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"Tiefsitzende Unsicherheit in der Bevölkerung": Österreicher rüsten auf

Bürgerwehren, Pfeffersprays. Waffen - Österreicher rüsten auf
Bürgerwehren, Pfeffersprays. Waffen - Österreicher rüsten auf ©Bilderbox.at (Sujet)
Bürgerwehren, Pfeffersprays und Waffenscheine: In ganz Österreich häuft sich die Nachfrage nach Ausrüstungen zur Selbstverteidigung.
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“Es gibt schon länger eine tiefsitzende Unsicherheit in der Bevölkerung”, erklärte der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl gegenüber der APA. Die Übergriffe von Köln seien nun eine zusätzliche Initialzündung gewesen.

Rolle der sozialen Medien

Die Sozialen Medien spielen bei dem Phänomen eine zentrale Rolle. Über Facebook schließen sich etwa inWien gerade Personen zusammen, um gemeinsam eine Bürgerwehr aufzustellen. “Wir wollen nicht die Arbeit der Polizei machen. Wir wollen unseren Bürgern das Gefühl geben, dass jemand auf sie schaut, wenn es dunkel wird. Wir werden uns als Verein im Rahmen der Nachbarschaftshilfe bewegen”, schreiben die Organisatoren. Seitens der Polizei läuft eine Überprüfung der Gruppe.

Mehr Nachfrage nach Waffen

Auch die Waffenverkäufe sind gestiegen. “Ich verkaufe mehrere Glocks in der Woche, das war früher nicht so”, sagte etwa der Besitzer des Waffengeschäfts doubleaction, Gerhard Pöpl. Pfeffersprays sind überhaupt ausverkauft. “Ich bekomme heute eine neue Lieferung.” Damit liegt Pöpl ganz im Trend. “Österreichweit kann man von einer Zunahme von 50 Prozent bei Verkäufen von Pfeffersprays ausgehen”, sagte Branchensprecher Robert Siegert.

Auch bei den B-Waffen wie Pistolen ist von einer Steigerung auszugehen. “Wir haben im Herbst eine große Zunahme an Anträgen für Waffenbesitzkarten verzeichnet”, sagte Siegert. Dies würde sich nun in den Verkaufszahlen widerspiegeln. 2015 bedeutete für die Branche auch generell ein Trendwende: Die Zahl der Waffenbesitzkarten war zuvor nämlich rückläufig.

Österreicher sind verunsichert

Für Kreissl sind die Phänomene Ausdruck einer tief sitzenden Verunsicherung der Österreicher. Die Grundfeste des persönlichen Sicherheitsgefühls wie eine sichere Arbeitsstelle und eine dauernde Partnerschaft seien heute vor allem durch die Globalisierung nicht länger gegeben. “Gleichzeitig haben die Menschen immer weniger Kontrolle über ihren Alltag”, sagte der Kriminalsoziologe. Bei internationalen Konzernen reiche etwa bereits ein Beschluss, Standorte zu verlegen “und schwupps – sind in einem Land tausend Leute arbeitslos”.

Flüchtlingssituation sorgt für Ängste

Diese Verunsicherung schwelt schon länger innerhalb der Bevölkerung. Die Flüchtlingssituation habe den Ängsten nun eine einfache Projektionsfläche geliefert. “Die Vorfälle in Köln waren sicherlich eine weitere Initialzündung”, sagte Kreissl. Neben der Politik verliere nun auch die Polizei als staatliches Ordnungsorgan zunehmend das Vertrauen der Bevölkerung. Dabei spiele es keine Rolle, dass die Ängste meist völlig unbegründet sind. “Ich kann jemandem tausend Mal erklären, dass es in Wien extrem unwahrscheinlich ist, Opfer einer kriminellen Tat zu werden, aber ich komme dann einfach nicht mehr durch”, sagte der Kriminalsoziologe.

Kreissl rechnete damit, dass die Stimmung wohl noch einige Wochen lang angespannt bleibt. Doch sobald die mediale Aufmerksamkeit wieder einen anderen Schwerpunkt bekommt, werde sich wohl auch die Bevölkerung wieder entspannen.

(APA)

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