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Torres - So berühmt wie "Marcelino"

Sein Wunsch ging in Erfüllung: Spätestens seit Sonntagabend ist Spaniens Stürmerstar Fernando Torres so berühmt wie "Marcelino".

War es vor 44 Jahren der legendäre “Marcelino” Martinez gewesen, der Spanien mit dem 2:1-Siegtreffer gegen die UdSSR in Madrid den EM-Titel sicherte, so schoss am Sonntagabend im Wiener Ernst-Happel-Stadion Torres “La Roja” zum 1:0-Finalsieg gegen Deutschland. Spanien ist damit nach 1964 zum zweiten Mal Fußball-Europameister. Genau so ein Erlebnis hatte sich Torres noch am Vortag des großen Endspiels in einem Interview erhofft. “Für ein Tor im Finale würde ich weiß Gott was geben”, sagte er. Denn: “Der Name von Marcelino ist allen Spaniern im Gedächtnis, weil er damals im Finale das Tor geschossen hat.” Nunmehr müssen sich die Spanier eben zwei Herren merken. Bisher war Torres bei der EURO 2008 eher im Schatten seines Stürmerkollegen David Villa gestanden, doch am Sonntag zerzauste “el nino” Deutschland im Alleingang. Es war die 33. Minute, als der Liverpool-Striker nach einer langen Pass-Kombination über Marcos Senna und Xavi den deutschen Verteidiger Phillip Lahm überrumpelte und dann am aus dem Tor eilenden Keeper Jens Lehman vorbei zum 1:0 ins lange Eck traf. Es war erst sein zweites Tor bei der EURO 2008, das erste hatte “das Kind” beim 2:1-Sieg gegen Schweden in der Gruppenphase erzielt. David Villa kam hingegen bisher auf vier Treffer, allerdings musste der Valencia-Stürmer im Finale wegen einer Muskelverletzung passen. Also sprang diesmal Torres ein. Die spanischen Fans wussten das zu schätzen, die weiblichen ganz besonders. Der stets etwas schüchtern wirkende 24-Jährige hat mit seinen blonden Haaren und dem jugendlichen Engelsgesicht einen festen Platz in so manchem Teenager-Herzen. Und wahrscheinlich auch bei ein bisschen älteren Semestern.

Dass er bei der EURO 2008 als Torschütze lange nicht zur Geltung kam, kam eigentlich etwas unerwartet. Schließlich hat Torres eine teuflisch gute Saison bei Liverpool hinter sich. Er schoss in seinem ersten Jahr in der Premier League in 33 Spielen gleich 24 Tore. Das ist der Rekord für einen ausländischen Debütanten.

In der “seleccion” kommt er als “goleador” aber ganz allgemein nicht ganz so gut zur Geltung. Vor dem Deutschland-Spiel war er in 53 Spielen auf gerade 16 Tore gekommen. Seit der WM-Endrunde 2006 in Deutschland, wo er dreimal traf, waren es dabei in 16 Partien sogar nur drei gewesen. Aber dann kam das wichtigste, jenes vom Sonntag. Torres wurde dafür im Finale auch zum “Spieler des Spiels” gewählt.

Spaniens Teamchef Luis Aragones lässt freilich etwas anders spielen, als es Torres von den “Reds” gewöhnt ist. Dort wird er meist mit langen Bällen nach vorne losgeschickt. “La Roja” pflegt aber das flinke Kurzpassspiel (“tiqui taca”, sprich “tiki taka”), wodurch “el nino” oft wie ein aus dem Freundeskreis ausgestoßenes Kind allein am Spielplatz herumirrt.

“Ich bin praktisch überhaupt nicht beteiligt”, klagte “das Kind” einmal darüber, dass ihn die Kumpels oft nicht mitspielen lassen. Dabei meinen sie das gar nicht böse. “Torres ist sehr wichtig für uns”, lautete der Tenor im spanischen EURO-Camp in Neustift im Stubaital. Am Sonntag hat er das eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Wie Aragones ist auch Torres eng mit dem Stadtrivalen von Atletico Madrid verbunden. “Luis” war dort als Spieler und dann gleich viermal als Trainer tätig. Zuletzt in der Saison 2002/03, wo er “el nino” bereits unter seiner Fittiche hatte. Torres wuchs im Nachwuchs von Atletico auf und spielte von 2001 bis 2007 in der Kampfmannschaft (214 Spiele/82 Tore). Dann wechselte er für 35 Millionen Euro an die Anfield Road.

Obwohl Aragones stets nur Lobeshymnen für Torres parat hat (“Sehr schnell, technisch hervorragend und torgefährlich”) ist er sein liebstes Tauschobjekt. In 36 Spielen setzte er ihn von Beginn an ein. Zu Ende spielen durfte Torres freilich nur 12 Partien, womit er in 24 Fällen vorzeitig vom Platz musste. So oft wie keiner seiner Kollegen.

Ein Austausch hatte ganz zu Beginn der EURO auch zu einer kleinen Verstimmung zwischen Torres und Aragones geführt. Der Stürmer hatte nach seiner Auswechslung im ersten Gruppenspiel gegen Russland (4:1) dem “Mister” nicht die Hand gegeben.

Selbst wenn beide die Sache bald als erledigt betrachteten, war sie für die spanischen Medien mehrere Tage ein Thema. Am späten Sonntagabend werden der Fußball-Opa Aragones und “el nino” aber wohl trotz der neuerlichen Auswechslung (gegen Daniel Güiza/78.) wieder ein Herz und eine Seele gewesen sein.

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