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Tibeter begrüßen in Wien das Jahr der Erdmaus

Die Hymne Tibets, die Flagge Tibets und ein großes Bildnis des Dalai Lama - alles, was die Volksrepublik China verboten hat, war am Samstagabend in Wien hochwillkommen.

Im Jugendstiltheater auf der Baumgartner Höhe in Wien feierte die tibetische Gemeinschaft in Österreich Losar, das Tibetische Neujahrsfest, und begrüßte ausgelassen mit Gesängen und Tänzen “das Jahr 2135 der Erdmaus”.

Die rund 300 Mitglieder zählende tibetische Gemeinde in Österreich war fast vollzählig erschienen, aber auch Gäste aus der Schweiz und Deutschland waren angereist. “Der Dalai Lama ist für uns alles. Wenn man keine Heimat hat, ist er Vater, Mutter und Heimat”, ließ Tseten Zöchbauer, die Präsidentin der Tibeter Gemeinschaft Österreich, keinen Zweifel am Stellenwert des tibetischen Exil-Oberhaupts.

Mit diesen Worten umriss sie das Schicksal Hunderttausender Exil-Tibeter, die auf der ganzen Welt verstreut leben und in dem in Indien lebenden Dalai Lama ihre geistige Zuflucht finden. Sie hat selbst ein Flüchtlingsschicksal erlitten, ist in der Schweiz bei Zieheltern aufgewachsen und hat ihr Leben in Österreich der hiesigen kleinen Tibet-Gemeinde gewidmet. Bereits am Vormittag hatte Losar mit der traditionellen Rauchopferzeremonie begonnen, die ein eigens aus Barcelona angereister buddhistischer Mönch vornahm. Karl Habsburg, der vor Jahren die Schirmherrschaft über die Exil-Tibeter in Österreich innehatte, als die Gemeinschaft in Österreich gegründet wurde, nahm an der Zeremonie teil. Buttertee (Pötscha) und Neujahrsreis (Desi) wurden gereicht.

Am Nachmittag wurden im Jugendstiltheater Filme gezeigt, unter anderem ein Streifen über “Tibet und die Olympischen Spiele”. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die Teilnahme eines tibetischen Teams bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking abgelehnt. China nützt das sportliche Weltereignis, um Tibet als homogenen Teil der Volksrepublik zu präsentieren. In Wahrheit bedrohen der massive Zuzug der Chinesen in das tibetische Hochland und die systematische Sinisierung den Untergang der tibetischen Kultur. “Tibet droht in einem Meer von Chinesen unterzugehen”, so Zöchbauer. Umso wichtiger sei es, dass die tibetische Jugend im Exil die authentischen Lieder und Tänze lerne und pflege.

Davon legten die Tibeter dann am Abend beim “Himalaya-Freundschaftsball” Zeugnis ab, den sie gemeinsam mit “Brüdern und Schwestern” aus den Nachbarstaaten Nepal und Mongolei bestritten, alle in festlicher traditioneller Tracht. Die tibetische Tanzgruppe wurde ebenso mit großem Beifall bedacht wie der mongolische Sänger, die anmutige nepalesische Tänzerin und die tibetische Kindertanztruppe. Zum Dank wurden ihnen Kathas, weiße Glücksschleifen, um den Hals gelegt. Daneben gab es tibetische Momos und andere Spezialitäten zu verkosten sowie Kunsthandwerkliches zu erwerben. Als besonderer Freund Tibets wurde in diesem Jahr der Schauspieler Ernst Stankowski geehrt.

Das Losar-Fest ließ die Tibeter in Wien für einen Abend das Schicksal vieler ihrer Landsleute vergessen, auf das auch der US-Schauspieler Richard Gere in einem ebenfalls gezeigten Film hinweist. In dem Streifen “Richard Gere’s Message” wird unter anderem an die Ereignisse von September 2006 am Nangpa-Pass erinnert. Bei einer nach Angaben der chinesischen Regierung “normalen Grenzaktion” wurde damals eine tibetische Nonne an der Grenze zu Nepal erschossen.

Alljährlich fliehen nach Angaben der International Campaign for Tibet (ICT) bis zu 3.000 Tibeter über die Berge des Himalaya ins benachbarte Ausland. Mehr als ein Drittel sind Kinder, die von ihren Eltern auf tibetische Exil-Schulen geschickt werden. Viele sehen ihre Eltern nie mehr wieder. Auch viele Mönche und Nonnen, die ihre Religion frei praktizieren wollen, flüchten, genauso wie jene Tibeter, die wegen der chinesischen Massenzuwanderung keine wirtschaftliche Perspektive sehen. Sie nehmen eine lebensgefährliche Flucht über die hohen schneebedeckten Himalaya-Pässe in Kauf – wie einst der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete 14. Dalai Lama selbst.

Roman Zeisel, Vorstandsvorsitzender des Fußballclubs SC Wiener Viktoria, will im Frühjahr eine Initiative setzen und die tibetische Nationalmannschaft für zwei Spiele nach Wien holen. Mitte April sollen die Kicker, die größtenteils in Indien leben, in die Bundeshauptstadt kommen. Der heimische Club stellt Trainingsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Matches sollen ebenfalls von einem tibetischen Kulturprogramm umrahmt werden, wünscht sich Zeisel, wie er zur APA sagte.

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