so Polizeisprecherin Marina Fürstauer. Sowohl der Lkw-Fahrer als auch ein über Sperrflächen fahrender Pkw-Lenker müssten im Falle einer Kontrolle mit einer Anzeige rechnen. Wenn man wiederholt Vorfälle beobachte, sei es ratsam, einfach direkt die Polizei zu verständigen.

Die Polizei bei einer Schwerverkehrskontrolle am Güterbahnhof. ©Philipp Steurer

"Lkws wegzaubern können wir eben nicht"

Die Verkehrssituation ist der Polizei bekannt. Insbesondere die Polizeiinspektion Wolfurt sei im Zusammenhang mit Zollabfertigungen und Rückstaus in der Vergangenheit stark eingebunden gewesen. "Sie hat hier wirklich großartige Arbeit geleistet", so Fürstauer gegenüber VOL.AT. Man versuche, die Lage in den Griff zu bekommen: "Aber Lkws wegzaubern können wir eben nicht", heißt es seitens der Polizei. Zollabfertigung sei Sache des Zolls. Die Polizei regle den Rückstau. Die gesetzlichen Grundlagen, Fahrbahnmarkierungen oder bauliche Maßnahmen lägen außerhalb ihres Einflussbereichs. "Wir können schlussendlich nur probieren, es so zu handhaben, wie es die Gesetzeslage vorgibt."

Ein Security-Mitarbeiter beim Regeln des Verkehrs beim Güterbahnhof. ©Roland Paulitsch

Land verweist auf laufende Maßnahmen

Aus dem Büro von Landesstatthalter Christof Bitschi (FPÖ), zuständig für Verkehrsrecht und öffentlichen Verkehr, hieß es auf Anfrage von VOL.AT: "Das ist nichts Neues." Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung durch Verkehrsteilnehmer seien nicht Sache des Landes, gibt man zu verstehen und schiebt die Verantwortung ab: Für Kontrollen und Polizeipräsenz sei ausschließlich die Landespolizeidirektion zuständig. Hinsichtlich struktureller Lösungen wurde betont, dass Maßnahmen bereits mehrfach kommuniziert worden seien. Die Umstellung auf eine digitale Zollabfertigung sei im Gange, man arbeite "mit Hochdruck daran".

Landesstatthalter Christof Bitschi. ©Roland Paulitsch

Wo das Land das Problem ortet

Das Land Vorarlberg kennt die Problematik rund um den Güterbahnhof Wolfurt genau – und ortet die Ursachen vor allem im steigenden Nutzungsdruck auf das Areal. Man erarbeite in enger Abstimmung mit Zoll, Polizei und Wirtschaft Maßnahmen, um das steigende Güterverkehrsaufkommen "in einem erträglichen Maß" abwickeln zu können. Besonders in kurzen Arbeitswochen rund um Feiertage wie 1. Mai, Christi Himmelfahrt oder Pfingsten sei die Belastung hoch, so das Land auf VOL.AT-Anfrage. "Darüber hinaus wird der Parkplatz am Zollamt auch zur Ableistung der Ruhezeiten verwendet", heißt es in einer schriftlichen Anfragebeantwortung. "Seit geraumer Zeit kommt es vermehrt vor, dass Lkw erst spät in der Nacht am Zollamt eintreffen, um dann die tägliche Ruhezeit einzulegen." Dadurch würden in den Morgenstunden die für die Zollabfertigung benötigten Stellplätze teilweise blockiert.

Digitale Zollabfertigung als Lösung?

Bereits gesetzte Maßnahmen – etwa eine verlängerte Wartespur bis zur Dürstraße, ein erweiterter Sicherheitsdienst und längere Öffnungszeiten am Zoll – hätten laut Land außerhalb der Spitzenzeiten spürbare Entlastung gebracht. Die eigentliche Lösung soll aber digital erfolgen: "Eine echte Verbesserung wird die Umsetzung der digitalen Zollabfertigung bringen, welche jetzt schon ab Jahresende erste positive Ergebnisse zeigen wird", so das Land gegenüber VOL.AT.

Die angespannte Verkehrssituation beim Güterbahnhof ist nichts Neues. ©Philipp Steurer

Neuer Vollanschluss und Zusammenarbeit mit der Polizei

Auch infrastrukturell tut sich etwas: Mit dem geplanten Vollanschluss Wolfurt-Lauterach an die A14 soll der Verkehr künftig direkter und flüssiger abfließen. Parallel dazu arbeitet das Land weiter an der Digitalisierung der Abfertigungsprozesse, "welche bereits in Erarbeitung ist." Die Zusammenarbeit mit der Polizei sei eng abgestimmt. "Die Exekutive ist in Abstimmung mit den Zollbehörden, dem Sicherheitsdienst und dem Land Vorarlberg und hat die erforderliche Unterstützung zugesagt", so die abschließende Stellungnahme.

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(VOL.AT)

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