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US-Künstler bittet 2.000 Tauben zu Tanz der Lüfte

Tauben werden seit Jahrtausenden domestiziert
Tauben werden seit Jahrtausenden domestiziert
Duke Riley war noch ein Kind, als er eine Taube rettete und pflegte, sie irgendwann aber fliegen ließ - doch der Vogel kehrte zurück. Nun will der Künstler aus Boston das bewegende Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier wiederholen - mit 2.000 Tauben, die am Abendhimmel über dem New Yorker East River in die Lüfte steigen und auf sein Kommando hin wieder zurückkehren.


“Tauben werden seit Tausenden von Jahren domestiziert”, sagt der 43-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Wenige Tiere blicken auf eine so lange Geschichte an der Seite des Menschen zurück wie Tauben, die schon um das Jahr 4500 vor Christus domestiziert und in Zeiten von Frieden und Krieg als Botschafter eingesetzt wurden. “Vornehm” und “inspirierend” nennt Riley sie – eine Beschreibung, für die ihm so mancher in London, Rom oder New York einen Vogel zeigen würde.

Denn da Taubenkot Krankheitserreger und die Tiere von Parasiten befallen sein können, hat sich das Bild der eigentlich grazilen, gurrenden Täubchen in Großstädten oft gewandelt. “Wir müssen die Natur innerhalb unserer urbanen Umgebungen wahrnehmen”, sagt Riley. “Die beschäftigten New Yorker müssen daran oft erinnert werden.” Ab Samstag und dann jedes Wochenende bis Mitte Juni nimmt der Künstler diese Angelegenheit – und jede Menge Tauben – selbst in die Hand.

Bei Einbruch der Dämmerung wird Riley im Navy Yard in Brooklyn auf der “Baylander” stehen, einem ausrangierten Flugzeugträger aus Zeiten des Vietnamkriegs. Auf seine Kehllaute hin werden die Vögel aus ihren Taubenschlägen kommen, vielleicht alle zugleich, vielleicht nach und nach. Doch innerhalb weniger Minuten werden Hunderte am Himmel kurven, kreisen und wirbeln und zufällige Muster formen. Dank LED-Leuchten an ihren Krallen wird jedes Tier den Abendhimmel mit hellen Lichtschlieren durchziehen.

Trotz monatelanger Vorbereitungen lässt sich nicht genau vorhersagen, wie das Spektakel aussehen wird. “Sie fliegen jeden Abend anders. Es hängt vom Wind, den Gezeiten und ihrer Stimmung ab”, sagt Katie Hollander, Vorsitzende der Organisation Creative Time, die das für Besucher kostenlose Kunstwerk möglich macht. Einige seien bei den Übungen auch mal auf einem naheliegenden Kran gelandet. “Mit den Lichtern sehen sie aus wie ein Weihnachtsbaum.”

Und dann folgt, was Hollander die “Essensglocke” nennt: Ein bestimmter Musiktitel, den Riley als Signal für die Rückkehr zum Taubenschlag gewählt hat. Zusammen mit Flaggen, die im nautischen Alphabet den Titel der Veranstaltung “Fly By Night” buchstabieren, würden die Vögel ihren Weg zurück finden. Riley hofft, durch das Schauspiel am Himmel die Wahrnehmung von Tauben in New York und auch im Ausland zu verändern.

Doch es geht um mehr. Der tätowierte Mann aus Massachusetts lebt seit rund 20 Jahren in New York und sieht es an der Zeit, der Stadt etwas zurückzugeben. Bisher erinnerten seine Projekte an Guerilla-Aktionen, an bissige Kunst am Rande des Illegalen. Sein Nachbau des kugelartigen, historischen Mini-U-Boots Turtle etwa, das im Krieg um die amerikanische Unabhängigkeit ein Schiff im New Yorker Hafen versenken sollte. 2007 trieb Riley damit auf das im Hafen liegende Kreuzfahrtschiff Queen Mary 2 zu, sozusagen als Angriff gegen die britische Krone im 21. Jahrhundert. Die Polizei nahm ihn fest.

Oder seine in einem Parkbecken nachgestellte römische Seeschlacht im Jahr 2009, als Kostümierte in selbst gebauten Schilfbooten durch das flache Wasser paddelten und einander mit Tomaten bewarfen. Er habe “keine Ahnung, was genau passieren wird”, sagte Riley, bevor die wilde, von kostenlosem Bier und Wein getränkte Schlacht einsetzte.

Auch bei “Fly By Night” lässt sich das Verhalten der Beteiligten – in diesem Fall Vögel – unmöglich vorhersagen. Für Rileys Anliegen ist das Nebensache. “Ich will den Menschen einen Moment Raum geben, in dem sie anhalten und sich Zeit nehmen, ihre Umgebung wahrzunehmen und die Flora und Fauna zu würdigen, mit der sie sich die Stadt teilen.”

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