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USA: Für Bush kein Anlass zu Kurskorrektur

Das Eingeständnis von Fehlern kann ein Zeichen von Souveränität sein. Doch von dieser Maxime wollte sich Bush vor Journalisten im Weißen Haus nicht leiten lassen.

Auf mögliche Versäumnisse vor dem 11. September 2001 und Fehleinschätzungen im Irak hin befragt, zeigte sich der US-Präsident zu keiner Selbstkritik bereit. Stattdessen beharrte er auf seiner Botschaft: Aus dem Terror von New York und Washington habe er die nötigen Konsequenzen gezogen; und der Irak sei trotz der jüngsten Gewaltwelle auf dem Weg in eine demokratische Zukunft: „Wir bleiben auf Kurs. Wir werden den Job beenden.”

Bush hat harte Wochen hinter sich. Die Debatte um mutmaßlich unterschätzte Terrorwarnungen im Frühjahr und Sommer 2001 sowie die sunnitischen und schiitischen Rebellionen im Irak haben ihm zugesetzt. Seine Glaubwürdigkeit als Anti-Terror-Held, die ihm die Wiederwahl am 2. November sichern soll, steht auf dem Spiel. Vor allem die chaotische Situation im Irak, die zuletzt wieder deutlich gestiegene Zahl von Verlusten bei den US-Streitkräften und die Geiselnahmen von US-Bürgern drohen seine Wahlkampagne zu unterminieren – die Umfragen zeigen, dass die Zweifel an seiner Irak-Politik wachsen. Das Gallup-Institut vermeldete kurz vor der Pressekonferenz eine Zustimmungsrate für Bush von nur noch 50,9 Prozent – der niedrigste Wert seiner Amtszeit.

Schon dass der Präsident zur besten Sendezeit vor die Presse trat, belegte die Nervosität im Weißen Haus. Denn Bush ist im Frage-und-Antwort-Spiel mit den Reportern, das ihn bei aller Vorplanung zu spontanen Reaktionen zwingt, wenig versiert. Es war deshalb auch erst die dritte Pressekonferenz dieser Art, die er sich zur „Prime Time” der Fernsehsender auferlegte. Sein Ziel war klar:

Dem durch die dramatischen Bilder aus dem Irak aufgerüttelten US-Publikum wollte der Präsident signalisieren, dass er die Lage weiter im Griff habe und die Operation entschlossen zum Erfolg führen werde.

So betonte Bush, dass im Irak keineswegs ein „Bürgerkrieg” oder ein „Volksaufstand” ausgebrochen sei: Der größte Teil des Landes sei „relativ stabil”. Und er beharrte auf dem Stichtag 30. Juni für die Machtübergabe an eine souveräne Regierung. Denn wichen die USA von diesem Datum ab, würden viele Iraker „sich in ihren Hoffnungen betrogen fühlen”. Bush versprach, er werde alle benötigten Truppen zur Unterdrückung der Aufstände bereit stellen. Und er warnte, dass der Rückzug keine Option sei: Die Folgen seien „nicht auszumalen”. Die Feinde Amerikas würden dann „diesen Sieg nutzen, um eine weitere Generation von Mördern hervorzubringen”.

Doch trotz der starken Worte bleibt fraglich, ob Bush mit diesem Auftritt die wachsenden Zweifel an seinem Kurs hat besänftigen können. Nicht nur, dass der Präsident oft unsicher wirkte und in sein berüchtigtes Stammeln verfiel. Vor allem ließ er zu viele Fragen unbeantwortet. So hatte Bush weiterhin keinen Plan vorzuweisen, an wen denn nun eigentlich die Regierung in Bagdad am 30. Juni übergeben werden soll und welche Rolle die UNO in dem Übergangsprozess spielen soll.

Und auch seine Anti-Terror-Politik vor dem 11. September 2001 vermochte der Präsident nicht wirklich plausibel zu machen: Unklar blieb, warum ein zuletzt viel diskutiertes Memo vom Anfang August 2001, in dem der Geheimdienst CIA vor Al-Kaida-Anschlägen in den USA gewarnt hatte, damals keine größere Aktivitäten auf den höheren Regierungsebenen auslöste.

Immer wieder bohrten denn auch die Reporter im „East Room” des Weißen Hauses nach, ob der Präsident sich nicht doch zu persönlichen Fehlern und Versäumnissen in seiner dreijährigen Amtszeit bekennen wolle. Doch sie gingen leer aus. Er wolle sich zwar „nicht so anhören, als habe ich keine Fehler gemacht”, ließ Bush treuherzig wissen. Ja, er sei sich sogar sicher, welche begangen zu haben. Doch welche das sein könnten – da sei er vielleicht „nicht so reaktionsschnell, wie ich sein sollte”, um mit einer Antwort aufwarten zu können, beschied Bush die Journalisten.

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