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Tihic: Dodik gefährdet die Verfassungsreform

Der führende bosniakische (muslimische) Politiker in Sarajevo Sulejman Tihic ist "nicht optimistisch", was die Fortsetzung der im Oktober eingeleiteten Gespräche über eine Verfassungsreform anbelangt.

Der Chef der Partei der Demokratischen Aktion (SDA) äußerte sich gegenüber der Tageszeitung “Dnevni avaz”, nachdem ein Treffen zu diesem Thema mit den führenden Politikern der drei Haupt-Volksgruppen am Samstag in Mostar gescheitert war.

“Dodik hat den Prozess (der Verfassungsreform) gefährdet, indem er in Mostar ein Ultimatum stellte”, präzisierte Tihic. Die Situation in Bosnien habe sich danach “erneut zugespitzt”, meinte Tihic. Neben dem bosnisch-serbischen Premier Milorad Dodik war auch Dragan Covic, Chef der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) in Mostar anwesend.

Dodik forderte dort eine Ausweitung des bestehenden Vetorechts der drei Staatsvölker – Bosniaken, Serben und Kroaten -, durch das schon bisher der Entscheidungsmechanismus auf gesamtstaatlicher Ebene schwer belastet wurde. Durch die Verfassungsreform sollen die beiden Landesteile (Entitäten), die Bosniakisch-Kroatische Föderation und die Serbische Republik (Republika Srpska) nach Meinung Dodiks zudem auch das Recht auf Selbstbestimmung bzw. auf ein Unabhängigkeitsreferendum bekommen. Die Verfassungsreform sollte demgegenüber die Funktionstüchtigkeit des Gesamtstaates steigern.

Tihic, Dodik und Covic hatten sich im Oktober über die Einleitung des Verfahrens zur Verfassungsreform geeinigt. Die Idee, dass sich Bosnien künftig aus vier territorialen Einheiten zusammensetzen soll, wurde von den Teilnehmern des Treffens in Mostar unterschiedlich gedeutet. Während für Dodik unter der Entstehung neuer Einheiten nur die größere Entität, die Bosniakisch-Kroatischen Föderation, betroffen sah, meinte Tihic, dass auch die Republika Srpska davon betroffen sein könnte.

“Die Spannungen nehmen leider zu (…) Wir werden in die Zeit der nationalistischen Rhetorik, wo es keinen Dialog gibt, zurückkehren. Eine solche Situation kann gewiss nicht zur Lösung von Problemen führen und erschwert die Erfüllung von Voraussetzungen für den EU-Beitritt (Bosniens). Es ist schwer zu prognostizieren, ob dies zu Konflikten – kriegerische Auseinandersetzungen eingeschlossen – führen wird”, zeigte sich Tihic gegenüber dem Blatt äußerst pessimistisch.

Durch das Friedensabkommen von Dayton wurde Bosnien Ende 1995 nach dem Krieg als kompliziertes Staatsgebilde auf die Beine gestellt. Ein erster Versuch, den Staat durch eine Verfassungsreform funktionsfähiger zu machen, war vor drei Jahren bereits einmal gescheitert.

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