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Vanillekipferl gehören für viele einfach zu Weihnachten dazu.
Vanillekipferl gehören für viele einfach zu Weihnachten dazu. ©pixabay.com

Vanillekipferl: Dem Original-Rezept aus dem 19. Jahrhundert auf der Spur

Das Vanillekipferl gehört bei vielen zu Weihnachten dazu wie der Christbaum oder die Geschenke. Das Traditionsgebäck ist dabei noch gar nicht so alt und hat seinen Ursprung womöglich in - oder um - Wien.

Fangen wir aber von vorne an, nämlich mit dem normalen Kipferl. Das Kipferl, auch Kipfel oder Gipfel, soll laut Ursprungsmythos nach der Wiener Türkenbelagerung im 17. Jahrhundert vom Wiener Bäckerehepaar Peter und Eva Wendler erfunden worden sein. Peter Wendler war zu der Zeit tatsächlich Bäcker in Wien, die Halbmondform soll den türkischen Halbmond ins Lächerliche gezogen haben.

Die Geschichte des Kipferls

An der Version ist natürlich nichts dran, Propaganda würde man heutzutage sagen. Die erste Darstellung eines Kipferls soll bereits im Hortus Deliciarum im auslaufenden 12. Jahrhundert gezeichnet worden sein. Was so aussieht wie eine Brezel, könnte eigentlich ein Kipferl gewesen sein.

Schriftlich erwähnt wurde das Kipferl erstmals im Fürstenbuch (S.95) des Wiener Dichters Jans dem Enkel im späten 13. Jahrhundert:

"do prachten im (Leopold dem Glorreichen) die pechken (Bäcker) chiphen (Gipfchen) und weizze flecken, weisser dann ein hermelein....."

Das Kipferl gab es also schon lange vor den Türkenbelagerungen. Das Wort stammt übrigens von der Wagenkipf, eine Holzstütze in V- oder C-Form, die den Oberteil eines Wagens hält. Ob das Alt-Wiener Handgebäck auch das französische Croissant (nach "croissant de lune", "zunehmender Mond) inspiriert hat, ist allerdings strittig.

Was wären Vanillekipferl ohne Vanille?

Ausschlaggebend bei das Vanillegipferl ist jedoch die "Spezialzutat", die Vanille. Ursprung der Vanilleschote war der Golf von Mexiko, sie galt als äußerst kostbar und wurde in Gold aufgewogen. Somit war Vanille nur dem hohen Adel und den reichsten Zeitgenossen zugänglich. Auf die illegale Ausfuhr der Vanillepflanze stand die Todesstrafe.

Erst Anfang des 19. Jahrhunderts gelang es, Vanille etwa auf La Reunion (damals: Ile Bonaparte oder Ile Bourbon) oder Java anzubauen. Die Pflanzen mussten dabei per Hand bestäubt werden, was den Preis weiter hoch hielt. Erst 1874 konnten deutsche Chemiker Vanillin synthetisch herstellen. So zog Vanille langsam auch in bürgerliche Haushalte ein.

Das vielleicht älteste Kipferl-Rezept

Gerade in dieser Zeit, nämlich 1884, findet sich das vielleicht erste Vanillekipferlrezept im Kochbuch Die Süddeutsche Küche der Grazerin Katharina Prato. Ihr Kipferlrezept geht so:

Vanille - kipferl ohne Ei

Bröselteig von 25 Deka (250 Gramm) Mehl, 21 Deka Butter, 10 Deka fein gestoßenen Mandeln und 7 Deka Zucker schneidet man zu nussgroßen Stückchen, formirt gespitzte Würstchen, biegt sie kipfelartig und bäckt sie kühl (ca 140-150 Grad) und licht (nicht dunkel werden lassen). Heiß vom Blech genommen, dreht man jedes Kipferl gleich in Vanillezucker und legt sie auf Papier zum Auskühlen.

Was kam vor dem Vanillekipferl? Das Vanillestangerl

War es das mit dem Mythos Vanillekipferl? Nicht ganz. Über 20 Jahre davor, nämlich 1863, beschreibt die Klosterneuburger Stiftsköchin Klara Fuchs in ihrem Buch Die praktische Wiener Vorstadt-Köchin ihre Vanille-Stangeln wiefolgt:

Nimm 4 Loth Butter, 6 Loth Mehl, 2 Loth Zucker, etwas Vanille, das Alles gib auf ein Nudelbret und arbeite es mit dem Nudelwalker recht duch, dann mache 2 Finger breite lange Stangeln, lasse es in einer ziemlich kühlen Röhre (ca 140 Grad) backen, denn sie müssen blaß aussehen; wenn sie gebacken sind, beschmiere sie mit Eis und bestreue sie mit Mandeln.

Ein Loth entspricht dabei 1/30 eines Pfunds, also rund 17 Gramm. Das Lot lässt sich dann ebenso in vier Quentchen unterteilen. Ein Quentchen Glück entspricht daher rund 4 Gramm Glück. Und mit einem Quentchen Glück sind die Fuchsen Vanille-Stangeln auch die Vorgänger unserer heutigen Vanillekipferl.

(red)

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