Tanzen ist ein Sport, bei dem das Auge über Sieg oder Niederlage entscheidet. Das Auge jener Damen und Herren, die als Wertungsrichter am Rand des Parketts stehen. Für das Aussehen vergeben sie natürlich – wie sie selbst nur allzu gerne versichern – keine Punkte. Der Gesamteindruck sollte aber stimmig sein, alles zueinander passen.
Ein wesentlicher Punkt dieses Gesamteindruckes ist das passende Outfit. Für die Standardtänze, in denen es vor allem um die Ausstrahlung von Eleganz geht, werden dementsprechend weite, leichte Tanzkleider gewählt. So werden die Drehungen optisch unterstützt, beinahe schwerelos scheinen die Paare über das Parkett zu schweben.
Ganz anders verhält es sich bei den Lateinamerikanischen Tänzen. Hier ist pure Emotion gefragt. Leidenschaft, Verlangen, Sinnlichkeit sollen die Paare zeigen. Die Kleider der Damen und Herren bestehen aus möglichst wenig Stoff. Wie wenig möglichst wenig sein darf, das ist von den Tanzverbänden genau festgelegt.
Die Oberkörper der Herren müssen bekleidet sein, Ausschnitte sind erlaubt. Das Gesäß der Damen muss jederzeit bekleidet sein, egal wie hoch der Rock bei schnellen Drehungen aufgeht. Bei Verstoß gegen diese Reglements werden die Paare aufgefordert, sich umzuziehen. “Meistens haben die Damen Ersatzkleider dabei,” sagt die ehemalige österreichische Staatsmeisterin Agnes Speiss-Twaroch, mittlerweile Wertungsrichterin. Man gehe schon an die Grenzen, aber “zu viel nackte Haut ist nicht gut für den Sport,” meint die Wienerin.
“Sobald es Vorschriften gibt, wird man natürlich immer versuchen, so knapp wie möglich an diese heranzukommen,” weiß Schneidermeisterin Maria Smodics-Neumann, die ein Maßatelier für Turniertanz und Eiskunstlauf in Wien betreibt.
Prinzipiell gehe es beim Outfit darum, die Beine möglichst lang aussehen zu lassen. Bei den Herren versucht Smodics-Neumann das durch Schwarz zu erreichen: “Eine schwarze lange Hose streckt die Beine.” Mit den richtigen Farben und Schnitten ließen sich auch Figur- oder Haltungsmängel kaschieren. Dass die angesprochenen “Mängel” allerdings nur Zentimeter von der Perfektion entfernt sein dürften, sieht man, wenn die Paare ins Scheinwerferlicht der Halle treten.
Martin Ucik