AA

Tag 1 beim Nova Rock 2024: Auftakt mit harten Sounds von Hot Milk, Kerry King und Billy Talent

Das war Tag 1 beim Nova Rock 2024.
Das war Tag 1 beim Nova Rock 2024. ©APA/EVA MANHART
Musikalisch dominierten am ersten Nova Rock-Tag am Donnerstag vor allem rockige Töne. Energiegeladene Auftritte auf den Pannonia Fields lieferten unter anderem Hot Milk, Hanabie, Dogstar, Kerry King, Billy Talent und Green Day.
Wetter-Prognose für das Festival
Alle Bilder vom Nova Rock
Tages-Line-Up im Überblick

Die Ehre, das Nova Rock-Festival in musikalischer Hinsicht zu eröffnen, fiel am Donnerstag der britischen Formation Hot Milk zu. Bereits vor zwei Jahren begeisterten Hannah Mee und Kollege Jim Shaw die Fans, damals noch auf der kleineren Red Bull Stage. Nun wurde bei den Großen mitgespielt, was der live zum Quartett angewachsenen Gruppe auf der Hauptbühne spielend leicht von der Hand ging: Von Beginn an sorgte Mee mit ihrer Energie für gute Stimmung beim bereits reichlich erschienenen Publikum, während kantige Parts mit poppigen Einsprengseln gemischt wurden.

Britische Band Hot Milk sorgte für frischen Wind beim Nova Rock

"Wir hatten immer schon unrealistische Ziele, was unsere Karriere betrifft", lachte Shaw nach dem Auftritt im APA-Interview zu künftigen Vorhaben gefragt. "Aber dieser Antrieb hilft uns letztlich." Seine Sängerin pflichtete ihm bei: "Man muss das ganz frech angehen. Ich gehe immer zu den Festivalpromotern und sage zu ihnen: 'Oh, nächstes Mal haben wir dann den Headliner-Slot, nicht wahr?' Du musst dich einfach aus dem Fenster lehnen."

Das Duo aus Manchester hat im Vorjahr sein Debütalbum "A Call to the Void" veröffentlicht, heuer folgte eine Live-Platte. An neues Material wird aber bereits gedacht. "Wir wollen immer weiter machen, wollen den Leuten eine unvergessliche Zeit bereiten", sprach Mee die Bedeutung der Livekonzerte für Hot Milk an. "Ich habe schon ein grobes Konzept vor Augen, wir haben uns einiges vorgenommen." Eine Deadline gebe es jedenfalls, so Shaw, das bringe zwar Druck, sei aber auch wichtig. "Ich brauche das: Brutzel mich richtig heraus, dann bin ich wirklich köstlich zum Schluss", grinste Mee.

Silverstein und Hanabie begeisterten Festival-Besucher in Nickelsdorf

Ein kleiner Nostalgietrip war im Anschluss der Auftritt von Silverstein: Die kanadische Emocore-Gruppe um Sänger Shane Told gehörte Anfang und Mitte der 2000er zur Speerspitze des Genres, was auch die Textsicherheit vieler Nova Rocker erklärte. "Smashed into Pieces" vom Debüt wurde ebenso gefeiert wie das zunächst balladesk anhebende "My Heroine", das die Band schnell in härtere Gefilde überführte. "Das ist unsere erste Show in diesem Jahr", gab Told ziemlich motiviert zu Protokoll. "Wir sind aufgeregt!" Stimmt.

Ähnlich ging es Hanabie aus Japan: Die Frauenband mag zwar outfittechnisch mit überzeichneter Manga-Optik hantieren, musikalisch gab es aber ordentlich auf die Zwölf, wenn Shouterin Yukina wie ein pink-schwarzes Pikachu auf Höllentrip wirkte und sich die Seele aus dem Leib brüllte. Dazu servierte Gitarristin Matsuri massive Riffs in schneller Abfolge, was die Meute vor der Red Stage dankend annahm. Feierlaune herrschte auch bei den Donots: Die deutsche Punkband feiert heuer 30-Jahr-Jubiläum und das Publikum ließ die Gruppe zu Liveklassikern wie "We're not gonna take it" oder dem melancholischen Abschluss "So long" hochleben.

