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Traditionsmarke vor Insolvenz: Was passiert jetzt mit den zwei Standorten in Vorarlberg?

Traditionsunternehmen Gössl steht vor dem Aus. Wie geht es mit den Vorarlberger Filialen weiter?
Traditionsunternehmen Gössl steht vor dem Aus. Wie geht es mit den Vorarlberger Filialen weiter? ©Philipp Steurer, VN, Canva
Wie kürzlich bekannt wurde, steckt das Salzburger Trachtenunternehmen Gössl in finanziellen Schwierigkeiten. Wie es jetzt mit den beiden Filialen im Ländle weitergeht.

Trachten gelten allgemein als zeitloser Modeklassiker. Doch auch an Trachtenunternehmen geht die wirtschaftlich turbulente Corona-Zeit nicht spurlos vorbei. Das zeigt aktuell auch das Beispiel von "Gössl". Wie bereits vergangene Woche bekannt wurde, kämpft das Salzburger Traditionsunternehmen mit der Zahlungsunfähigkeit. Wie geht es jetzt mit den Filialen weiter?

Zwei Standorte im Ländle

Gössl wurde bereits 1947 gegründet. Das Unternehmen ist bekannt für hochwertige Trachten, Lederhosen, Dirndl und Co. im obereren Preissegment und ist mit über 80 Standorten – darunter auch Franchisepartner – in Europa vertreten. Auch in Vorarlberg gibt es zwei Geschäfte – eines ins Lech und eines in Dornbirn. Den Standort in der Messestadt gibt es seit 2010. Die neuere Filiale am Arlberg wurde erst im Dezember 2023 eröffnet.

Den Gössl-Standort in Dornbirn im Feursteinhaus kennen viele Vorarlberger. ©Philipp Steurer

Vorwurf: Insolvenz wurde erzwungen

Bereits vergangene Woche wurde bekannt, dass das Unternehmen offenbar vor finanziellen Herausforderungen steht. Erst wollte sich Gössl nicht zur finanziellen Situation äußern, doch seit einem mit Spannung erwarteten Pressetermin gibt es Gewissheit: Am Montag wurden die Gläubiger informiert, dass aus heutiger Sicht Anfang Dezember ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Wie die Gössl-Geschäftsführung erklärte, seien dafür nicht unternehmerische Fehler verantwortlich, sondern die Folgen der Corona-Krise und das Vorgehen der Hausbank. Diese habe etwa vorzeitig Kredite fällig gestellt, um – so der Vorwurf – die Insolvenz zu erzwingen.

Covid-19 als "Anfang vom Ende der Liquidität"

Während der Jahresabschluss 2019 noch ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) von knapp einer halben Mio. Euro und eine Eigenkapitalquote von 44 Prozent ausgewiesen habe, hätten COVID-19 und die Folgen der Lockdowns "den Anfang vom Ende der Liquidität" gebracht. Zwar seien in den Jahren 2020 bis 2022 rund 5,9 Mio. Euro an Hilfsgeldern an die Gössl GmbH geflossen. "Im selben Zeitraum sind aber Lockdown-bedingte Verluste in der Höhe von 9,9 Mio. Euro entstanden", teilte das Unternehmen mit. Man sei auf 40 Prozent der Verluste sitzengeblieben.

Gössl-Geschäftsleiterin Michaela Wiesner-Medici (zweite von links) bei der Eröffnung der Lecher Filiale am 8. Dezember 2023. ©Dietmar Mathis

COFAG-Zahlungen eineinhalb Jahre verspätet

Auf Anraten der Hausbank habe man zwei Corona-Überbrückungskredite in der Höhe von zwei und einer halben Mio. Euro aufgenommen, die mit 90 bzw. 100 Prozent Garantien durch die Förderbank des Bundes, das Austria Wirtschaftsservice (aws), abgesichert waren. Als Tilgungsfrist für die Kredite wurde Ende 2024 vereinbart – in der Annahme, dass dem ersten Lockdown keine weiteren folgen. So aber habe man die Raten nicht fristgerecht tätigen können – auch weil die COFAG-Zahlungen erst 2023 mit 1,5 Jahren Verspätung eingelangt seien.

"Wichtige Liquidität entzogen"

"Verhandlungen mit der Bank über eine Laufzeitverlängerung oder eine Umschuldung sind gescheitert", sagte heute der Sanierungsexperte Gerald Zmuegg, den sich Gössl zur Unterstützung geholt hat. "Anfang September stellte die Bank dann den Überbrückungskredit und einen weiteren Betriebsmittelkredit in der Höhe von 360.000 Euro ohne Not vorzeitig fällig. Dadurch wurde wichtige Liquidität entzogen." Zugleich habe die Bank liquide Mittel aus dem operativen Geschäft in der Höhe von 400.000 Euro gesperrt. Die Folge: Am 15. November fällige Finanzamtszahlungen hätten nicht getätigt werden können.

Maximilian Gössl führt das Unternehmen in dritter Generation. ©Foto Gössl

Interessenkonflikte bei Banken?

Zmuegg warf den Banken im Zusammenhang mit den Überbrückungskrediten einen Interessenkonflikt vor: "Die Banken können auf die Sicherheit des Staates nur zurückgreifen, wenn das Unternehmen Insolvenz anmeldet." Deutlicher formuliert es die Gössl-Geschäftsführung: "Die vorzeitige Fälligstellung der Kredite und das Sperren unserer liquiden Mittel kann ich nur so interpretieren, dass eine Insolvenz erzwungen werden soll." Dabei hätte die Bank bis Ende Juni 2025 Zeit, die Garantie zu ziehen.

Zmuegg forderte von der Bank heute eine partnerschaftliche Lösung – etwa eine Verlängerung der Kreditlaufzeit – und entsprechenden Druck von der Politik. "Auch eine Verlängerung der Rückzahlungsfrist durch den Gesetzgeber würde helfen." Zugleich wolle er rechtliche Schritte gegen die Bank prüfen.

So steht es um die Geschäfte

Wie geht es mit dem Unternehmen und seinen Filialen weiter? Gössl beschäftigt aktuell 113 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wird laut Unternehmensführung heuer voraussichtlich 15 Mio. Euro Umsatz machen. "Die Budgetziffern für 2025 bis 2027 zeigen zudem positive Deckungsbeiträge". Die Gössl-Geschäfte bleiben trotz der aktuellen Turbulenzen geöffnet, das Unternehmen soll auch im Falle einer Insolvenz weitergeführt werden. Die Gössl-Standorte in Dornbirn und Lech bleiben also bestehen: "Die beiden Geschäfte in Vorarlberg sind weiterhin geöffnet", bestätigt Margot Fuchs, die Sekretärin der Geschäftsleitung, gegenüber VOL.AT.

(APA/VOL.AT)

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