Immer mehr Menschen, vor allem Frauen, begeben sich unter das schönheitschirurgische Messer. Die Kunden derartiger ärztlicher Körper-Tunings werden immer jünger, die Eingriffe immer extremer. Das sind einige Trends in Sachen künstlich geformter Körper, denen oft dramatische gesundheitliche Konsequenzen folgen.
“Gesellschaftliche Normen prägen für viele Frauen das oft unerreichbare Bild eines Schönheitsideals. Der vermeintlich perfekte Körper erscheint so erstrebenswert, dass dafür vieles in Kauf genommen wird – von chirurgischen Eingriffen oft schon in jungen Jahren bis zur permanenten, gesundheitsgefährdenden Diät”, erklärt ao. Univ.-Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger, Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt Wien. Sie sieht eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe darin, den Frauen den Druck zu nehmen, sich an normierten Idealen orientieren zu müssen: “Wir müssen der Verunsicherung von Frauen und Mädchen entgegenwirken und ihr Selbstbewusstsein stärken. Das oft auch unseriöse Geschäft mit der Schönheit darf nicht auf Kosten der Gesundheit gemacht werden.”
Jede vierte Österreicherin kann sich eine Schönheits–OP vorstellen:
Das Thema Schönheitsoperationen beschäftigt immer mehr Österreicherinnen, wie Wimmer-Puchinger berichtet: “Acht Prozent der Frauen über 14 Jahren geben an, bereits einen schönheitschirurgischen oder kosmetischen Eingriff hinter sich zu haben.” Weitere 25 Prozent können sich vorstellen, eine solche schönheitsmedizinische Intervention machen zu lassen. Das ergab eine Studie im Auftrag des Wiener Frauengesundheitsprogramms. “Diese hohen Werte zeigen, dass Frauen so stark mit normierten Schönheitsidealen konfrontiert sind, dass viele von ihnen glauben, sie nur durch medizinische Eingriffe erreichen zu können”, so Prof.in Wimmer-Puchinger. “Die gesundheitlichen Folgen unrealistischer Körperbilder sind oft erheblich – von Essstörungen, an denen rund 200.000 Österreicherinnen zumindest einmal in ihrem Leben erkranken, über Komplikationen bei schönheitschirurgischen Eingriffen bis hin zu massiven psychischen Problemen. Wir müssen Frauen dazu ermutigen, andere Wege zur Zufriedenheit mit dem eigenen Körper auszuloten.”
Faltenbehandlungen und Gesichtsstraffungen führen mit 54 Prozent die Liste der gemachten oder gewünschten Eingriffe an, vor Nasenkorrekturen (18 Prozent), Fettabsaugungen (16 Prozent) und Brustvergrößerungen oder -verkleinerungen (15 Prozent). Nur zehn Prozent sind mit dem Ergebnis ihrer Schönheitsoperation “sehr zufrieden”, elf Prozent sind “sehr unzufrieden”
In scharfem Kontrast zur Popularität von Schönheitsoperationen steht die Zufriedenheit mit deren Resultaten. Das Risiko, eine Operation auf sich zu nehmen, führt häufig nicht zum gewünschten Ergebnis, wie die aktuelle Studie zeigt. Elf Prozent der Befragten, die bereits einen einschlägigen Eingriff hinter sich haben, sind “sehr unzufrieden”, das sind mehr als jene zehn Prozent, die “sehr zufrieden” bilanzieren. “Die Hoffnung, dass ein Schnitt mit dem Skalpell das Leben verändert, bleibt offenbar Illusion”, so Prof.in Wimmer-Puchinger.
Schönheitsoperationen auch am weiblichen Genital:
Ein weltweiter Trend sind auch sogenannte Vaginalverschönerungen. Frauen lassen sich eine Designer-Vagina formen, die Schamlippen verkleinern oder mit Eigenfett unterspritzen. Laut American Society of Plastic Surgery ist Vaginalchirurgie das am schnellsten wachsende Segment der Fachrichtung. “Zu den Langzeitfolgen derartiger Eingriffe gibt es allerdings kaum wissenschaftliche Evidenz”, kritisiert Prof.in Wimmer-Puchinger.
Stadt Wien aktiv gegen unerreichbare Schönheitsideale:
“Die aktuellen Daten zeigen, wie wichtig die Aktivitäten der Stadt Wien gegen den krank machenden Schönheits– und Schlankheitswahn sind”, betont Wimmer-Puchinger. Als erste europäische Stadt startete Wien im Rahmen des Frauengesundheitsprogramms eine umfassende Initiative zum Thema Essstörungen. Die Initiative “S-O-Ess” setzt sich unter dem Motto “No BODY is perfect” gegen ungesunde Körperideale und krank machende Vorbilder ein.
“Selbst ist die Frau – Schönheit um jeden Preis?” heißt eine Aufklärungsbroschüre des Wiener Programms für Frauengesundheit, das über Risiken bei Schönheitsoperationen aufklärt und kostenlos unter 01/4000 87 162 bestellt oder unter www.frauengesundheit-wien.at heruntergeladen werden kann.