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Tag drei am Nova Rock brachte ESC-Kandidat und Hardcorelegenden

Nova Rock wartete am dritten Tag mit Baby Lasagna auf.
Nova Rock wartete am dritten Tag mit Baby Lasagna auf. ©APA/FLORIAN WIESER
Das Nova Rock Festival im Burgenland steuert auf sein Ende zu. Am vorletzten Tag waren unter anderem Baby Lasagna - beim Eurovision Song Contest 2024 auf Rang zwei - und die schwedischen Hardcorelegenden Refused am Start.
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Ein Hauch Song Contest ist am Freitag über die Pannonia Fields gezogen: Immerhin war mit Baby Lasagna der Zweitplatzierte des letztjährigen ESC zu Gast beim Nova Rock und heizte dem Publikum mit druckvollen Songs zwischen Pop, Elektro und Metal ein. Für gute Stimmung war gesorgt, während die schwedischen Hardcorelegenden Refused zum Abschied luden - diesmal wohl endgültig. Der Grund? "Wir wollen unsere Freundschaft retten", so Drummer David Sandström.

Bereits Ende der 1990er haben sich Refused zum ersten Mal von der Bildfläche verabschiedet. Und das just zu dem Zeitpunkt, als das 1998 erschienene Album "The Shape of Punk to Come" so richtig abhob und mit seinem komplexen Noiserock vom Underground-Tip zur Heavy-Rotation auf MTV führte - man erinnere sich an das legendäre "New Noise"-Video. Doch die Band war damals restlos zerstritten. "Es war traumatisch", erinnerte Sänger Dennis Lyxzén, der in der Folge unterschiedlichste Formationen (mit)begründete, im APA-Gespräch.

"Du musst dich mit deinen Fehlern auseinandersetzen"

Doch wie heißt es so schön: Die Zeit heilt alle Wunden. 2015 folgte das Comeback-Album "Freedom", man ging wieder auf Tour und schrieb an weiterem Material. Aber wirklich zufrieden? Nein, sei man eigentlich nicht gewesen, wie der ziemlich selbstkritische Sandström anmerkte. "Ich wollte längst andere Musik machen, aber das klang nicht nach Refused. Also wurde es ein eigenartiges Zwischending. Aber du musst dich mit deinen Fehlern auseinandersetzen." Nur so könne man sie verarbeiten und daran wachsen.

Sukzessive wurde den Musikern klar: Refused wird in dieser Form keine Zukunft haben. "Es gibt viele verschiedene Gründe. Aber die schönste Antwort ist wohl: Refused ist immer unserer Beziehung in die Quere gekommen", zeigte Sandström auf seinen Kollegen und sich. Am glücklichsten sei man gewesen, als die Band nicht existierte. Die logische Schlussfolgerung? "Wir zwei waren von Anfang an dabei. Wenn einer von uns keinen Bock mehr hat, dann war es das", nickte Lyxzén. Ursprünglich waren im Vorjahr rund 15 Abschiedsshows geplant. "Doch dann hatte ich einen Herzinfarkt", erzählte der Sänger. "Oder nicht. Vielleicht wollte er auch heuer einfach 60 Shows spielen", neckte ihn sein Kollege.

Ziel sei nun, den vielen Fans die Möglichkeit zu geben, "uns noch mal zu sehen", resümierte Lyxzén. "Es ist schön, wenn die Leute kommen und das Erbe dieser Band feiern können. Sie erhalten noch mal die Gelegenheit, die alten Songs zu hören." Die haben immerhin eine ganze Generation an Hardcore-Kids beeinflusst, wie auch eine Coverplatte unterstreicht, die zuletzt als Zugabe einer Jubiläumsedition von "The Shape of Punk to Come" veröffentlicht wurde. Brutus, Touché Amoré und andere haben sich an ihren eigenen Versionen von Klassikern wie "The Deadly Rhythm" oder "The Apollo Programme Was A Hoax" versucht, mit durchschlagendem Erfolg.

Tag drei am Nova Rock mit Refused

Dass Refused fehlen werden, bewies auch der Gig am Nova Rock: Kompromisslos spielte sich das Quartett durch ein schlankes Set, das nur wenig Zeit zum Durchschnaufen ließ, dafür Lyxzéns Entertainer-Qualitäten unterstrich. Als zusätzliches Highlight schaute der in Nickelsdorf lebende schwedische Jazzsaxofonist Mats Gustafsson, mit dem Teile der Band als Backengrillen zusammenspielen, vorbei und gab es eine Kostprobe dieser nur auf den ersten Blick unwirklich erscheinenden Kombination. Politisch wurde es, wie bei Refused fast immer, natürlich auch. Und jetzt? Folgt noch eine Reihe an Clubshows im Herbst, bevor der Schlusspunkt im heimischen Umeå gesetzt wird. Danach werde man wieder eine neue Band gründen "Mit ganz anderem Sound", versprach Sandström. All die schrägen Ideen müssten schließlich irgendwie raus.

