Ukraine-Krise: Schallenberg fürchtet weitere Eskalation

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat am Dienstagabend im ORF von "einem deutlichen und wahrnehmbaren Schuss vor den Bug" angesichts des Beschlusses von Sanktionen gegenüber Russland durch die 27 EU-Staaten gesprochen. "Wir müssen leider Gottes davon ausgehen, dass die Zeichen weiter auf Eskalation stehen", so Schallenberg. Daher seien auch noch nicht alle Sanktionsschritte beschlossen worden.
Mehrere Sanktionen gegen Russland angekündigt
Mehrere hundert Personen dürften nicht mehr in die EU einreisen, ihre Vermögenswerte würden eingefroren. Zusätzlich seien mehrere russische Banken, die mit dem Militärkomplex zusammenarbeiten, betroffen und "es wird der Zugang Russlands eigentlich finanziell zu Europa beschränkt", etwa beim Handel mit Staatsanleihen. Das werde es dem Kreml schwieriger machen seine Expansionspolitik zu betreiben.
Zwar würden weiterhin Gespräche laufen, das Signal an Moskau sei aber, dass es "weitere Sanktionen" geben werde. Dass jetzt auch die Ostseepipeline Nord Stream 2 "auf Eis gelegt wird, ist schon ein sehr deutliches Signal gegenüber Moskau", meinte der Außenminister.
Energiesicherheit in Österreich vorhanden
Die Energiesicherheit Österreichs sei jedenfalls nicht in Gefahr, so Schallenberg. Auch Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) habe bestätigt, dass "niemand diesen Winter in Österreich frieren muss".
Schon die Sanktionen 2014 nach der russischen Annexion der Krim seien sehr schmerzhaft gewesen, sagte Schallenberg. Doch die österreichischen Unternehmen seien heute weit besser vorbereitet.
Die Situation sei jedenfalls sehr volatil, "wir haben jetzt eine Situation, wo große Anspannung herrscht". Lob zollte der Außenminister der ukrainischen Regierung, die "kein Öl ins Feuer" gegossen habe. Mit dem jetzigen Handeln habe Moskau dem Minsker Abkommen den Todesstoß erteilt und den Friedensbemühungen eine Absage erteilt. Österreich werde jedenfalls weiter eine Politik verfolgen, die auf dem Völkerrecht basiere, die sei "eine rote Linie".
Österreich steht laut Nehammer voll hinter EU-Sanktionen
Österreich steht im Ukraine-Konflikt voll hinter den EU-Sanktionen gegen Russland. Dies bekräftigte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) Dienstagabend bei einem Hintergrundgespräch im Bundeskanzleramt. "Österreich ist und bleibt ein militärisch neutrales Land. Wir haben aber eine klare Haltung und Meinung, wenn es um die Einhaltung von Völkerrecht geht und agieren hier im europäischen Einklang", sagte Nehammer.
"Die Anerkennung von Phantomstaaten durch die Russische Föderation hat zwar eine gewisse Tradition, ist und bleibt aber inakzeptabel. Die Stärke des Rechts und nicht das Recht der Stärke soll als Grundlage des politischen Handelns dienen." Der Bundeskanzler hofft nach wie vor auf eine diplomatische Beilegung der Krise. "Wir müssen weiter voll und ganz auf Diplomatie setzen, um einen Krieg mitten in Europa zu verhindern."
Krisenkabinett "in laufender Abstimmung"
Das von der Regierung installierte Krisenkabinett befindet sich laut Nehammer "in laufender Abstimmung", um rasch auf die aktuellste Bedrohungslage reagieren zu können. Ein wesentlicher Punkt sei dabei die Versorgungssicherheit.
Vor allem die Rolle der Gasversorgung ist für Österreich essenziell. Erdgas deckt etwa ein Viertel des österreichischen Energieverbrauchs ab. Die Speicherfüllstände in der EU befinden sich auf einem niedrigen Niveau, stellen aber noch keine Gefährdung der Versorgungssicherheit dar, heißt es aus dem Kanzleramt.
Im Fall einer militärischen Eskalation und weiterer Sanktionen gegen Russland drohen auch Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft. Das Handelsvolumen zwischen Russland und Österreich lag 2020 bei 4,3 Milliarden Euro, jenes zwischen der Ukraine und Österreich bei 1,4 Milliarden. Laut Wirtschaftskammer gibt es rund 650 österreichische Firmenniederlassungen in Russland.
Keine gravierende Flüchtlingswelle erwartet
Punkto Flüchtlingsbewegungen erwartet man in der Regierung unterdessen keine gravierenden Auswirkungen. Österreich sei demnach kein primäres Zielland für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Betroffen wären vor allem Nachbarländer wie Polen, Ungarn oder die Slowakei. Das zeigten auch die Asylanträge der vergangenen Jahre. 2014 gab es rund um die Krim-Krise 455 Asylanträge von ukrainischen Staatsangehörigen, 2015 waren es 508, danach gingen die Zahlen bis auf 88 im Jahr 2021 runter.
Das Innenministerium beobachte die Situation und sei vorbereitet, sollten weitere Schritte notwendig sein, heißt es aus der Regierung. Sollte es in Polen, Ungarn und der Slowakei vermehrtes Flüchtlingsaufkommen aus der Ukraine geben, werde man diese Staaten jedenfalls mit humanitärer Hilfe und Sachgütern unterstützen.
(APA/Red)