Der österreichische Musiker und Regisseur hat sich in New York, Los Angeles, Tokio, Hongkong und Moskau inspirieren lassen, mit unzähligen Leuten gesprochen und schließlich Bilder und Zitate rhythmisch montiert. Entstanden ist ein melancholischer, poetischer, visuell immer wieder faszinierender Filmessay, der am Donnerstag beim Menschenrechtsfestival “this human world” erstmals in Österreich gezeigt wird. Kinostart ist am Tag darauf.
“Trains of Thoughts” – Untertagblues und Poesie unter der Erde
Novotny, bekannt als Teil der Sofa Surfers und filmisch u.a. mit einem Remix von Michael Glawoggers “Megacities” (“Life in Loops”) in Erscheinung getreten, bleibt den Großstädten treu und beleuchtet sie diesmal von unten: die Züge, die Rolltreppen, die Tunnel, die Menschen, die Lichter, gerne in schnellem Tempo mit den Bässen der eigenen Band unterlegt und mit längeren Belichtungszeiten, sodaß der Untergrund zu einem düsteren Gemälde, zum pulsierenden Herz der großen Stadt verschmilzt. Jede Linie hat ihr eigenes kleines Drama, heißt es einmal, der Zug spiegelt die Stadt wider, ein anderes Mal.
Die Gesprächsfetzen erzählen von kleinen Erlebnissen und philosophischen Gedanken, hier wird in der U-Bahn gelesen (“ich mag es nicht, irgendwo anders zu lesen”), dort hört man Musik, vielfach ist der Blick unpersonalisiert mit Off-Stimmen, später kommen auch öfter Gesichter dazu. Man lernt, dass Japaner immer pünktlich sind, weil ihre Züge immer pünktlich sind, dass so mancher Amerikaner sich über die ständigen Botschaften des Misstrauens (“Geben Sie Bettlern kein Geld”) ärgern, dass die Russen von Kindheit an lernen, ihre U-Bahn zu lieben – was angesichts der prunkvollen Stationen in Moskau nicht verwundert.
Novotny wählte einen episodischen Stil, trennt die einzelnen Städte durch kurze fotografische Sequenzen in der Wiener U-Bahn, wird am Ende sogar quasi zum Reiseführer. Jede Station ist ein neues Land, was ein wenig an Peter Handkes “Untertagblues” erinnert – wäre Novotnys Zugang im Gegensatz zum einsamen Misanthropen im Buch nicht ein offener, menschenfreundlicher und assoziativer, stark an der Musik orientiert und immer von existenzieller Neugier geprägt. Uraufgeführt wurde “Trains of Thoughts” im Wettbewerb des A-Filmfestivals von Karlovy Vary (Karlsbad), der Film fungierte auch als Eröffnungsbeitrag des Österreich-Pavillons bei der diesjährigen Biennale in Venedig. Als Kinoerlebnis auf jeden Fall sehenswert.