Baby Lasagna und Glueboys am Start

Sehr eigenwillig war auch Baby Lasagna. Der kroatische Musiker, durch seinen ESC-Beitrag "Rim Tim Tagi Dim" bekannt geworden, setzte auf knallende Beats und eine deftige Feuershow, die zeitweise die Sicht auf die Bühne ziemlich vernebelte. Es soll schließlich ordentlich rund gehen, dürfte die Devise gewesen sein. "Wer immer spielt, ob Metal oder nicht, wenn es Musik ist, die bewegt, dann sind die Leute auch offen dafür", hatte er vorm Auftritt der APA gesagt - und sollte damit recht behalten.

In diese Kerbe schlugen auch die heimischen Glueboys, heuer schon beim Amadeus Award in der Sparte "Electronic/Dance" erfolgreich: Das Trio spielte mit Bandformation auf der Red Bull Stage und stachelte das Publikum ordentlich an. "Mit voller Truppe am Start zu sein, ist wirklich was Neues. Wir sind sehr hyped", freute sich Isaak Kaserer wenige Stunden davor. "Festival ist immer etwas Besonderes, das hebt sich schon von einem Clubgig ab", pflichtete ihm Arthur Gobber bei. Man wolle in jedem Fall das Beste herausholen.

Musikalisch sind die Glueboys jedenfalls nur schwer festzunageln, liegen die Ursprünge doch eher im Reggae, bevor man Richtung Mundart-Hip-Hop mit clubbigen Beats und viel Humor abgebogen ist. "Wir sind sicherlich mehr als nur Après-Ski", nickte Kaserer, "und nehmen die Musik wirklich ernst." Dieser Variantenreichtum mache es auch schwer zu sagen, was ein Glueboys-Track brauche. "Es kommen einfach verschiedene Genres zusammen", so Maximilian Stöckl, der lachend nachlegte: "Was die Glueboys-Magie ist? Keine Ahnung. Wahrscheinlich die goldene Mischung aus uns drei." Nach dem Sommer liegt der ganze Fokus der Gruppe jedenfalls auf der "Seidlrallye"-Tour, die sie im Dezember quer durch Österreich führt.

Nova Rock: Bewährtes überzeugt: Slipknot lieferten wieder ab

Never change a winning team: Oft und gern wird darüber gelästert, dass große Rockfestivals beim Booking auf Nummer sicher gehen. Aber wenn eine Band wie Slipknot so abliefert wie Freitagnacht beim Nova Rock in Nickelsdorf, dann lässt sich partout kein Haar in der Suppe finden. Corey Taylor und seine maskierten Männer punkteten mit einer Machtdemonstration, die auf ganzer Linie zu überzeugen wusste. So wie übrigens vieles an diesem Festivaltag.

Präzision und Leidenschaft

Wenn die Nacht über den Pannonia Fields hereinbricht, ist die Zeit für ein wenig Gruselspaß. Das hat sich heuer erneut bewahrheitet, selbst wenn Slipknot ohne neues Material, dafür mit einem waschechten Best-of-Set sowie einigen kleinen Besonderheiten vorbeischauten. Frühe Hits wie "Wait and Bleed" durften dabei ebenso wenig fehlen wie brutale Kracher vom Kaliber "The Heretic Anthem". Zwar hat die Band im Laufe der Zeit einige personelle Wechsel durchgemacht, aber die Präzision und Leidenschaft, mit der hier nach wie vor zu Werke gegangen wird, lässt alle Kritiker sofort verstummen.

Wie es sich für ein mehr als solides Slipknot-Konzert gehört, kam aber auch die melodiösere Seite nicht zu kurz, wurden doch am Ende des regulären Sets die Hymnen "Unsainted" und "Duality" in den Nachthimmel geschleudert. Dazwischen bedankte sich der wie stets charismatische Taylor für den jahrelangen Support des Publikums. Auch er hat erkannt, was er am Nova Rock sowie generell der österreichischen Metal-Fanbase hat. Das Rad muss nicht zwangsläufig neu erfunden werden, um reibungslos zu laufen. Nach gut eineinhalb Stunden war Schluss und beide Seiten wissen: Die Zugabe wird folgen, Geduld ist eine Tugend.

