AA

Todesurteil gegen Aum-Sektenführer Asahara

Er wurde für schuldig befunden, seine Anhänger zu 13 Verbrechen der Sekte mit insgesamt 27 Todesopfern angestiftet haben, darunter auch das Giftgas-Attentat in Tokio im März 1995.

Fast neun Jahre nach dem tödlichen Giftgas-Anschlag auf die Tokioter U-Bahn ist der Sekten-Guru Shoko Asahara am Freitag zum Tode verurteilt worden. Ein Gericht befand den halb blinden Gründer der Endzeit-Sekte Aum Shinrikyo in erster Instanz in allen 13 Anklagepunkten für schuldig, Drahtzieher mehrerer von seinen Jüngern begangener Morde und Mordversuche mit insgesamt 27 Toten gewesen zu sein. Dazu zählt der Sarin-Gasanschlag auf die U-Bahn der japanischen Hauptstadt, bei dem am 20. März 1995 zwölf Menschen ums Leben gekommen und Tausende verletzt worden waren. Mit dem 48-jährigen Asahara, mit bürgerlichem Namen Chizuo Matsumoto, wurde der letzte von 189 Angeklagten verurteilt, davon zwölf zum Tod durch den Strang. Keines der Todesurteile wurde bisher vollstreckt. Auch Asaharas Verteidiger legten sofort Berufung ein, womit sich der seit fast acht Jahren andauernde Jahrhundert-Prozess gegen ihn noch lange hinziehen dürfte. Die Verteidigung hält Asahara, der seit Prozessauftakt fast nur geschwiegen hat und das Urteil unbewegt vernahm, für schuldlos. Seine Jünger hätten eigenmächtig gehandelt, so die Argumentation. Angehörige von Opfern reagierten mit einer Mischung aus Genugtuung über das erwartete Urteil und Verärgerung über die Gleichgültigkeit des Staates gegenüber den Opfern. „Ich wünsche mir, dass Asahara so schnell wie möglich verschwindet”, sagte eine Frau, die ihren Sohn bei dem Giftgas-Anschlag in Tokio verloren hatte. Zugleich beklagte sie, dass der Staat sich nicht um die Opfer kümmere. Manche der Betroffenen konnten sich aus der Konkursmasse einiger Firmen der Sekte in Zivilprozessen bescheidene Entschädigungssummen erstreiten. Die Regierung jedoch hat für die medizinische Betreuung nichts bezahlt. Fast 4.700 Menschen hatten sich am Freitagmorgen vor dem von Sicherheitskräften bewachten Gerichtsgebäude eingefunden, um einen der 38 per Los vergebenen Zuschauersitze zu ergattern. Das sind allerdings deutlich weniger als an dem Tag, als Asahara 1996 erstmals im Gericht erschien. Damals interessierten sich noch 12.000 dafür. Der Medienrummel um die Urteilsverkündung erinnerte Beobachter an den damaligen Schock über den Massenmord und das gesellschaftliche Trauma. Der Anschlag hatte die Überzeugung der Japaner zerstört, in einem Sicherheitsparadies zu leben. Der Polizei war vorgeworfen worden, nicht schon viel früher gegen Asahara vorgegangen zu sein. Doch statt die Hintergründe der gesellschaftlichen Katastrophe tiefgehend zu analysieren, wurde Asahara laut Kritikern nur zu einem unmenschlichen – und damit nicht „japanischen” – Monster abgestempelt. Schuldlose Mitläufer der Sekte wurden zum Staatsfeind Nummer eins erklärt. Obgleich sich die in Aleph umbenannte Sekte von Gewalt losgesagt hat, steht sie weiter unter scharfer staatlicher Bewachung.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Todesurteil gegen Aum-Sektenführer Asahara
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.