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Verhandlungen über Coronahilfen für die ÖGK ins Stocken geraten

Andreas Huss über Haltung des Finanzministeriums verstimmt.
Andreas Huss über Haltung des Finanzministeriums verstimmt. ©APA/HERBERT PFARRHOFER
Die mit viel Zuversicht gestarteten Verhandlungen um finanzielle Coronahilfen für die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sind in ins Stocken geraten.

Bis heute, Freitag, hätte man sich auf die Zahlenbasis einigen sollen, was die Mindereinnahmen der ÖGK betrifft, doch mit dem Finanzministerium sei man auf keinen grünen Zweig gekommen, berichtete ÖGK-Obmann Andreas Huss (SPÖ) der APA.

Huss über Haltung des Finanzministeriums verstimmt

Die ÖGK hatte - wie von Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) gefordert - in einer Gebarungsvorschau einen Verlust von 447 Mio. Euro für 2020 errechnet. Das Problem laut Huss: "Das Finanzministerium behauptet, unsere Zahlen stimmen nicht." Eigene Berechnungen habe das Ministerium nicht geliefert, die bisherigen Expertengesprächsrunden aber offensichtlich mit Verhandlungen verwechselt, wie der ÖGK-Obmann kritisierte.

"Das ist insofern ein bisschen eigenartig, weil ich nicht mit dem Bund verhandeln will, wie viel Geld ich bekomme. Sondern es ist die Aufgabe festzustellen, wie hoch die coronabedingten Mindereinnahmen 2020 sind, und dieses Minus soll der Bund zur Gänze ersetzen", sagte Huss, der auch auf eine entsprechende im Parlament verabschiedete Entschließung sowie auf Aussagen Anschobers verwies. Dieser hatte im August nach einer ersten politischen Runde einen dreistelligen Millionenbetrag und Finanzhilfen auch für 2021 und 2022 in Aussicht gestellt. Den von Huss gewünschten kompletten Kostenersatz hatte er allerdings - ebenso wie die ÖVP - offengelassen.

Huss schlägt nun eine neue Vorgangsweise vor, da man auf Expertenebene auf keinen Nenner gekommen sei: "Warten wir bis Jahresende, dann picken die Zahlen, und dann brauch ich nicht mehr verhandeln." Die Überbrückung bis dahin schaffe man, die ÖGK verfüge über Rücklagen im Ausmaß von 1,3 Mrd. Euro.

Finanzministerium wollte Verhandlungen nicht kommentieren

Im Finanzministerium bat man auf APA-Anfrage um Verständnis, dass man die "sehr konstruktiven Verhandlungen" nicht kommentieren wolle. "Klar ist, dass ein Zuschuss des Bundes außer Zweifel steht und dass dafür seitens der ÖGK Finanz- und Gesundheitsziele definiert werden", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. Die nächste politische Verhandlungsrunde im Sozialministerium ist für 9. September angesetzt.

Mit den angesprochenen Gesundheitszielen hat Huss kein Problem, plant man doch selbst den Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung. Gereizter reagierte er bei den Finanzzielen. "Wie viel Geld wir ausgeben oder einsparen müssen, das lasse ich mir als Selbstverwaltung vom Bund sicher nicht ausrichten", sagte der ÖGK-Obmann: "Selbstverwaltung ist Selbstverwaltung. Die lässt sich nicht unter Kuratel stellen."

Aufregung um Vorstoß von ÖGK-Obmann Huss

Die Forderungen von Gesundheitskassen-Obmann Andreas Huss (SPÖ) zur Coronahilfe haben am Freitag hohe Wellen in Sozialversicherungskreisen geschlagen. ÖVP-Funktionär Peter Lehner, Chef der Selbstständigen-Kasse SVS, kritisierte das "laute Poltern", während sich SP-Gewerkschafterin Barbara Teiber hinter Huss stellte. ÖGK-Co-Obmann Matthias Krenn bemühte sich um Deeskalation.

Huss rufe stets laut nach Geld, so Lehner, derzeit Vize-Chef des Sozialversicherungsdachverbands. Nun beklage er sich öffentlich, dass ihm der Finanzminister ad hoc keinen dreistelligen Millionenbetrag überweise. "Huss missbraucht die ÖGK für seine parteipolitischen Interessen, denn solange keine Kostenwahrheit besteht, kann man auch keine seriösen Verhandlungen führen", meinte er in einer Pressemitteilung.

Es sei kein Geheimnis, dass man derzeit die echten Corona-Kosten nicht ausreichend abschätzen könne, verwies Lehner auf die schwer prognostizierbare wirtschaftliche Lage und eine mögliche Insolvenzwelle: "Erst danach werden wir Kostenwahrheit haben."

Gewerkschafterin Teiber kritisiert Blümel

Teiber wollte dies nicht gelten lassen und kritisierte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Dieser solle den von ihm vorgeschlagenen Finanzführerschein am besten selbst machen, wenn er die vorgelegten Verlustzahlen bezweifle. "Wer rechnen kann, für den ist die Gebarungsvorschau der ÖGK jedenfalls nachvollziehbar", meinte sie in einer Aussendung.

Nach Kassen-"Zwangsfusion" und Coronakrise fehlten 447 Mio. Euro. "Blümel muss jetzt endlich seine Verantwortung wahrnehmen und dieses Geld zur Gänze zuschießen", forderte Teiber.

Matthias Krenn (FPÖ), in diesem Halbjahr Vize-Obmann der ÖGK, versuchte zu beruhigen. Es gebe nach wie vor konstruktive Gespräche mit dem Finanzministerium, sagte er zur APA. Diese dienten dazu, ein gemeinsames Verständnis für das Zahlenwerk der ÖGK herzustellen. Dies dauere eben ein wenig länger, meinte er zu der für heute, Freitag, gesetzten Deadline. "Man sollte sich alle Zeit der Welt nehmen, um ein vernünftiges Ergebnis für beide Seiten zu erzielen", betonte er. Der politische Verhandlungstermin am 9. September werde jedenfalls halten.

Ob der Bund der ÖGK tatsächliche den gesamten Verdienstentgang durch die Covid-Krise ersetzen soll, sei Teil der Besprechungen mit dem Finanzressort. An Huss ließ er Kritik durchblicken: "Ich habe es immer abgelehnt, dass wir einander über die Medien ausrichten, was wir vom Gegenüber erwarten."

Knappe Stellungnahme aus dem Sozialministerium

Äußerst knapp fiel die Stellungnahme aus dem Sozialministerium aus. Es liege eine Zahlenbasis vor, hieß es schriftlich zur APA, konkret wolle man aber nicht werden, um dem Termin mit der ÖGK am Mittwoch nächster Woche nicht vorzugreifen. Mit den anderen Sozialversicherungsträgern hat es nach Angaben des Ressorts noch keine Gespräche zu Coronahilfen gegeben.

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(APA/Red)

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