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"Tropicália": Brasilianische Sixties in der Kunsthalle Wien

Caetano Veloso, gesehen von Hélio Oiticica.
Caetano Veloso, gesehen von Hélio Oiticica. ©Projeto Hélio Oiticica, Rio de Janeiro
Papageien, Nelkenpulver und viel Konzeptkunst: Die Ausstellung widmet sich einer kulturellen Aufbruchsbewegung in Brasilien, die sich unter einem Militärregime entwickelte.

Caetano Veloso kommt wieder nach Wien. Im Sommer, zum Jazzfest. Wie der heute 67-jährige brasilianische Musiker 1968 als Twen ausgesehen hat, kann man auf dem Plakat zu einer Ausstellung der Kunsthalle Wien studieren, die heute, Mittwoch, Abend, eröffnet wird: “Tropicália” befasst sich mit einer kulturellen Aufbruchsbewegung im Brasilien der 60er Jahre, bei der Veloso und der 1980 verstorbene Künstler Hélio Oiticica, von dem das verwendete Foto Velosos stammt, zu den Protagonisten zählten.

Auch wenn man in der zentralen “Tropicália”-Installation von Oiticica sehr wohl auf Sand, Palmen und lebende Papageien trifft, betonte Kunsthallen-Chef Gerald Matt bei der heutigen Presseführung: “Hier geht es nicht um Sonne, Strand und Copa Cabana. Es handelt sich um eine der wichtigsten Kunstströmungen Lateinamerikas.” Deswegen eigne sich “Tropicália” hervorragend für die Fortsetzung von Kunsthallen-Ausstellungen, die den Blick über den europäisch und angelsächsisch dominierten Kunstraum auszuweiten versuchten.

Unter der Kontrolle eines Militärregimes

Brasilien gelte heute als ökonomischer Aufsteiger par excellence und auch politisch wichtiger Player, dessen Bedeutung steigen werde, sagte Kurator Thomas Mießgang, “umso interessanter ist der Rückblick auf die 60er Jahre, als Brasilien unter der Kontrolle eines Militärregimes war.” Dieses Regime, das sich bis Mitte der 80er Jahre halten konnte, habe nach einer Verfassungsänderung 1968 auch wichtige Protagonisten der Kulturbewegung wie Caetano Veloso und Gilberto Gil verhaften lassen und ins Exil getrieben. Doch auch von der Linken ließen sich die “Tropicália”-Künstler, die Teile von Kunst-, Musik- und Modeströmungen der Ersten Welt aufnahmen und adaptierten, nicht vereinnahmen. Insofern sei sie zwar mit der Hippie-Bewegung vergleichbar, doch “eigentlich keine Bewegung, sondern eine rhizomartige Netzwerkstruktur” gewesen.

An Hippies und Flower Power muss man etwa bei den ausgestellten Plattencovers unweigerlich denken, aber rasch bekommt die Ausstellung eine eigene Note. Dazu gehört auch eine eigene Duftnote: Eine Installation der 2004 gestorbenen Künstlerin Lygia Pape besteht aus Porzellanschüsseln mit gefärbten aromatisierten Flüssigkeiten, die den Raum mit einer verwirrenden Duftmischung erfüllen, eine wie eine organische Struktur von der Decke hängende Skulptur von Ernesto Neto ist mit Nelkenpulver gefüllt.

Tropicália-Bewegung in der Gegenwart

Der 45-jährige Neto zählt zu jenen Künstlern der Ausstellung, die das Weiterwirken der Tropicália-Bewegung in die Gegenwart zeigen sollen. Auch Rivane Neuenschwander war 1968 gerade mal ein Jahr alt. In einer unterhaltsamen Video-Installation zeigt sie Ameisen, die dabei sind, die Überreste des Karnevals zu beseitigen: über den Waldboden wandernde bunte Konfetti… So holt das Klischee von Karneval und Lebenslust die Ausstellung über Umwege doch noch ein.

“Tropicália. Die 60s in Brasilien”, Ausstellung in der Kunsthalle Wien, Halle 2, Eröffnung am 27. Jänner, 19 Uhr, 28. Jänner bis 2. Mai, Täglich 10-19 Uhr, Do 10-21 Uhr, Infos: +43 1  52189-33, www.kunsthallewien.at).

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