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Tempo 140: Gestraft wird erst ab 159 km/h

Auf zwei Teststrecken in Nieder- und Oberösterreich sind ab Mittwoch 140 km/h erlaubt.
Ab August Tempo 140 erlaubt
Tempo 140! Das sagt Hofer

Wer auf den rund 88 Kilometern zwischen Melk und Oed sowie den 32 Kilometern zwischen Haid und Sattledt zu schnell unterwegs ist, kann mit einer gewissen Toleranz bei den Messungen rechnen – und damit im Land ob der Enns theoretisch sogar mit knapp unter 159 km/h straflos davonkommen. Bei den Tempomessungen werden sogenannte Eichtoleranzen berücksichtigt – und das wird laut Medienberichten in den beiden Bundesländern unterschiedlich gehandhabt.

Bei Radargeräten werden bei Geschwindigkeiten über 100 km/h fünf Prozent und darunter fünf km/h abgezogen, bestätigte Willy Konrath, stellvertretender Leiter der Landesverkehrsabteilung Niederösterreich. Das entspricht bei erlaubten 140 km/h dann Tempo 147. Bei Messungen mit Laserpistole ist die Toleranz geringer, sie beträgt drei Prozent bzw. drei km/h – was Tempo 144,2 und eine Strafe ab 145 km/h ergibt.

Toleranz von zehn km/h festgelegt

Der Leiter der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich, Oberst Klaus Scherleitner, spricht von einem “Auslösewert” bei den Radargeräten, ab dem Fotos von Schnellfahrern gemacht werden. Dafür wurde eine Toleranz von zehn km/h festgelegt – ab dem elften km/h wird gestraft, somit ab Tempo 151. Allerdings kommen noch die fünf Prozent Eichtoleranz, womit das zusammengezählt 159 km/h sind.

Anders ist das bei Laserpistolen, wie Scherleitner erläutert: Da diese nicht automatisch messen, sondern von einer Polizistin oder einem Polizisten bedient werden, muss auch kein “Auslösewert” eingestellt werden. Daher kann die Exekutive an Ort und Stelle auch schon früher tätig werden. Bei geringen Übertretungen mit wenig Gefährdungspotenzial kann noch eine Abmahnung oder ein Organstrafmandat möglich sein, dessen Untergrenze 30 Euro beträgt.

Es kann aber auch schon eine Anzeige erfolgen, ab Tempo 180 ist das ein Muss. Bei Anzeigen beträgt der Einstiegspreis 50 Euro, es drohen aber je nach Überschreitung auch empfindlich hohe Beträge und Führerscheinentzug.

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APA ©Teststrecken mit Tempo 140.

In Oberösterreich wird nach dem 1. August “genauso wie vorher kontrolliert”, kündigt Scherleitner an. Dazu kommen Radargeräte, Zivilstreifen und Laserpistolen zum Einsatz. Eigene Statistiken über einzelne Strecken werden nicht geführt, wenn nicht noch entsprechende Erlässe kommen. In Oberösterreich sind im vergangenen Jahr 679.000 Anzeigen erfolgt, dazu kommen noch die Organmandate.

Auch aus Niederösterreich heißt es, wenn keine Anordnung vom Verkehrsministerium komme, “werden wir so überwachen wie alle anderen Strecken auch”, sagte Konrath auf Anfrage. Ob bereits zum Start am Mittwoch gemessen werde, wurde nicht bekanntgegeben. Anzeigen werden laut Konrath den Behörden übermittelt. Die Höhe der Strafen sei Angelegenheit der Behörden.

Anhalteweg wird deutlich länger

Auf den zwei Teststrecken für Tempo 140 wird man aufgrund der Messtoleranzen theoretisch auch mit höheren Geschwindigkeiten ohne Strafe davonkommen. Das sollte man schon aus Gründen der Verkehrssicherheit besser unterlassen. Der Anhalteweg nimmt nämlich laut ÖAMTC-Berechnung bereits von 130 auf 140 km/h auf trockener Strecke von 101,3 auf 114,5 Meter zu. Bei Regen sind es 129,3 bzw. 146,9 Meter.

Bei Tempo 159, erst hier schießen die oberösterreichischen Radargeräte ein Foto, benötigt ein Autofahrer theoretisch 141,70 Meter, um seinen Wagen bei trockener Fahrbahn zu stoppen. In Niederösterreich “blitzt” es spätestens bei 147 km/h, was einen Anhalteweg von 124,20 Metern entspricht.

Der Anhalteweg setzt sich laut ÖAMTC-Techniker David Nose aus dem Reaktions- und dem Bremsweg zusammen. Die Reaktionszeit ist ein wesentlicher Faktor und kann von einer halben bis zu zwei Sekunden reichen. Für Berechnungen geht man von einer Sekunde aus, die vergeht, bis der Fahrer die Bremse betätigt. In dieser Zeit hat man bei 130 km/h 36,11 Meter, bei 140 km/h 38,89 und bei Tempo 159 sogar 44,17 Meter zurückgelegt.

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Anhalteweg wird länger.

Für den eigentlichen Bremsweg sind neben dem Tempo einige Faktoren entscheidend: Neben der Witterung ist das etwa der Zustand der Fahrbahn, je rauer, desto mehr Grip, betonte Nose. Und je besser die Reifen (Profil, Alter, etc.), desto schneller bleibt das Fahrzeug stehen. Ist der Pkw jedoch sehr schwer, dauert es noch länger bis zum Stillstand.

Greenpeace kritisiert höhere Schadstoffe

Greenpeace hat das mit 1. August genehmigte Tempo 140 auf zwei Teststrecken der Westautobahn kritisiert. “Damit steigt die Unfallgefahr, und es werden deutlich mehr gesundheitsgefährdende Luftschadstoffe wie Stickstoffdioxide sowie Treibhausgase ausgestoßen”, hieß es in einer Aussendung der Umwelt-NGO.

Der VCÖ wies auf mehrere negative Auswirkungen von Tempo-140 hin. Da sich der Bremsweg verlängert, steige die Unfallgefahr. Auch der Schadstoffausstoß erhöhe sich rasant. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes werden bei einem durchschnittlichen Auto 16,4 Prozent mehr Stickstoffoxide ausgestoßen als bei Tempo 130. Beim Feinstaub sind es 18,6 Prozent mehr. Der CO2-Austausch steigt um 10,6 Prozent.

Greenpeace forderte von Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ), “das fragwürdige Experiment sofort zu stoppen, um Mensch und Natur keinem weiteren Risiko auszusetzen”. Stattdessen sollte die Regierung in den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel investieren.

“Mit der Tempo-140-Strecke begibt sich Verkehrsminister Hofer auf eine umweltpolitische Geisterfahrt: Anstatt unsere Umwelt zu schützen, verpestet das die Luft und erhöht das Unfallrisiko”, sagte Adam Pawloff, Klima-Sprecher bei Greenpeace in Österreich. Hofer entpuppe sich als “Minister der Autolobby und die Klimaschutz-Ambition der Regierung als reine Augenauswischerei”.

(APA)

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