Übelkeit unterwegs: Warum Reisekrankheit kein Zufall ist und wie du sie besiegen kannst

Nichts verdirbt eine Autofahrt so sehr wie das Bedürfnis, sich übergeben zu müssen. Für einige ist die Reisekrankheit ärgerlich, für andere lähmend, und sie tritt scheinbar zufällig auf. Manche Menschen leiden ihr Leben lang darunter, während andere sie nie erleben. Wieder andere fühlen sich nur unter bestimmten Bedingungen unwohl. Was steckt also hinter diesem Phänomen und wie kann man es bekämpfen?
Wer ist betroffen und warum?
"Reisekrankheit wirkt sich auf jeden Menschen anders aus, und es gibt keinen Grund, warum manche Menschen häufiger von Reisekrankheit betroffen sind als andere", so Saima Rajasingam, Dozentin an der Anglia Ruskin University, in einem Artikel für "The Conversation". "Wir wissen zum Beispiel, dass die Erfahrungen im Kindesalter von neun oder zehn Jahren ihren Höhepunkt erreichen und dass Frauen häufiger betroffen sind. Es ist jedoch unklar, warum." Es wird jedoch vermutet, dass Hormone eine Rolle spielen könnten.
Genetik und Gesundheitszustand
Für einige von uns könnte die Neigung zur Reisekrankheit in den Genen liegen: Eine Studie aus dem Jahr 2015 identifizierte 35 genetische Varianten, die mit der Reisekrankheit in Verbindung stehen. Zwillingsstudien haben den genetischen Einfluss bestätigt. Eine Studie aus dem Jahr 2006 schätzt, dass bis zu 57 Prozent der Anfälligkeit für Reisekrankheit vererbt werden können. Zusätzlich kann Reisekrankheit auch mit anderen gesundheitlichen Problemen zusammenhängen. Eine erhöhte Anfälligkeit für Migräne oder Innenohrerkrankungen wie die Ménière-Krankheit kann ebenfalls die Wahrscheinlichkeit einer Reisekrankheit erhöhen. Manchmal liegt es aber auch einfach am Pech, erklärt Timothy Hain, Otoneurologe und emeritierter Professor an der Northwestern University, 2015 gegenüber "The Atlantic". "Sie sind so verdrahtet, dass sie empfindlicher auf Bewegungen reagieren als andere."

Obwohl es noch keine vollständige Erklärung für Reisekrankheit gibt, vermutet die Medizin, dass widersprüchliche Signale zur räumlichen Orientierung und Bewegung des Körpers die Ursache sind. "Während wir uns durch den Raum bewegen, leiten mehrere Sensoren in unserem Mittelohr, in den Gliedmaßen und in den Augen Informationen an unser Gleichgewichtszentrum im Gehirn weiter, um uns zu orientieren", erläuterten Ric Day, Professor für Pharmakologie an der UNSW Sydney, und Andrew McLachlan, Dekan der Pharmazie an der Universität Sydney, in einem Beitrag für "The Conversation". "Wenn diese Informationsquellen in einem offensichtlichen Konflikt zueinander stehen, können wir unter Reisekrankheit leiden." Das Gehirn erhält also widersprüchliche Informationen, was die Symptome auslöst.
Widersprüchliche Signale: Die medizinische Erklärung
In einem Flugzeug zum Beispiel nehmen unsere Augen und Muskeln wahr, dass wir ruhig sitzen und beispielsweise ein Buch lesen oder einen Film schauen. Unser Innenohr hingegen registriert die Bewegung mit etwa 800 km/h. "Das ist auch der Grund, warum die Wahrscheinlichkeit der Reisekrankheit umso geringer ist, je weniger sensorische Abweichungen wir in einem Fahrzeug erleben", so Rajasingam. "Zum Beispiel verursacht die Fahrt in einem Auto auf einer glatten, geraden Straße weniger sensorische Abweichungen als die Fahrt auf einer kurvenreichen Straße mit vielen Schlaglöchern."
Wie man Reisekrankheit bekämpfen kann
Bei den ersten Anzeichen von Unwohlsein wie kaltem Schweiß, Kopfschmerzen, Schwindel, vermehrtem Speichelfluss oder Übelkeit kann es hilfreich sein, sich flach auf den Rücken zu legen, den Kopf ruhig zu halten und die Augen zu schließen. Dadurch werden visuelle Reize minimiert und das Gehirn entlastet. Liegen ist generell besser als sitzen oder stehen.
Weitere Tipps gegen Reiseübelkeit:
- den Blick auf den Horizont richten: Dies gibt den Augen einen festen Orientierungspunkt
- gleichmäßig atmen
- auf Tätigkeiten am Smartphone verzichten
- nicht lesen
- leichte Mahlzeiten zu sich nehmen
- auf Alkohol verzichten
- keinen Kaffee trinken
- im Bus einen Sitzplatz vorne in Fahrtrichtung wählen
- im Flugzeug einen Platz in der Mitte in der Nähe der Tragflächen wählen – hier sind die Bewegungen am geringsten
- auf dem Schiff eine Kabine im mittleren Bereich wählen – dort sind die Bewegungen am geringsten

Inzwischen gibt es auch Medikamente, die gegen Reisekrankheit wirken. Es ist ratsam, sich vom Hausarzt über die verschiedenen Optionen beraten zu lassen. Bei starken Symptomen sollte man ebenfalls ärztlichen Rat einholen. Auch Ingwer kann hilfreich sein – ob in Form von Tabletten, Tee oder durch Kauen der rohen Wurzel.
(VOL.AT)