Jane's Addiction nach 30 Jahren wieder mit Auftritt in Österreich

Auch die 90er-Helden von Jane's Addiction waren nach mehr als 30 Jahren wieder einmal in Österreich zu erleben. Jane's Addiction um Sänger Perry Farrell und Gitarrist Dave Navarro, der für kurze Zeit auch bei den Red Hot Chili Peppers engagiert war, setzten ganz auf psychedelische Sounds und sphärische Klänge. Ihr Alternative Rock der alten Schule zog zwar nicht die Massen an, machte aber definitiv Lust auf mehr, sollte die Arbeit an neuem Material doch noch ein Album nach sich ziehen. "Derzeit sind es einfach ein paar Songs", gab sich Farrell vor dem Auftritt gegenüber der APA zurückhaltend. "Es geht immer um Kompromisse. In einer Band zu sein, ist schwieriger als eine Ehe. Es ist eine Ehe mal vier", schmunzelte der charismatische Sänger.

Live war das Quartett jedenfalls eine eingespielte Einheit: Besonders Navarro wirkte mit seinen Gitarrenläufen als Epizentrum, um das herum sich Schicht für Schicht der ausufernden Stücke aufbaute. "Summertime Rolls" war ein gutes Beispiel dafür, zog die Nummer doch nach einem melodiösen Einstieg immer mehr an, während sich Farrell um Kopf und Kragen sang. Er hoffe jedenfalls, dass die Leute ein bisschen auf seine Band hören. "Wir erleben gerade eine sehr schwierige Phase in der Geschichte der Welt. Die Politik lehnt sich mal nach links, mal nach rechts. Einige Leute sind wirklich schlimm. Dabei könnte unsere Welt so wunderbar sein."

Keanu Reeves gab nach Auftritt mit Band Dogstar Autogramme

Ein Traum ging für manche wohl in Erfüllung, als sich Keanu Reeves als Star zum Anfassen gab: Zwar war der Auftritt seines Trios Dogstar, das es sich musikalisch irgendwo zwischen Pearl Jam und U2 gemütlich gemacht hatte, kein Gig für die Ewigkeit - aber immerhin war der Schauspieler auch als Bassist eine sichere Bank. Einige Stunden später tauchte er dann sogar noch am Absperrgitter zum Backstagebereich auf und stand für Fotos sowie Autogramme zur Verfügung, klarerweise zur Freude seiner Anhänger. Auch das ist Festivalfeeling.

Ex-Slayer-Gitarrist Kerry King lieferte pures Testosteron auf Red Stage

Das Nova Rock mag mit gespülten, sauberen Toiletten-Boxen samt ausreichenden Waschgelegenheiten (ein Novum heuer) fast schon komfortabel geworden sein. Aber an rauer Härte hat es musikalisch um nichts verloren - zumindest wenn man sich für Kerry King auf der Red Stage und nicht für Dogstar entschieden hatte. Pures Testosteron lieferte der Ex-Slayer-Gitarrist mit seiner nach ihm benannten neuen Band ab.

Die Thrash-Ikone enttäuschte auch "solo" nicht: Seine Riffs, die Gitarrenduelle mit Ex-Machine-Head Phil Demmel, die kraftvollen Vocals von Mark Osegueda (Death Angel) und die druckvolle Rhythmussektion mit Kyle Sanders (Hellyeah) und Paul Bostaph (Slayer) kamen aus einem Guss bei bestem Sound. Die Formation brachte Songs von ihrem Debütalbum "From Hell I Rise", wobei Osegueda gegen die "fucked up" Politik überall auf der Welt derzeit" ("Toxic") und gegen organisierte Religion ("Crucifixation") anschrie. Aber auch Slayer-Klassiker wie "Disciple" und "Raining Blood" erfreuten die Fans. Daher durfte man sich durchaus wundern, warum die Stimmung zwar ausgelassen, aber die Reihen nicht unbedingt dicht geschlossen waren.

"Wir müssen Aggressionen rauslassen", rief Osegueda. Mit Feuer, Rauch und vor beleuchteten umgedrehten Kreuzen zogen King und Co. eine makellose Show ab. Wie das Gefühl sei, mit einer neuen Formation auf der Bühne zu stehen, verriet der 60-Jährige im Gespräch mit der APA: "Wir spielen dieselbe Art von Musik (wie Slayer, Anm.), aber rauszugehen und vor den Leuten zu stehen, nachdem mein Album erst weniger als ein Monat draußen ist, macht es durchaus spannend. Bei den ersten Konzerten habe ich mich wie ein Fisch aus dem Wasser gefühlt", so der Musiker mit einem Anflug von Lachen. "Aber ich habe gesehen, wie Leute einen Moshpit zu den alten, aber auch zu den neuen Songs bilden. Ich weiß nicht, ob mich diese Reaktionen überrascht haben, aber sie machen mich glücklich." Nur eines fehlte: Die Ketten, die King jahrelang bei jedem Slayer-Gig an seinem Hosenbein baumeln hatte. "Die habe ich in Pension geschickt."

Alien Weaponry und Palaye Royale als weitere Highlights

Bereits am früheren Nachmittag hatten sich Alien Weaponry eindrucksvoll auf der Red Stage vorgestellt. Die Mitglieder des Trios aus Neuseeland stammen von Māori ab und verfassen ihre Texte zum Teil auch in deren Sprache, eingepackt in erstklassigen Groove-Metal. Die Kultur und Geschichte ihrer Vorfahren ist in den Lyrics und im Sound präsent. "Für uns ist das wichtig, das war auch ein Grund, überhaupt loszulegen. Wir wollen die Leute auf das aufmerksam machen, worüber wir singen, sie aber auch inspirieren, aktiv zu werden", betonte Drummer Henry de Jong, der mit seinem Bruder Lewis de Jong (Gesang, Gitarre) die Band 2010 gegründet hat. Alien Weaponry sind beim österreichischen Label Napalm Records unter Vertrag "und sehr glücklich damit". Als Kulturvermittler hat das Trio natürlich eine klare Meinung zu kultureller Aneignung: "Wenn das jemand nur macht, um Geld zu verdienen, ist es nicht schön. Aber wenn jemand fremde Kulturen in seine Kunst aus Liebe einfließen lässt, weil es seine Passion ist, ist das eine ganz andere Sache."

Tolle Stimmung herrschte bei Palaye Royale, der Rockband aus Las Vegas um die Brüder Remington Leith, Sebastian Danzig und Emerson Barrett. Der Auftritt bot jede Menge Energie und Leidenschaft, die Hände vor der Red Stage wogen sich wie Meereswellen. Sänger Leith machte den perfekten Frontman, während seine Mitstreiter große Melodien und viel Groove hervorzauberten. Der Genremix aus melodischem Rock, Emo, ein bisschen Garage und kunstvollen Arrangements saß wie ein perfekt geschneiderter Anzug.

Aufregung am Festivalgelände: Mistkübel geriet in Brand

Für ein bisschen Aufregung abseits des musikalischen Programms sorgte am Nachmittag ein in Brand geratener Mistkübel. Die Feuerwehr Gols hatte die Situation jedoch rasch im Griff. Zahlreiche Schaulustige und mehr oder weniger talentierte Freizeitsportler zieht heuer eine Rollschuhbahn der ÖBB an, unweit davon entfernt lockt eine Disco auf den Dancefloor.

Green Day mit unterhaltsamer Show an Tag 1 beim Nova Rock

Green Day präsentierten sich als Headliner auf der Blue Stage in der Nacht auf Freitag nicht zum ersten Mal bei einem Nova Rock als perfekt eingespielte (live verstärkte) Band. Billie Joe Armstrong, auch mit 52 Jahren wie ein jugendlicher Schelm wirkend, und seine Kollegen legten mit "The American Dream Is Killing Me" vom aktuellen Album "Saviors" los, um sich dann ausgiebig den Klassikern "Dookie" und "American Idiot" zu widmen, die vor 30 Jahren bzw. 20 Jahren erschienen sind. Zum Jubiläum wurde ersteres fast komplett und zweites in ganzer Pracht dargeboten. Songs wie "Burnout", "Know Your Enemy" (mit weiblichem Fan als Gesangspartnerin auf der Bühne) und "Brain Stew" (samt kurzem Black-Sabbath-Tribut) vom 95er-Werk "Insomniac" repräsentierten im ersten Akt die punkig, harschere Seite der US-Formation.

In Teil zwei der Darbietung huldigten sich Green Day selbst, indem sie ihre komplexere und breitenwirksamere Masterarbeit "American Idiot" mit Verve zelebrierten. Lieder wie "Jesus of Suburbia", "Holiday" oder die temporeduzierten Stücke "Boulevard Of Broken Dreams" und "Wake Me Up When September Ends" altern einfach nicht. So wenig wie die Energie von Drummer Tré Cool, der mit Power die Marschrichtung vorgab - im perfekten Rhythmusverbund mit Bassist Mike Dirnt. Das hymnische "Good Riddence (Time Of Your Life) beendete eine ordentliche Darbietung, wie man sie von Green Day - mit wechselnder Setlist - über die Jahre immer wieder erlebt hat.

Green Day bedeutet aber nicht nur Musik zwischen Pop, Rock und Punk, sondern auch Show samt Feuersäulen und Detonationen. Ein (aufblasbares) Flugzeug wie am "Dookie"-Albumcover segelte über die Köpfe der Fans und ließ "Bomben" abfallen. Immer wieder animierte Armstrong die Massen und setzte zum Call-and-Response an. Dass er das extrem ausreizt, ist auch längst Green-Day-Ritual. Auf der zweiten Bühne, der Red Stage, gingen Gloryhammer noch einen Schritt weiter: Sänger Sozos Michael schwang einen überdimensionalen Hammer, dem er einen grünen Oger entrissen hatte. Die Parodie auf Powermetal-Klischees zog ein durchaus beachtliches und enthusiastisches Publikum an. Als Rausschmeißer fungierten schließlich Sisters of Mercy.

Auch kurzer Stromausfall stoppte Billy Talent nicht

Zum rekordverdächtigen siebenten Mal standen Billy Talent beim Nova Rock auf der Bühne: "Das ist das größte Festival in Österreich, und es hat uns den Durchbruch hierzulande gebracht", sagte Gitarrist Ian D'Sa im APA-Gespräch. "Wir sind wieder einmal hier und es ist immer noch aufregend." Das galt auch für das Publikum, das die Band nicht im Stich ließ und von Anfang an bei Nummern wie "Surrender" oder "Try Honesty" ordentlich Stimmung machte. Das knackige "Red Flag" gilt ohnehin als geheime Festivalhymne - da machte selbst ein kurzer Stromausfall nichts aus, gesprungen und gesungen wurde trotzdem.

Da die Kanadier aktuell kein neues Album zu promoten hatten, gab es ein astreines Hitprogramm, bei dem natürlich "Fallen Leaves" als großer Höhepunkt nicht fehlen durfte. "Ich mag es überhaupt nicht, dieses Lied zu proben", meinte Bassist Jon Gallant. "Wir haben das so oft gespielt. Aber wenn ich auf der Bühne stehe und die Reaktion der Leute spüre, dann liebe ich den Song immer wieder." Ohnehin sei die Band "die kraftvollste Vortragsweise für Rock'n'Roll", so Gallant, der mit einem Augenzwinkern nachschob: "In zwei Jahren sind wir wieder da."

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Tag 1 beim Nova Rock 2024: Auftakt mit harten Sounds von Hot Milk, Kerry King und Billy Talent
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen