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Unaussprechlich vorhersehbar: Coldplay legen "Mylo Xyloto" vor

Fünftes Album der britischen Erfolgsband erscheint am Freitag.
Fünftes Album der britischen Erfolgsband erscheint am Freitag. ©AP
Wenn man gut 40 Millionen verkaufte Platten auf der Habenseite verzeichnen kann, würden wohl nur die wenigsten Künstler zu geringes Selbstvertrauen an den Tag legen.
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Auch im Hause Coldplay dürfte die Gewissheit über die eigenen Fähigkeit nicht gerade unterentwickelt sein, aber nach wie vor verkörpert die britische Erfolgsband rund um Sänger Chris Martin wie kaum eine Gruppe das Image der netten Buben von nebenan. Das am Freitag erscheinende “Mylo Xyloto” (EMI) verstärkt mit zuckersüßen Arrangements und federnden Klängen diesen Eindruck.

Letztes Coldplay-Album?

Understatement lässt Martin auch im Gespräch mit der “New York Times” durchblitzen, müsse man doch als Band zufrieden sein, nach so langer Zeit noch zusammen zu spielen. “Die Hälfte der Bands, die wir kommen gesehen haben, ist schon wieder weg. Sogar solche, die sehr erfolgreich waren.” Und auch für Coldplay-Fans begann die Woche mit einer kleinen Hiobsbotschaft, hat der Sänger doch gegenüber der “Daily Mail” anklingen lassen, dass der Tonträger mit dem unaussprechlichen Namen der letzte sein könnte. Angesichts der Verkaufszahlen vergangener Platten – der Vorgänger “Viva La Vida or Death And All Of His Friends” etwa war das weltweit meistverkaufte Album 2008 – aber wohl nur eine leere Drohung. Zumindest würde die Plattenfirma auf die Dienste von Martin und Co auch in Zukunft nicht verzichten wollen.

Dem geneigten Fan öffnet sich auf “Mylo Xyloto” ein bekanntes Klanggerüst, das erneut in Zusammenarbeit mit Produzentenlegende Brian Eno in luftige Höhen gezogen wurde. Schon das Intro und das folgende “Hurts Like Heaven” geben dabei den Weg vor, kredenzen flächige Sounds und atmosphärische Spielereien, während nach Lust und Laune dem 80er-Jahre-Keyboard-Overkill Raum gegeben wird. Über der trotzallem recht simplen Struktur thront Martins Stimme mit einer Melodie, die schon beim ersten Durchgang den Hörer an der Hand nimmt und durchs Pop-Wunderland führt.

Aktuelle Single: “Paradise”

Thematisch widmen sich die Vier einer Liebesgeschichte inklusive Happy End: “An der Oberfläche geht es um zwei Charaktere in einer großen, beklemmenden, urbanen Atmosphäre, die beide etwas verloren sind und sich finden, um dem Feind entgegen treten”, so Martin im Interview mit der “Herald Sun”. “Aber eigentlich ist es nur eine Sammlung von persönlichen Gefühlen, die in dieser Hülse präsentiert werden.” Kommerzielle Aneinanderreihung wäre wohl ein anderer Ausdruck dafür, wenn die aktuelle Single “Paradise”, das vorsichtig treibende “Charlie Brown” oder das balladeske “U.F.O.” sich abwechseln und utopisch verklärte Klanggemälde servieren.

Eine kleine Überraschung gelingt noch am ehesten bei der Zusammenarbeit mit R’n’B-Königin Rihanna, die “Princess Of China” einen massentauglichen Anstrich verleiht. Allerdings fällt das gar nicht so besonders ins Gewicht, ist der Schritt von Coldplay vom kleinen Indie-Act zum Hallen füllenden Mainstream-Seller doch längst vollzogen worden. “Wenn es eine Sache gibt, die wir vermeiden wollten, dann, dass wir wie jemand anderer klingen”, hält Martin fest. Und so klingen Coldplay im Jahr 2011 unaufgeregt, technisch versiert und leider vor allem vorhersehbar. Nur selten wird wie in “Major Minus” oder “Us Against The World” an frühere Großtaten erinnert. Vielleicht ist auch die Decke für die Briten bereits erreicht, wenn Martin angesichts unerreichbarer Vorbilder wie den Beatles anmerkt: “Egal was passiert, du kannst nie die größte Band werden.” Mit “Mylo Xyloto” würden sich Coldplay diesen Titel auch nicht wirklich verdienen. (APA)

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