UniCredit schluckt Capitalia
Das Fusionsfieber im europäischen Bankensektor geht ungebremst weiter. Nach dem vorerst gerichtlich gestoppten Zusammenschluss der britischen Bank Barclays mit der niederländischen ABN Amro ist jetzt Italien am Zuge: Dort entsteht durch die geplante Übernahme der Capitalia (Rom) durch die Bank Austria-Mutter UniCredit (Mailand) das zweitgrößte Geldinstitut in Europa mit einem Börsenwert von 100 Mrd. Euro. Nach italienischen Medieninformationen ist der Deal bereits so gut wie perfekt. Schon am Sonntag sollen die Verwaltungsräte die Pläne absegnen.
Die italienische Großbank UniCredit hatte erst im Sommer 2005 die Münchner HypoVereinsbank (HVB) samt deren Tochter Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) übernommen.
Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi begrüßte die neue Bankenfusion. Die Bankenfusionen und die Stärkung der italienischen Institutionen sind positiv für das Land. In Finanzkreisen hieß es, die neue Megabank könne bereits nach den Sommerferien operativ sein.
Der Plan ist fertig, schrieb die Mailänder Zeitung Corriere della Sera.
UniCredit-Chef Alessandro Profumo und Capitalia-Chef Cesare Geronzi trafen am Freitag in Rom mit dem Präsidenten der italienischen Zentralbank, Mario Draghi, zusammen. Zugleich wurde die Notierung der Aktienwerte beider italienischen Geldhäuser für den ganzen Tag ausgesetzt.
Offiziell wurden keine Einzelheiten bekannt, Spekulationen über die Übernahme hatten sich aber bereits seit Tagen gehalten. Für diesen Sonntag wurden die Verwaltungsräte beider Häuser zusammengerufen und anschließend eine Pressekonferenz angesetzt.
Die neue Bank wird in Kürze aus der Taufe gehoben, schrieb der Corriere della Sera weiter. Nach der britischen HSBC entstehe damit die zweitgrößte Bank Europas und der neue Marktführer in Italien. UniCredit ist mit einer Marktkapitalisierung von rund 79 Mrd. Euro etwa vier mal so groß wie Capitalia. Das neue Institut solle Unicredit heißen und sei das sechstgrößte Bankhaus weltweit. UniCredit sei besonders auch im europäischen Auslandsgeschäft präsent, Capitalaia habe seine Stärke vor allem innerhalb Italiens.
Auch die wichtigsten Personalfragen sind laut italienischer Zeitungsberichte bereits so gut wie gelöst: Chef der neuen Mega-Bank werde Profumo. Dieter Rampl von der HVB bleibe weiterhin Präsident. Dagegen müsse sich der in Italien umstrittene Capitalia-Vorstandschef Geronzi vermutlich mit einem Stellvertreter-Posten zufrieden geben, hieß es.
Die Fusion solle durch einen Aktienaustausch realisiert werden, derzeit werde Capitalia an der Börse mit rund 20 Milliarden Euro bewertet. Experten beziffern die Synergieeffekte durch die Übernahme auf 700 Millionen bis 1,2 Mrd. Euro.
Trotz erheblicher Widerstände geben auch Barclays und ABN Amro ihre Fusionspläne nicht auf. So wies der ABN-Amro-Vorstand jüngst ein neues Übernahmeangebot der mit Barclays konkurrierenden Dreiergruppe um die Royal Bank of Scotland zurück. ©Das Konsortium – außer den Schotten auch die spanische Bank Santander und die belgisch-niederländische Finanzgruppe Fortis – hatte angeboten, die ABN-Amro-Tochterbank LaSalle in den USA für 24,5 Mrd. Dollar (18 Mrd. Euro) zu kaufen. Dieses Angebot ist aber gekoppelt an eine Übernahme von ABN Amro für 38,40 Euro je Aktie, also derzeit rund 71 Mrd. Euro.
Zugleich steht der ABN-Vorstand unter heftigem Druck von Anteilseignern, die mit dem Angebot von Barclays nicht zufrieden sind. Barclays will die ABN-Amro-Aktionäre mit eigenen Aktien bezahlen, nach derzeitigem Kurs liefe das auf einen Kaufpreis von etwa 66 Mrd. Euro für ABN Amro hinaus. Voraussetzung dafür ist aber der heftig umkämpfte Verkauf von LaSalle.