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Vassilakou ist kaum wegzubekommen

©APA (Sujet)
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Grünen haben ein Problem: Dringend sollten sie sich personell erneuern, können aber nicht. Das nämlich wäre ihr sicheres Ende.

Dass sich gefühlte 80 Prozent der Wiener über Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ärgern, ist für die Grünen, denen sie angehört, nicht das größte Problem. Die meisten davon würden sie ohnehin nie wählen. Sonst wären sie bei der letzten Gemeinderatswahl deutlich über zwölf Prozent hinausgekommen. Auch dass sie am vergangenen Wochenende von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aufgefordert wurden, die 48-Jährige „aus dem Amt zu jagen“, können sie wegstecken. Wenn der politische Gegner so etwas sagt, dann muss man das nicht ernst nehmen – er hat ja kein Interesse daran, dass es einem gut geht.

Das Problem ist vielmehr, dass den Wiener Grünen dasselbe droht wie ihren Freunden auf Bundesebene; auch sie könnten unter Umständen aus dem Parlament fliegen, in ihrem Falle also dem Gemeinderat. Was eine Leistung ist: Wien ist eine Stadt voller Junger, Akademiker und vieler Leute, die sich eher Mitte-Links einordnen lassen. In einem solchen Umfeld müssten sie erfolgreicher sein. In Linz halten sie beispielsweise 15, in Innsbruck sogar 19 Prozent. Auch in der Bundeshauptstadt ginge viel mehr: Bei der Präsidentschaftswahl holte Ex-Parteichef Alexander Van der Bellen ganze 66 Prozent. Nicht, dass das eins zu eins auf die Grünen übertragbar wäre; das ist es bei weitem nicht. Ein schwaches Drittel davon aber müsste schon im Bereich des theoretisch Möglichen liegen.

Dass das freilich vollkommen illusorisch geworden ist, hat viele Gründe: Seit 2010 werden die Grünen in der Regierungsbeteiligung aufgerieben. Vassilakou schafft den Spagat zwischen ihrem Job für die Stadt und den Interessen ihrer Parteifreunde nur selten. Am ehesten gelingt ihr das bei Radwegen und Fußgängerzonen. Gescheitert ist sie damit jedoch beim Bauprojekt am Heumarkt und bei vielen anderen Fragen, die zwar nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallen mögen, bei denen sich ihre Wähler aber schon ein paar Akzente erwarten würden: Gesellschaft, Soziales, Bildung, Kultur etc.

Wobei natürlich auch andere Funktionäre ein bisschen mitwirken könnten. Sie sind im besten Fall jedoch bemüht und nach außen hin wirkungslos oder überhaupt in Auseinandersetzungen mit dem Peter Pilz-Lager verstrickt.

Das Dumme für die Grünen ist nun, dass sie nicht so darauf reagieren können, wie es notwendig wäre: Eine personelle Erneuerung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt ganz und gar unmöglich. Vassilakou bloß abzusetzen hieße beispielsweise, Rot-Grün zu kippen und damit Neuwahlen zu provozieren; etwas, was sie bei ihrem Zustand ganz und gar nicht riskieren können. Wenn, dann müssten gleichzeitig eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger und überhaupt auch eine neue Parteiführung installiert werden; doch dafür ist niemand in Sicht.

Also können die Wiener Grünen bei ihrem Landesparteitag an diesem Samstag im Haus der Lotterien nur anfangen, eine Rochade vorzubereiten. Sprich, geeignete Leute suchen, fördern und hoffen, dass ein paar davon spätestens 2019, ein Jahr vor der voraussichtlich nächsten Gemeinderatswahl, das Ruder übernehmen können – was halt fast schon einem kleinen Glücksspiel mit offenen Ausgang gleichkommt.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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