Trickkiste, Hype und Dienst nach Vorschrift

Auch davor gab es keinen Grund zur Klage: Die australischen AC/DC-Epigonen Airbourne gruben tief in der Hardrock-Trickkiste, ließen sich auf Fanschultern tragen und schupften ein grooviges Rock'n'Roll-Riff nach dem anderen raus. Als massive Wand trat hingegen der Deathcore-Hype Lorna Shore auf, wobei die US-Band mit "Oblivion" bereits einen Vorgeschmack auf das im Herbst erscheinende Album "I Feel the Everblack Festering Within Me" lieferte. Sänger Will Ramos, der nahtlos von heftigen Growls zu Pigsqueals und zurück wechselte, wickelte die Masse um den kleinen Finger. Einen Besuch wert war auch die US-Band Thrice, die zwischen Hardcore und Alternative changierte, dabei aber trotz großartiger Songauswahl ein wenig das Gefühl versprühte, an diesem Abend nur Dienst nach Vorschrift abzuliefern.

Für ein wenig Melodie sorgten die Schotten Biffy Clyro, die mit ihrem gerade erst veröffentlichten Song "A Little Love" eröffneten. Eine Botschaft, die die Welt wohl dringend benötigt. "Auf jeden Fall", nickte Bassist James Johnston im APA-Gespräch. "Das Leben kann einfach hart sein. Und auch Beziehungen können schwierig sein, es gibt oft ein Auf und Ab. Aber im Endeffekt wird sich die Liebe durchsetzen. Es fühlt sich derzeit tatsächlich so an, als ob die Menschen auseinanderdividiert werden. Wir müssen aber versuchen, wieder mehr Gemeinsamkeiten zu finden."

Biffy Clyro mit enormer Hitdichte

Vielleicht beim gemeinsamen Singen? Dafür sind Biffy Clyro tatsächlich immer gut: Schunkelstimmung verbreitete "The Captain", das feinsinnige "Biblical" lud zum Träumen ein und "Mountains" öffnete die Herzen. Trotz anfänglicher Soundprobleme leistete das live von etlichen Mitmusikern unterstützte Trio auf ganzer Linie ab, wobei man Sänger und Gitarrist Simon Neil einfach zugutehalten muss, dass er unwiderstehlich Melodien aus dem Ärmel schütteln kann. So gab es eine Hitdichte, die ihresgleichen suchte. Und gute Nachricht: Neues Material wird wohl nicht mehr allzu lang auf sich warten lassen.

Metalmesse zum Abschluss

Powerwolf waren als Tagesabschluss um Mitternacht auf der Blue Stage angesagt. "Normalerweise spielen wir lieber in die Dämmerung rein", sagte Keyboarder und Organist Falk Maria Schlegel im Gespräch mit der APA. "Wenn es langsam dunkel wird, hat das einen natürlichen Lichteffekt. Ich bin aber überzeugt, dass es um Mitternacht am Nova Rock eine riesen Party wird." Dazu hat die deutsche Power-Metal-Formation nicht nur ihre Songs, sondern auch zahlreiche Showelemente mitgebracht. "Unser Credo ist die Metalmesse, um das Publikum zu unterhalten."

Mit "Bless 'em With the Blade" legte die Band los, die Erfolgssingle "Demons Are a Girl's Best Friend" durfte ebenso wenig fehlen wie Schlegels theatralisches Stage-Acting und Sänger Attila Dorns "Segnung" des Publikums. "Es ist ein riesen Spektakel", so der Keyboarder. "Wir fackeln alles ab, was geht. Das hört sich klischeehaft an, aber genau das ist es ja auch. Wir sagen grundsätzlich immer: mehr ist mehr. Wenn Attila das Umfeld segnet, dann hält der Segen ewig. Wir bringen den Metalsegen hier nach Nickelsdorf vor die Blue Stage, das ist dann heiliger Boden."

Tschebberwooky statt Greeen

Reggae-Vibes hatten auch auf der Red Stage Platz: Tschebberwooky, laut Selbstbeschreibung Roots-Acoustic-Reggae-Dub-Ska-Dance-Band aus Österreich, war für den Rapper Greeen eingesprungen, der sich krank meldete. Die Conga-Schlange war schnell gebildet, eine willkommene Alternative zum Moshpit. Direkt danach zogen auch Krautschädl ein großes Publikum an.

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(APA/Red)

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