AA

Tokio Hotel abgehoben in Wien: Erwachsen werden ist nicht leicht

Tokio Hotel sind zurück - und ja, auch etwas abgehoben.
Tokio Hotel sind zurück - und ja, auch etwas abgehoben. ©EPA
Erwachsen werden war noch niemals leicht. Diese Tatsache könnte eine Erklärung für das gegenwärtige, abgehobene Dasein der deutschen Band Tokio Hotel sein, die am Donnerstag in der Wiener Arena gastierte. Der einstige Teenie-Magnet konnte ein Jahrzehnt nach dem Durchbruch nur noch die treuen Scharen versammeln. Ein Konzert der Entfremdung wurde den Fans vom einstigen Top-Act aus Deutschland geboten.

Von einer ausverkauften Stadthalle im Jahr 2006, als die vierköpfige Band aus Sachsen-Anhalt noch der Hype der Stunde war, führte der Weg gestern in die zumindest gut besuchte Arena. Dort erwartete die wie immer mehrheitlich weiblichen Besucher nach rund einer Stunde Wartezeit das Intro zur “Club Experience”, so der Name der aktuellen Tour.

Ein tiefer Bass, eine ansprechende Lichtshow und eine wummernde Drummaschine verwandelten die Arena in eine Disco, wo erneut gekreischt statt getanzt wurde. Denn Bill Kaulitz, inzwischen 25 Jahre alt, erschien im Glitzerkostüm samt Umhang und Krönchen.

Tokio Hotel mit “Kings of Suburbia” in Wien

“We Found Us” aus dem aktuelle Album “Kings of Suburbia” (Universal) war der Opener – und auch der Rest des Abends war aus dem vierten Album von Tokio Hotel, dem eher misslungenen Comeback-Versuch im Herbst des Vorjahres nach fünfjähriger Pause. Es war der Auftakt für eine Show der Entfremdung und nicht der Emanzipation aus dem wohl auch zermürbenden Teenie-Heldentum.

Das Publikum ließ sich die gute Stimmung aber nicht nehmen, skandierte schon vor der Show “Wir wollen Tokio Hotel” und zeigte, dass man auch mit Anfang bis Mitte zwanzig schon nostalgisch sein kann, wenn man nur will. Tokio Hotel wollten aber nicht an ihre Anfänge erinnern, sondern boten ihre neuen Sound auf. Statt dem Gitarrenrock hieß das gestern über weite Strecken glattgebügelten Elektro-Sound, der von zahlreichen Lichteffekten untermalt wurde.

Bill Kaulitz sang dabei nicht nur durchgehend auf Englisch – Ausnahme war der erste Hit “Durch den Monsun” aus dem Jahr 2005 im Zugabeteil -, er verzichtete auch bei seinen Ansprachen an die Fans auf Deutsch. Und so gekünstelt wirkte im Grunde der ganze Abend, auch wenn die Gitarre in dessen Verlauf an Boden gewinnen sollte.

Bill Kaulitz exzentrisch wie eh und je

Ein wenig Nähe zum Publikum war jedoch drin: Beim Titelsong “Kings Of Surburbia” durften zumindest fünf Fans auf die Bühne. Bill Kaulitz verließ diese dann gemeinsam mit ihnen, und so blieb auch Zeit, dass Bruder Tom endlich sein Gitarrensolo hinlegen durfte.

Dann war der richtige Moment für ein paar Balladen gekommen, die das Publikum zu den größten Emotionen rührten. Der exzentrische Frontmann Bill wechselte inzwischen erneut sein Outfit und nach einem schwarzen Motorradanzug Teil mit grünen Applikationen kam er nun mit einem tunikaartigem weißen Oberteil zurück aus seiner Garderobe.

Nach etwa 90 Minuten hatte der Spuk dann ein Ende. Mit dem “Monsun” gab es noch den erwarteten Hit mit auf den Weg – und im Gegensatz zu den vergangenen Konzerten wurde der Fan diesmal nicht von den besorgten Eltern draußen erwartet. Tokio Hotel überzeugten davor keineswegs, sondern hinterließen den Eindruck einer künstlerischen Orientierungslosigkeit.

(APA)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Tokio Hotel abgehoben in Wien: Erwachsen werden ist nicht leicht
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen