Die Tiroler Landtagswahlen waren eine Ohrfeige, nicht aber eine Katastrophe, für die ÖVP. "Aus dieser Niederlage einen Sieg zu konstruieren, ist aber absurd", sagt der Politikberater Thomas Hofer im APA-Gespräch. Wie auch Meinungsforscher Peter Hajek hält er eine schwarz-rote Koalition in Tirol nun für am wahrscheinlichsten, "da ist aber sicher noch nicht aller Tage Abend", sagt Hajek am Wahlabend.
Trotz Ohrfeige für ÖVP wurde bei Tirol-Wahl Katastrophe vermieden
Minus zehn Prozentpunkte brachten der ÖVP das historisch schlechteste Ergebnis ein, und als dieses müsste es auch gesehen werden, so Hofer. Was der ÖVP allerdings in die Hände spiele, sei das Fehlen eines bundespolitisch relevanten "Wahltriumphators". Die FPÖ hat zwar rund drei Prozentpunkte zugelegt, um als klarer Sieger hervorzugehen, sei das aber zu wenig. "In Tirol gibt es mit der Liste Fritz eine populistische Alternative, ohne die die FPÖ wohl deutlicher zugelegt hätte."
Minus zehn Prozentpunkte als historisch schlechtestes ÖVP-Ergebnis
Auch für die SPÖ sei der heutige Tag keiner zum Feiern. Trotz guter Themenlage und einer stark verlierenden Landeshauptmann-Partei nur einen Prozentpunkt zulegen zu können, sei das Ergebnis eines Wahlkampfes mit "wenig Drive", so Hofer. "Wenn man am Ende auf Platz drei steht, schmerzt das schon ordentlich." Nach diesem "Tiefschlag" und dem Wahlkampfverhalten Dornauers gehe er davon aus, dass die SPÖ versuchen werde, in die Regierung zu kommen - auch um keine Diskussionen über das schlechte Ergebnis aufkommen zu lassen.
Auch für SPÖ ist das Wahlergebnis in Tirol kein Anlass zum Feiern
Aber auch von ÖVP-Seite deute sehr viel auf eine "große Koalition", sind sich Hofer und Hajek einig. Möglich ist eine Zweierkoalition nur mit FPÖ oder SPÖ. Mit ersterer hat Anton Mattle (ÖVP) das bereits ausgeschlossen. Eine Dreierkoalition sei für ihn nicht wünschenswert, so Hajek (Public Opinion Strategies). Die Sozialdemokraten könnten dann mit ihrem Ergebnis zufrieden sein, wenn sie am Ende der Gespräche, die die ÖVP wohl mit mehreren Parteien führen wird, in der Regierung sitzen, so Hajek. Dafür spreche momentan vieles, "da ist aber sicher noch nicht aller Tage Abend".
Schlechtes Ergebnis für Volkspartei auch dank Übergabe der Parteiobmannschaft
Ein Grund für das schlechte Abschneiden der Volkspartei sei definitiv die alles andere als reibungslos vonstatten gegangene Übergabe der Parteiobmannschaft. "Platter hat zu einer Unzeit hingeschmissen, und seinem Nachfolger damit einen schweren Rucksack umgebunden", betont Hofer. Dieses Ergebnis sei aber auch ein Ausdruck dessen, dass der Bundesregierung derzeit ein rauer Gegenwind entgegenwehe. "2018 war die Tiroler ÖVP getragen vom Rückenwind eines noch unbefleckten Sebastian Kurz", heute stehe die Bundesregierung in ständiger Kritik.
MFG hat bei Wahl den Schritt von "single-issue-Partei" nicht geschafft
Was die Tiroler Landtagswahl auch deutlich gezeigt habe, ist dass es die MFG nicht geschafft hat, den Schritt von einer "single-issue-Partei" zu einer Partei, die mehrere Themen abdeckt, zu machen. "Das ist die erste echte Krise in der noch jungen Bewegung", so Hofer.
(APA/Red)