Unanständig, schamlos und extrem witzig

GÖTZIS Ein rotes Licht strahlt auf die Bühne AmBach. Ein Nebel tritt auf und der Moderator Lukas Wagner (Slamlabor Vorarlberg) schreitet in einem braunen Bademantel vor das Publikum. Ein völlig neues Slamformat erwartete die Gäste im Vereinshaussaal. Der Erotikslam mit fünf Poeten aus nah und fern. „Das erotischste Event seit dem Amtsantritt von Angela Merkel“, scherzt Wagner zu Beginn. „Heute darf mit allem geklatscht werden, was man hat“, spielt er weiter an.
Lachsbuttern und Pfläumchenlecken
Den Auftakt machte Andreas Vetsch (CH). Der Single-Mann aus der Schweiz präsentierte seine neue „Reizunterwäsche“ in Lack – mit Tape abgeklebten Männernippel. Er erzählte über eine Kontaktanzeige im Internet, mit der er eine unaufmerksame russische Krankenschwester kennengelernt hatte und über ihre aberwitzigen Nachrichten. Dorothee Mügge kommt aus einem kleinen Dorf in Nürnberg (DE). Dort ist das Thema Masturbation – gerade bei Frauen – ein Tabu. Was sei das auch für ein scheußliches Wort. Für Männer gäbe es tolle Umschreibungen: „Lachs buttern, Jürgen würgen, Mütze-Glatze, Fünf gegen Willi…“, beschwerte sie sich. Als Vorschlag für Frauen führe sie nun an einen „Vaginalmonolog“.
Über „Schneeflittchen“, „Tindarella“ und die „drogensüchtigen vier Stadtmusikanten“ erzählte Alexandra Alter (DE). Sie sprang durch die Märchenwelt und zauberte schweinische Wortspiele aus dem Hut: Als Hänsel und Gretel sich im Wald verirrten hörten sie ein „knusper, knusper Häuschen – wer leckt an meinem Pfläumchen?“ Enora le Corre aus Deutschland hat französische Wurzeln. Sie hat dumme Anmachsprüche satt. Ständig „Voulez-vous coucher avec moi?“ Mit einer Baskenmütze holte sie zum Rundumschlag auf die Männerwelt aus.
„Meine Geschichten sind ein bisschen hardcore“, warnte Jaromir Konecny (CZ) das Publikum. In seiner pikanten Männerfantasie erzählte er über Mirijam – eine sexy Anästhesistin, die ihm vor dem Sex noch an einer Kunstvagina üben ließ. „Ich musste 30 Minuten lang die Klitoris suchen“, fügte er mit seinem tschechischen Akzent hinzu. Der Sex wurde dann so wild, dass er mit Nahtoderfahrungen zu kämpfen hatte. „Ich habe wie ein gestoßener Ochse gebrüllt.“
Stangen- und Wortakrobatik
Nicki und Ulli von Ländle Poledance heizte das Publikum nach der Pause ein. In der zweiten Runde wurde über Fetische philosophiert, die Vor- und Nachteile vom Dicksein erläutert, ein feministischer Aufruf gestartet und mit dem „Bufferflyeffect“ auf lyrischer Tuchfühlung geladen. Im Finale trat Mügge gegen Konecny an. Als getarnte „Gute-Nacht-Geschichte“ brach der Tscheche nochmal alle Scham-Barrieren und holte sich mit tosendem Applaus den Sieg des ersten Erotikslams Vorarlbergs. Als Hautpreis gab es dieses Mal keinen sandgestrahlten Stein, sondern eine Übernachtung im Kuschelhotel Gams für zwei Personen. Auch wenn es kein typischer Poetry-Slam war, waren die Gäste von den teilweise Stand-up angehauchten Auftritte hellauf begeistert. „Die Möglichkeiten der Sprache sind unendlich und auch für mich immer wieder überraschend. Dass so viele Menschen immer wieder zu unseren Events strömen bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, freut sich der Veranstalter Wagner. ETU