Lustenau. Bei hochsommerlichen Temperaturen und Sonnenschein startete gestern das Szene Openair am Alten Rhein in Lustenau. In der Theorie. Denn kurz vor dem offiziellen Festivalstart, gerade als Jung und Alt mit allem, was man an drei Festivaltagen so brauchen kann auf den Campingplatz pilgerten, ging ein heftiger Schauer über dem Gelände nieder.
Um sich die besten Plätze zu sichern, Freundschaft mit den Zeltnachbarn zu schließen und gut gelaunt ins Festivalwochenende zu starten, fanden sich trotzdem zahlreiche Besucherinnen und Besucher schon am Vormittag ein. Die gute Laune ließ man sich vom Regen nicht verderben, stattdessen sprangen die ersten bäuchlings in die Pfützen und tanzten im Regen. Den musikalischen Auftakt beim diesjährigen Festival lieferte David Grabherr im neuen Szene Pavillon. Schon immer steht das Szene Openair für regionale Nachwuchsförderung. Heuer bekommen mit dem stylischen Pavillon, der von der Holzbauzunft Vorarlberg gemeinsam mit Lehrlingen gestaltet wurde, noch mehr regionale Acts die Möglichkeit, vor Publikum aufzutreten. Aus einer Vielzahl an Bewerbungen hat das Los entschieden und zehn Vorarlberger Acts einen Auftritt ermöglicht.
Sorgsamer Umgang mit der Natur
Zwar nicht neu, aber jedes Jahr größer, zeigt sich das Ökologiekonzept des Festivals. Der sorgsame Umgang mit der Natur war für das Szene Team schon immer wichtig. Dieser wird deshalb konstant ausgebaut. Bereits im Vorjahr haben sich beispielsweise Aschenbecher aus Papier bewährt, die bereits am Eingang an alle Raucherinnen und Raucher ausgegeben werden und praktisch in der Hosentasche mitgetragen werden können. Recycling-Stationen, ein Feststromanschluss, um Diesel zu sparen, regelmäßige Shuttlebusse und die kostenlose Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Müllpfand und Belohnungen für die fleißigsten Wertstoffsammlerinnen und -sammler sind nur einige der zahlreichen Bemühungen für ein grünes Festival.
Startschuss mit Frauenpower
Den Start auf der Hauptbühne machte um 15.20 Uhr - und nun auch wider aller Vorhersagen bei strahlendem Sonnenschein - mit voller Frauenpower die Band „Hey Sis!“ aus Österreich. Nicht nur eine, sondern gleich fünf Frontfrauen kombinierten elektronische Klänge mit harmonischen Melodien und sorgten so für einen großartigen Auftakt beim Openair.
Während so manche Besucherinnen und Besucher noch entspannt auf den Zeltplätzen abhingen, sich die Elektro-Acts auf der Tagesbühne anhörten, sich beim traditionellen Flunkyball battelten oder im Alten Rhein Abkühlung suchten, sorgten auf dem Konzertgelände „Souly“, „Leila“, „T-Low“, „Berq“ für beste musikalische Unterhaltung. „Motionless in White“ lieferten eine besondere Show. Ganz in weiß geschminkt bzw. mit Maske heizte die Metalcoreband aus Pensylvania bei der ersten Show ihr Europatournee ordentlich ein.
Vielseitiger Künstler
Ruhiger ging es weiter mit Julian Le Play. Eine treue Fangemeinde erspielte er sich mit seinem erfolgreichen Album „Tandem“, dem 2023 das Album „Tabacco“ folgte. Julian Le Play, der mit bürgerlichem Namen Julian Heidrich heißt, hat bereits eine wechselvolle Karriere hinter sich. Er war Kiddy-Contest Teilnehmer, Radiomoderator und bereits mit James Blunt auf Tour. Sein Pullover mit einem großen, roten Herz kann durchaus als Zuneigung für sein Publikum interpretiert werden, und seine Fans geben dem sympathischen Musiker diese Liebe begeistert zurück.
Ein Tempowechsel durch die unterschiedlichen Acts wie bei einem intensiven Cardio-Workout zog sich durch den gesamten ersten Festivaltag. Fast schon könnte man den Krankenkassen vorschlagen, den Kauf der Festivaltickets als Gesundheitsförderung zu unterstützen, denn schon die nächste Band, trieb den Puls wieder in die Höhe. Alles bisherige diente nur dem Aufwärmen für das folgende Mittanz-Spektakel.
Abtanzen zu irish Folk-Punk-Rock
Als erster Headliner des diesjährigen Szene Openairs standen mit Flogging Molly altbewährte Tanzgaranten auf der Bühne. Durch endlose Tourneen seit Ende der 90er Jahre hat sich die irisch-US-amerikanische Folk-Punk-Rock-Band aus Los Angeles eine riesige Fancommunity aufgebaut. Bei nach wie vor ausgezeichnetem Wetter wurde nicht nur zu den Hits der Band getanzt, auch neue Songs wurden begeistert aufgenommen und umgehend in Tanzschritte umgewandelt.
Energiegeladen ging es im Anschluss auf der Szene Bühne mit „Elif“ weiter. Ihr Wissen und Können gibt die Künstlerin mittlerweile auch Coach bei „The Voice Of Germany“ weiter. Ihr Gefühle und Gedanken verpackte sie im Album „Endlich tut es wieder weh“. Wie sehr sie sich von ihren Gefühlen leiten lässt konnte man auch daran erkennen, dass spontan, und zur anfänglichen Verwirrung ihrer Band, die Setlist umgestoßen und ein anderer Song als geplant performt wurde.
$oho Bani als Latenight-Headliner
Ein letztes Mal an diesem Abend gingen um Mitternacht die Lichter auf der Alter Rhein Bühne an. Mit $oho Bani gab es für das junge Publikum nochmal Rap aus Berlin auf die Ohren - und das ganz in weiß. Der Berliner hat im vergangenen Jahr mit Songs wie „Mr. Meyer“ bei der Jugend wohl den Nerv der Zeit getroffen und wurde innerhalb kürzester Zeit zu den prägendsten Stimmen der Berliner New Wave Szene. Mit Textzeilen, wie „Scheiße, dein Mädchen ist München, Dicka, meine ist Berlin“ kann man sich wohl aber auch keine Fans jenseits der 30 erhoffen.
Und weil man mit Traditionen nicht brechen soll und auch die ältere Generation noch was auf die Ohren bekommen sollte, fand der Donnerstag wie gewohnt seinen Abschluss mit Rockmusik von DJ Hirti.
Text: Dietmar Palmetzhofer/Beate Rhomberg