Uni Wien will mit "Islam-Landkarte" nichts zu tun haben

Die Kritik an der schon nach ihrer Vorstellung heftig kritisierten "Islamlandkarte" der regierungsnahen Dokumentationsstelle politischer Islam reißt nicht ab. Nun distanzierte sich auch die Universität Wien von dem Projekt, indem sie die Verwendung ihres Logos auf der Website untersagte, wie ORF.at am Freitag berichtete. Der Leiter des Projekts, Ednan Aslan, konnte gegenüber der APA das Vorgehen nicht nachvollziehen und verwies auf den Kooperationsvertrag mit der Uni.
Grüne distanzieren sich von "Islam-Landkarte"
Ziel der online abrufbaren Landkarte ist laut Dokumentationsstelle, einen Überblick über muslimische Einrichtungen zu geben und jene zu identifizieren, die dem politischen Islam zuzurechnen sind. Scharfe Kritik kam vor allem von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ). Das Projekt befeuere Rassismus. Selbst die in der Regierung vertretenen Grünen distanzierten sich von dem Projekt.
Auch der Rektor der Universität Wien, Heinz Engel, hat Probleme mit der Islamlandkarte. Er distanzierte sich "insbesondere vom 'Impressum', in dem zur Meldung von 'Informationen zu einzelnen Vereinen oder Moscheen' aufgefordert wird". Und weiter: "Da dort auch darauf hingewiesen wird, dass die Berichte und Informationen nicht für inhaltliche Positionen der Universität Wien stehen, habe ich die Verwendung des Logos der Universität Wien untersagt."
Projektleiter Aslan verwies im Gespräch mit der APA auf einen bestehenden Vertrag mit der Universität. Das Projekt sei zwar mit dem Rektorat koordiniert, die Verwendung des Logos der Uni aber nicht explizit geregelt worden. Freitagnachmittag wurde das Logo dann von der Website entfernt. Stattdessen prangte dort der Hinweis: "Ein Projekt der Universität Wien - Institut für islamisch-theologische Studien - Islamische Religionspädagogik".
Kritik auch von der Muslimischen Jugend Österreich
Indes erntete das Projekt auch einen Tag nach der Präsentation Kritik von allen Seiten. So ortete der Vorsitzende der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ), Adis Serifovic, im Ö1-"Mittagsjournal" ein "enormes Sicherheitsrisiko", da auch Jugendvereine und Kinderorganisationen mit Privatadressen verzeichnet seien. Er befürchtet rassistische Anfeindungen und Übergriffe - wie auch der Moscheenbetreiber ATIB.
Im Integrationsministerium sah man kein Problem mit der Veröffentlichung der Adressen. Gegenüber Ö1 hieß es, diese seien aus dem Vereinsregister, wo man diese auch abrufen könne. Sammelabfragen seien nach dem Vereinsgesetz nicht zulässig, widersprach Anwältin Maria Windhager. Sie ist sich sicher, dass Persönlichkeitsrechte verletzt werden und Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden könnten. Dass so schlampig gearbeitet worden sei, mache betroffen.
Gefährdung von Muslimen gefürchtet
Eine mögliche Gefährdung von Muslimen in Österreich befürchtet auch die Organisation SOS Mitmensch. Der zuständigen Ministerin Susanne Raab (ÖVP) müsse klar sein, dass sie damit einen Extremismusverdacht gegen die mehr als 600 aufgelisteten Einrichtungen schüre, meinte Sprecher Alexander Pollak. Auch die SPÖ erneuerte ihre Kritik an Raab. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch forderte von ihr "Sachpolitik statt Pauschalverdächtigungen und Ablenkungsmanöver" ein.
Kurz und Raab verteidigen Liste
Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte sich hinter das Projekt. Bei der Islamkarte handle es sich um ein wissenschaftliches Projekt von anerkannten Professoren. Er sei davon überzeugt, dass dieses einen positiven Beitrag leisten können und leisten werde.
Auch Raab verteidigte das Projekt. "Es stehen hier namhafte Wissenschafter dahinter, die hier umfassend recherchieren und gewissenhaft arbeiten", hieß es in einem schriftlichen Statement und weiter: "Dafür braucht es auch Mut, denn die Widerstände und Anfeindungen reichen bis zu Morddrohungen aus dem salafistischen Milieu." Die Ministerin will "dennoch den Kampf unbeirrt fortführen, denn es geht darum, Fakten, Verbindungen und Einflüsse aus dem Ausland offenzulegen".
Scharfe Kritik der evangelischen Kirche an Raab
Die evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka stellt sich in der Debatte um die "Islamlandkarte" hinter die Vertreter der Muslime. Er forderte Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) am Freitag auf, das Projekt vom Netz zu nehmen und meint, die Religionsagenden wären im Bildungsministerium besser aufgehoben.
Vertreter der auf der "Islam-Landkarte" geouteten Vereine sehen sich gefährdet, weil einige Vereine dort mit der Privatadresse der verantwortlichen Personen gelistet werden. Darauf verweist auch Chalupka und kritisiert, dass mit der gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft der Muslime darüber kein Gespräch geführt wurde. Auch die Evangelische Kirche würde sich "eine Landkarte verbieten, in der ihre Einrichtungen, oder gar Einrichtungen, die mit ihr nichts zu tun haben, vom Staat in die Öffentlichkeit gebracht werden", sagte Chalupka im Evangelischen Pressedienst. "Das Integrationsministerium findet, so scheint es, nicht die richtige Haltung zur Religionsfreiheit", findet der Bischof. Er könne sich daher eine Rückkehr der Religionsagenden ins Bildungsministerium vorstellen.
(APA/red)