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Und morgen kehrt Kurz zurück?

©APA/HANS KLAUS TECHT
Gastkommentar von Johannes Huber. Karl Nehammer entwickelt sich als Kanzler und ÖVP-Chef zunehmend zu einem bloßen Statthalter.

Was spricht für Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer noch dagegen, Sebastian Kurz in die Politik zurückzubitten? Schwer zu sagen. Natürlich erscheint es ausgeschlossen, dass er es tut. Dennoch lohnt es sich, auf die Frage einzugehen: Es lässt tief blicken.

Der ÖVP-Ethikrat hat vor wenigen Tagen auf türkise Korruptionsaffären sowie unsägliche Chats reagiert. Zusammengefasst hat die honorige Runde mit der steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic eher nur die Nase gerümpft: Schön ist es nicht, was da so ans Licht gekommen ist. Relevant ist für den Rat, der sich mit Ethischem auseinandersetzen sollte, aber ausschließlich Rechtliches. Und auch das nur so, wie’s gerade passt.

Für Beschuldigte gilt grundsätzlich die Unschuldsvermutung. Leute wie Sebastian Kurz und Gerald Fleischmann dürfen daher in der Partei bleiben. Ausgeschlossen wurde auf Empfehlung von Klasnic und Co. jedoch Thomas Schmid, der als Kronzeugenkandidat diverse Anschuldigungen bestätigt und sich unter anderem auch selbst belastet hat. Parteiethisch gesehen war er quasi der Dumme.

Gerald Fleischmann ist nun von Karl Nehammer zum Kommunikationschef der ÖVP erklärt worden. Begründung: Er sei ein Profi. Nicht, dass Nehammer einen solchen nicht brauchen würde. Selbst zu türkisen Kernthemen wie Asyl und Migration sind er, aber auch Klubobmann August Wöginger und Innenminister Gerhard Karner, zuletzt herumgeschwommen. Stichwort Änderung und Dann-doch-nicht-Änderung der Menschenrechtskonvention, Stichwort Vetodrohung und Dann-doch-nicht-Vetodrohung gegen einen Schengen-Beitritt Kroatiens. Aber wenn Fleischmann in eine wichtige Position zurückkehren soll, warum dann nicht gleich auch der größere Profi, also Kurz? Was hindert Nehammer auf Basis der Maßstäbe des Ethikrates und des Engagements von dessen Ex-Vertrautem, den 36-jährigen Meister höchstpersönlich zurückzubitten?

Karl Nehammer hat schon mehrfach betont, dass die ÖVP seines Erachtens kein Korruptionsproblem hat. Im Parlament hat er sich Anfang November kritisch zu all den Affären geäußert, aber niemanden beim Namen genannt. Entschuldigt hat er sich letztlich nur dafür, „was die Politik derzeit bietet“. Im Klartext: Er hat sich nicht unmissverständlich von Sebastian Kurz distanziert und erklärt, was genau Verwerflich war.

Unabhängig davon hat er dafür gesorgt, dass die ÖVP türkis bleibt, bemüht sich neuerdings um eine scharfe Kante in der Asylpolitik und hat jetzt eben auch Kurz‘ Message-Checker Fleischmann engagiert. Da wird es schwierig für ihn, die Frage zu beantworten, was gegen ein Comeback seines Vorvorgängers als Kanzler und Vorgängers als Parteichef spricht: Er entwickelt sich mehr und mehr zu einem bloßen Statthalter, der seine Funktion im Geiste von Sebastian Kurz bekleidet. Sehr wahrscheinlich aufgrund der Erkenntnis, dass er der Partei sonst nur noch größere Verluste bescheren könnte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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